FC Sarina – 3. Liga ist Spitzensport

  20.08.2019 Sport

In diesem Jahr wurde in Frankreich die FIFA Frauen-Weltmeisterschaft ausgetragen und in Polen jene der U20. Auch im Saanenland wird bereits seit 60 Jahren aktiv Fussball gespielt. Zwar nicht in der obersten Liga, aber umso mehr mit Herzblut.

KEREM S. MAURER
Im neuen Klubhaus des FC Sarina, am Rande des liebevoll, ja gar kunstvoll gepflegten Naturrasenplatzes vor beeindruckendem Bergpanorama in Saanen, dreht sich alles um das runde Leder. Man ist beim FC Sarina zurecht stolz auf seinen Fussballplatz. «Mit seiner Grösse von 100 mal 64 Metern hat er UEFA-Norm», betont Toni Bühler, der den Verein FC Sarina seit zehn Jahren präsidiert. Und wie bei allen grossen Fussballplätzen dieser Welt ranken sich auch um jenen in Saanen zahlreiche Geschichten und Legenden. So habe sich hier 2010 die ivorische Nationalmannschaft (Elfenbeinküste) unter ihrem damaligen schwedischen Startrainer Sven-Göran Eriksson auf die Weltmeisterschaft in Südafrika vorbereitet, weiss Vizepräsident Christian Frey, der das FC-Sarina-Vereinspräsidium ab Herbst 2019 übernehmen wird. Als erste Mannschaft kam der FC Zürich nach Saanen in ein Trainingslager und sei mit dem Platz «super zufrieden» gewesen. Das habe sich herumgesprochen und so folgten zahlreiche Anfragen von Mannschaften aus der englischen Premier League oder aus der deutschen Bundesliga, aber auch Schweizer Spitzenklubs wie die Berner Young Boys oder der FC Thun. Zuletzt richteten auch die Zürcher Grasshoppers im Saanenland ihr Trainingslager aus. «Trainingslager bilden eine kleine Einnahmequelle und sind wichtig für das Überleben des Vereins», weiss Bühler und ergänzt, dass sie ausserdem auch einen Judo- und einen Billardraum vermieten. Einst soll ein Super-League-Spieler gesagt haben, es gebe nur zwei gute Trainingsplätze in der Schweiz. Nämlich einen in Zürich und einen in Saanen! «Das Wichtigste an einem Trainingslager ist neben dem Platz das Hotel», bestätigt auch Christian Frey und benennt die Vorzüge des Platzes, der eingebettet in der idyllischen Landschaft des Saanenlandes seinesgleichen sucht. Naturrasen sei schonender für die Gelenke der Sportler, aber auch pflegeintensiver. Während der Saison werde der Rasen wöchentlich zweimal gemäht und einmal gezeichnet. Dies gebe viel Arbeit und wäre ohne die unzähligen Helfer und Helferinnen nicht zu bewältigen. Ihnen allen gebühre ein grosses Dankeschön, so Frey.

Aufsteigen ist das Ziel
Auf die grössten Erfolge des FC Sarina angesprochen, fällt auf, dass im Klubhaus die Vitrinen mit den Pokalen fehlen. «Nein, einen grossen ‹Chübel› haben wir noch keinen gewonnen», gibt der Präsident zu, aber man kämpfe sich langsam wieder nach oben. Ein Blick in die Vereinsgeschichte der letzten Jahre zeigt: In der Saison 2007/08 spielte man in der 3. Liga und erreichte dort den zweiten Rang. Das war der fussballerische Höhepunkt. 2010 fand man sich wieder in der 4. Liga, stieg wieder auf in die 3. und wieder ab. In der Saison 2016/17 erreichte die zweite Mannschaft den Gruppensieg in der 5. Liga. Und in der 5. Liga spielt man auch in der aktuellen Saison.

Was sind die Saisonziele? «Aufsteigen, natürlich!», sind sich Bühler und Frey einig. Daneben streben sie ein gesundes Vereinsleben an. «Wir bauen auf dem auf, was wir haben!», sagt Bühler und gibt zu bedenken, dass man das Ganze in der richtigen Relation sehen müsse. Schliesslich sei 3. Liga für sie schon Spitzensport! Eine wichtige Aufgabe des FC Sarina bestünde darin, junge Spieler auszubilden und aufzubauen, damit sie später erfolgreich werden. Später, wenn die meisten von ihnen nicht mehr in Saanen «schutte». Ausserdem müsse man das eher kleine Einzugsgebiet bedenken.

Wo sind die Frauen?
Eine Frauenmannschaft gab es im Saanenland von der Saison 2007/08 bis und mit 2014/15. Sie schaffte 2012/13 den Aufstieg in die 3. Liga, stieg allerdings in der folgenden Saison wieder ab. Das sei eine Art Modeerscheinung gewesen, damals mit den Frauen, erinnert sich Bühler: «Die waren motiviert und gut drauf! Aber wie es halt ist: Sie wurden älter, zogen weg, gründeten Familien und gaben den Sport leider wieder auf.» Aktuell gibt es im FC Sarina keine reine Frauenmannschaft mehr. Aber bei den Junioren gebe es durchaus sehr begabte Mädchen. Erwähnenswert ist auf jeden Fall Sina Hauswirth, die Schwester von Skispringer Sandro Hauswirth. Sie hat eben den Sprung ins Frauen-U16-Fussball-Nationalkader geschafft.

Der Frauenfussball ist stark im Kommen, das haben die Übertragungen der diesjährigen Spiele der FIFA-Frauen-WM gezeigt. Auch die Spitze des FC Sarina räumt ein, dass die Damen «einen technisch guten und versierten Fussball» gezeigt hätten.

Keine Nachwuchssorgen
Nachwuchssorgen kennt man beim FC Sarina nicht. Bei den Junioren F (Jahrgänge 2011/12/13), den Junioren E (2009/10) und den Junioren D (2007/08) sei das Interesse sehr gross, weshalb es aktuell auch Wartelisten gebe. Gegenwärtig habe man in jeder Stufe bis zu den B-Junioren eine Mannschaft.

Die Probleme beginnen erst, wenn die Jungen in die 8. oder 9. Klasse kommen, im Alter der C- und B-Junioren. Für diese werde es zusehends schwieriger, Schule und Sport unter einen Hut zu bringen. Meistens bleibe dann der Sport auf der Strecke. Viele verlassen wegen der Ausbildung das Saanenland oder studieren in Bern und finden dort neue Klubs. «Wenn sie gut sind, gehen sie weg und fehlen uns!», konstatiert Frey. Ebenso sei der Faktor Zeit sowohl für die Spieler als auch für die Trainer nicht zu unterschätzen. Eine Meisterschaftssaison dauere ohne Vorbereitung von April bis Mitte Juni und von Mitte August bis Ende Oktober, erklärt Bühler. In dieser Zeit werde wöchentlich ein- bis zweimal trainiert und samstags werde ein Match gespielt. Zehnmal zu Hause und zehnmal auswärts. Je nachdem, wo der Auswärtsmatch gespielt werde, sei man an einem Matchtag von morgens um 10 bis abends um 18 Uhr unterwegs. Gerade für die Trainer, welche die ganze Administration drumherum machen und die Fahrten organisieren, sei dies eine grosse zeitliche Belastung. Aber die Spieler und Spielerinnen seien mit Herzblut dabei, ebenso die Trainer und auch die Eltern am Spielfeldrand, die sich oftmals für bessere Schiris oder Trainer hielten, lachen die beiden.

Der deutsche Fussballexperte Günther Netzer soll einmal gesagt haben: «Das Schöne und zugleich Tragische am Fussball ist, dass alle etwas davon verstehen!» Fussball ist Emotion, Geselligkeit und eine der beliebtesten Mannschaftssportarten in der Schweiz und nicht zuletzt auch im Saanenland. Und die Geschichten, die man sich im Klubhaus des FC Sarina rund um das weisse Leder erzählt, sind hörenswert und zeugen von einer tiefen Begeisterung für diesen Sport, der für viele Jungs und Mädchen nicht mehr, aber auch nicht weniger ein grosser Traum bedeutet. Und wie heisst es so schön? Der Ball ist rund und das Spiel dauert zweimal 45 Minuten.


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