Mit den Daltons in den Wilden Westen

  12.07.2019 Kirche

Die Gruppe der Cevi-Jungschar Saanen verbrachte eine abwechslungsreiche Sommerlagerwoche im Tessin.

Saanen, Samstagmorgen, neun Uhr: Von der Kirche Richtung Pfarrhaus rennt eine junge Frau in gelb-schwarzgestreifter Kleidung. Es ist die berüchtigte Joelene Dalton, die gerade frisch aus dem Straflager entlassen wurde. Vor dem Pfarrhaus trifft sie auf die Gruppe der Cevi-Jungschar Saanen, die nichtsahnend in ihr Sommerlager reisen will. Joelene erzählt, dass sie verdächtigt werde, beim Dorfbeck vier Gipfeli geklaut zu haben und jetzt verfolgt werde. Sie überredet alle Kinder und Jugendlichen, sie nicht zu verraten, und versteckt sich in der Nähe des Pfarrhauses. Kurze Zeit später taucht eine Reiterin mit zwei Begleitern auf. Es stellt sich heraus, dass es Enya Luke, die berühmte Nichte von Lucky Luke, mit zwei Sheriffs ist. Sie seien auf der Spur von Joelene und hätten gesehen, wie diese in Richtung Pfarrhaus gerannt sei. Die Kinder und Jugendlichen versichern jedoch, dass ihnen niemand Besonderes aufgefallen sei.

Nach kurzer Suche der beiden Sheriffs wird Joelene gefunden und herbeigeführt. Jetzt stellt sich auch heraus, dass die Leiter und Hilfsleiter des Cevi Saanen verdeckte Sheriffs sind und schon lange ermitteln. Da die Jungschärler das Versteck von Joelene nicht verraten und somit eine Straftat gedeckt haben, müssen sie mit ihr ins Straflager, solange die Ermittlungen laufen. Gelb-schwarz gestreift eingekleidet wie Sträflinge geht es in Zweierkolonnen, von Enya Luke und verschiedenen Sheriffs begleitet, zum Bahnhof. Da unterwegs bereits Fluchtversuche unternommen werden, müssen alle zur Strafe diverse Sport- und Kraftübungen ausführen. Für die Weiterfahrt im Zug verabschiedet sich Enya Luke, da noch weitere Sträflinge auf sie warten.

Während der fast fünfstündigen Zugfahrt geben die Hilfssheriffs den Teilnehmern mit diversen Spielen die Möglichkeit, einander besser kennenzulernen. Angekommen in Intragna (Centovalli) müssen Gepäck und Material in das 30 Minuten Fussmarsch entfernt und höher gelegene Straflager gebracht werden. Nach diesem strengen Marsch darf die kühle Erfrischung in den nahgelegenen natürlichen Flussbecken nicht fehlen.

Nach der abendlichen Sträflingsseelsorge werden noch diverse wichtige Regeln wie die Pflicht, die Gefängniszeitung regelmässig zu lesen, erklärt. Später erfolgt die Nachtruhe mit dem obligatorischen Zelleneinschluss.

Im Straflager
Aufstehen, frühstücken, abwaschen – so fängt ein ganz normaler Tag im Straflager an. In zwei Gruppen werden die Sträflinge herumgeführt, damit sie genau wissen, wo die Grenze des Straflagers verläuft. Bewacht von zwei Hilfssheriffs, stehen das Jäten und Bereinigen einer Wiese auf dem Tagesplan. Doch Joelene Dalton denkt gar nicht daran. Mithilfe ihrer Mitgefangenen überrumpelt und besticht sie die zwei Hilfssheriffs und fängt damit an, einen Ausbruchsplan zu schmieden. Zuerst muss jedoch noch der Schein gegenüber den Hauptsheriffs gewahrt bleiben. Daher lassen sich alle beim anschliessenden Mittagessen nichts anmerken. Am Nachmittag werden die Pläne jedoch genauer: Anschleichen wird beim Spiel «Zeitung lesen» geübt und der Achterknoten einstudiert, falls im Notfall abgeseilt werden muss. Da jedoch die Zugbillette fehlen und noch nicht alles bis ins Detail besprochen ist, entschliessen sich alle, dass der Ausbruch erst am Montagnachmittag stattfinden wird, damit am Morgen noch Zeit zum Planen übrig bleibt. Die bestochenen Hilfsleiter melden den Sheriffs, es sei gute Arbeit geleistet worden, daher ist am Abend viel Freizeit angesagt, die mit Baden, Fussballspielen oder mit dem Lesen von «Lucky Luke»-Comics verbracht wird. Nach der Sträflingsseelsorge ist bald wieder Nachtruhe und Zelleneinschluss.

Ausbruch nach Locarno
Die Aufregung wegen des bevorstehenden Ausbruchs ist schon vor dem Frühstück gross. Da sich ein Sträfling verplappert, muss noch ein Hilfssheriff mehr bestochen werden. Für jedes Einsitzen im Straflager wird eine Sträflingsnummer erstellt. Diese wird am Montagmorgen individuell beschriftet und gestaltet. Zufälligerweise findet dies im Essraum statt, wo sich auch unsere Zugbillette befinden. Eine mutige Mitgefangene riskiert viel, hat aber schliesslich die Billette in ihrer Hand. Zudem kommt Joelene noch in den Sinn, dass sie ja schon mal hier war und irgendwo auf dem Weg noch etwas Geld versteckte. Die Gefangenen entscheiden, nach dem Mittagessen auszubrechen und unterwegs das Geld zu suchen. Bereit für den Ausbruch werden im Geheimen die Rucksäcke gepackt und die Ausbruchszeit konkretisiert. Leise und von den Sheriffs unbemerkt schleichen die Sträflinge während der Siesta davon. Es regnet in Strömen, blitzt und donnert. So nutzen sie die Gunst der Stunde. Unterwegs finden sie das Geld und dem weiteren Verlauf des Ausbruchs steht nichts mehr im Weg. Als sie in den Zug nach Locarno steigen wollen, stellen sie mit Schrecken fest, dass die Sheriffs ihren Ausbruch bereits bemerkt haben und sie verfolgen. Schnell steigen sie in den Zug ein und dieser fährt prompt vor ihren Verfolgern davon. Die Sheriffs laufen dem Zug wütend nach und verwerfen die Hände über das dreiste Vergehen. Joelene und ihre Verbündeten nützen ihren Vorsprung aus und erreichen Locarno. Dort werden diverse Geschäfte besucht und die Portemonnaies geplündert. Zudem entscheidet die Meute sich, noch gemeinsam McDonalds aufzusuchen, was sich kurz darauf als Fehlentscheidung herausstellt. Denn als sie gemütlich ihre Burger und Glacen verspeisen, werden sie von den Sheriffs entdeckt und umzingelt: Die Sträflinge müssen sofort ihre Sachen packen, Sträflingskleider entgegennehmen und mit dem Zug zurück nach Intragna fahren. Auf dem strengen Marsch zum Straflager muss jeder Gefangene noch Esswaren mit nach oben tragen. Dort angekommen, muss Joelene Dalton in Einzelhaft. Die anderen Ausbrecher dürfen noch an der Sträflingsseelsorge teilnehmen, kurz darauf ist dann aber Zelleneinschluss.

Strafarbeit für die Daltons
Joelene Dalton bleibt den ganzen Tag in Einzelhaft, da verhindert werden soll, dass sie die anderen zu einem nächsten Ausbruch anstiftet. Strafarbeit ist angesagt! Unter strenger Aufsicht von den Hauptsheriffs arbeiten alle in der Hitze sehr hart. Eine ökologische Kläranlage wird mit Kies aufgefüllt, Bambusstangen zu einer Pergola hochgetragen und auf verschiedenen kleinen Terrassen Heu zusammengerecht. Da ein Helibag mit Holz den Luftweg in unser Straflager nicht findet, wird am Nachmittag Freizeit gewährt, die mit Baden, Fussballspielen und Comics lesen genutzt wird. Am Abend gibt es noch einen speziellen Fussballmatch. Die Sheriffs spielen gegen die Daltons. Je nachdem, welche Mannschaft man fragt, hat die jeweilige Mannschaft 6:4 gewonnen.

Gefängnisausflug
Am Mittwochmorgen begeben sich alle auf den Sträflingsmarsch. Auch Joelene Dalton darf nach ihrer Einzelhaft wieder zu den anderen Sträflingen. Nach einer kurzen, aber intensiven Wanderung erreichen wir unser Ziel: Ein Ort mit verschiedenen natürlichen Flusspools, wovon einer eine natürliche Rutschbahn im Felsen hat. Die ganze Gruppe verbringt den kompletten Tag mit Picknick am und im Wasser. Nach der Rückkehr kommen einige Sträflinge ihrer Pflicht nach und lesen die Gefängniszeitung. Bestürzt stellen sie fest, dass Joelene Dalton unschuldig ist! Recherchen der Lagerzeitung haben ergeben, dass ein kleiner Junge, der mit seinem Vater auch im Geschäft in Saanen war, die vier Gipfeli genommen und versichert hatte, er zahle sie später. Somit sind auch alle Mitsträflinge unschuldig, da sie keine Straftat gedeckt haben. Erfreut über diese Nachricht besprechen sich die «Nichtmehr-Sträflinge», ob man bereits heute schon nach Hause reisen wolle. Da jedoch die Sheriffs ein nicht mehr so strenges Programm und selber gemachte Holzofenpizza versprechen, entschliesst man sich, bis am Freitag zu bleiben. Nach der Andacht ist bald einmal Nachtruhe und die Zellen werden offen gelassen.

Geteert und gefedert
Ein Postenlauf rund um Intragna, Lucky Luke, Joelene Dalton und ihre berühmten vier Cousins (Joe, Jack, William und Averell Dalton) findet am Donnerstagmorgen statt. Es wird gelesen und gerätselt. Am Ende eines jeden «Lucky Luke»-Comics steht ein Ausschnitt des Liedes «I’m a poor and lonesome cowboy». Um Zusatzpunkte zu ergattern, darf man in der Gruppe einen Teil des Liedes vorsingen. Heute heisst es Abschied nehmen von den Pools, daher ist noch einmal Baden angesagt. Da zwei Frauen aus unserem Küchenteam noch keinen Jungschi-Namen besitzen, muss dies jetzt dringend nachgeholt werden. Nach dem klassischem «Apfel mit dem Mund aus dem Wasser fischen» werden ihre Gesichter durch einen Flaschenzaubertrick komplett nass. Danach probieren sie, mit verbundenen Augen ein Rappenstückli aus der Schüssel zu blasen. Die Schüssel ist jedoch mit Mehl gefüllt, was die beiden nicht wissen. Mittlerweile sehen die beiden aus, als seien sie geteert und gefedert worden (wie es im Wilden Westen gang und gäbe ist). Um der Küche auch unsere Kulinarik zu beweisen, darf sich jede einen Netzstrumpf über den Kopf ziehen und dann jeweils die Mitstreiterin mit einem Mohrenkopf füttern. Zu guter Letzt müssen die beiden einen richtig unappetitlichen Trank trinken: Gurkenwasser, Schwarztee, Pfeffer und Kakaopulver sind nur einige Zutaten … Wir freuen uns, Mituna (sie wickelt Lachs in Weidenblätter) und Aiyana (ewige Blüte) – beides sind Indianernamen, wie es in unserer Jungschar üblich ist – in unserer Mitte begrüssen zu dürfen.

Am Abend werden in einem grossen Pizzaofen die selbstgemachten und belegten Pizzas gebacken und mit viel Freude verspeist. Letzter Abend heisst auch immer Unterhaltungsabend. Bei einem speziellem XXL-Leiterlispiel wird mit einigen Zwischenrunden, bei denen man Zusatzpunkte holen kann, eine Siegergruppe erkoren, die dann als erstes das Glacebuffet stürmen darf. So findet auch der letzte Abend im Sträflingslager Intragna sein Ende.

Zusammenpacken, staubsaugen, putzen und Material nach Intragna hinunterbringen, so gestaltet sich der grösste Teil von unserem Abreisetag. Nach einem kurzen Abstecher zur Dorfbäckerei, um noch eine Glace zu geniessen, wird am Mittag der Zug nach Hause bestiegen. Nach x Runden Uno, König-Diener, «Gänggele» und einem Abstecher auf den Zugspielplatz im Doppelstockzug erreichen wir nach unserer fast fünfstündigen Zugfahrt endlich Schönried. Nach einem siebentägigen Straflager werden alle wieder in die Freiheit entlassen und erfolgreich wieder eingegliedert. Äs het gfägt!

JOELENE DALTON/TASHUKA


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