Der Wert des Vernetztseins

  23.08.2019 Wirtschaft

Am ersten der diesjährigen Wirtschaftsbrunches trafen sich Unternehmer und Mitglieder des heimischen Gewerbes sowie Lokalpolitiker letzte Woche zu früher Stunde im Golfhotel Les Hauts de Gstaad in Saanenmöser. Das Thema Vernetzung stand im Mittelpunkt und wurde aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet.

JENNY STERCHI
Der Gastreferent am diesjährigen Wirtschaftsbrunch war Eric von Graffenried. Er übernahm im vergangenen Jahr die Chocolat Ammann AG in Heimberg und veranschaulichte seinen Weg, das Traditionsunternehmen in die Zukunft zu führen.

Süssspeise als Politikum
Unbeirrt von der anhaltenden Diskussion, ob der Name «Mohrenkopf» noch zeitgemäss oder sogar rassistisch sei, treibt er mit Marketingmassnahmen und neuen Produktionsanlagen die Produktion der speziellen Süssigkeit voran. Mit der Erweiterung des Sortiments und einer Personalstrategie, mit der er erfolgreich Fachkräfte auch im Bereich Ü50 in die Firma holen konnte, schaut der tatkräftige von Graffenried motiviert und optimistisch in die Zukunft des «Mohrenkopfes» aus Heimberg.

«Nicht zuletzt ist die Vernetzung mit allen am Unternehmen Beteiligten von grösster Bedeutung», ist sich Eric von Graffenried, der vorher als erfolgreicher Anwalt in Bern tätig war, sicher.

Preis der digitalen Kommunikation
Eigentlich hatte Walter Heer die Aufgabe, die Berner Kantonalbank als Partner des Wirtschaftsbrunches vorzustellen. Nach 37 Jahren im Bankwesen richtete er seinen Blick weniger auf das Unternehmen BEKB, sondern vielmehr auf die soziale Kompetenz, die in den Hintergrund zu geraten scheint.

Die Fähigkeit des Menschen, direkten, sozialen Kontakt herzustellen, stehe der wachsenden digitalen Kommunikation gegenüber. Prozesse könnten dank Digitalisierung optimiert werden und sie liesse grosse Strukturen «schlanker» werden. Aber wenn die Kommunikation immer mehr auf die digitale Spur verlegt würde, sehe er die Sozialkompetenz in Gefahr.

Neben Social Media und Kontakt via Internet seien der persönliche Kontakt und die direkte Diskussion unerlässlich. «Umso dankbarer bin ich, dass ihr heute alle hier seid und wir uns Auge in Auge unterhalten und austauschen können.» Mit diesen Worten äusserte Heer seine Wertschätzung des Wirtschaftsbrunches und seiner zahlreichen Besucher. Mit markigen Worten machte Heer deutlich, dass die BEKB hinter der Idee des direkten Austausches steht und daher gern als Partner des Anlasses auftritt.

Vernetzung verbunden mit Politik
«Dass Vernetzung eine wichtige Voraussetzung für eine gesunde Wirtschaftsentwicklung ist, ist eine Tatsache», griff Susanne Huber, Geschäftsführerin des Vereins Volkswirtschaft Berner Oberland, die Aussage von Walter Heer auf. Die Organisation Volkswirtschaft Berner Oberland nimmt bei der Vernetzung zwischen Wirtschaft und Politik eine zentrale Position ein. An vielfältigen Veranstaltungen sucht der Verein den Austausch mit Unternehmern der Region, um weiterführend gemeinsam mit Vertretern der kantonalen und nationalen Politik optimale Rahmenbedingungen für die Entwicklung der Wirtschaft im gesamten Berner Oberland zu schaffen.

Fachkräftemangel auf der Liste
Die Rekrutierung von gut ausgebildeten Mitarbeitern wird nicht nur im Saanenland zunehmend schwierig. Die Organisation Volkswirtschaft Berner Oberland beobachtet den Fachkräftemangel in allen Bereichen seit geraumer Zeit im gesamten Wirkungskreis. Swissmem, der Schweizer Verband für KMU und Grossfirmen der schweizerischen Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie, hat sich zum Ziel gesetzt, dieser für den Wirtschaftsstandort Schweiz schädlichen Entwicklung entgegenzuwirken. Hans-Heini Winterberger vom Berufsbildungszentrum IDM in Thun ist Mitglied in diesem Verband. Er, ebenfalls zu Gast am Wirtschaftsbrunch, ist an einem Projekt zwischen Unternehmen, Ausbildungsinstitutionen und Sozialpartnern beteiligt. Mit gesteigerter Attraktivität gewerblicher Berufe und optimierten Zweitausbildungen im Erwachsenenalter soll dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden. «Die Angst eines der sechs Sozialpartner, dass Erwachsene, die auf verkürztem Bildungsweg zu einer neuen Anstellung finden, nicht zu finanzieren seien, verzögert die Realisierung», stellte Winterberger vor den Anwesenden mit deutlicher Enttäuschung fest.

Auch die Organisation Volkswirtschaft Berner Oberland will sich zukünftig vermehrt dieser negativen Entwicklung annehmen. In verschiedenen Planungskommissionen wird dafür das Standortmarketing für das Berner Oberland in den Mittelpunkt gestellt. «Wir müssen das Berner Oberland als starke Marke präsentieren und uns mit der Region noch mehr identifizieren», betonte Susanne Huber. «Nur, wenn wir selber überzeugt sind von den Vorzügen unserer Region, können wir Zugereiste zum Bleiben animieren.»


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