Taufe im Wandel

  30.08.2019 Region

Beweggründe für Eltern
Eltern wollen ihre kleinen Kinder taufen,
– um Gott für das Wunder dieses neuen Lebens zu danken
– damit ihr Kind den Segen Gottes für seinen Lebensweg bekommt
– weil sie spüren, dass sie selber den Zuspruch Gottes für ihre Aufgabe als Eltern brauchen
– weil sie hoffen, dass ihr Kind nicht nur an seiner Leistung, sondern daran, was es vor Gott ist, gemessen wird
– damit über ihrem Kind das bedingungslose Ja Gottes ausgesprochen wird
– weil christliche Werte in der Erziehung eine Rolle spielen sollen
– weil sie glauben, dass Christus uns von Schuld und Angst befreien kann
– weil sie ihrem Kind helfen möchten, eine eigene Spiritualität zu entwickeln
– weil ihr Kind in die christliche Gemeinde aufgenommen werden soll
– weil Grosseltern und Verwandte es so erwarten
– weil sie selber getauft und im christlichen Glauben erzogen wurden
– ...

Ihre Verpflichtung
Es gibt viele Beweggründe für eine Kindertaufe. In der Tauffeier bekräftigen Eltern und Patinnen und Paten, dass sie gewillt sind, ihre Verantwortung ihrem Kind und Gott gegenüber wahrzunehmen. Diese Verpflichtung kann unterschiedliche Gewichtungen beinhalten:
– Sie möchten ihrem Kind helfen, sein Leben als Geschenk zu erfahren und dem göttlichen Ja zu seinem Leben zu vertrauen. Sie möchten ihr Kind im Geist Jesu begleiten.
– Sie möchten ihrem Kind Wurzeln geben, solange es klein ist, und Flügel, wenn es grösser wird. Sie möchten aus der Liebe schöpfen, die die Taufe uns verheisst.
– Sie möchten über diesen Tag hinaus Zeugen der göttlichen Liebe sein und ihr Kind ermutigen, Gottes Liebe zu vertrauen.
– Sie möchten ihr Kind anleiten, zu allem Lebendigen Sorge zu tragen. Sie möchten sorgfältig mit seinem Bedürfnis nach Geborgenheit und seinen Fragen nach Sinn umgehen. Sie sind bereit, ihrem Kind von ihrem Glauben und Vertrauen in Gott zu erzählen.
– Sie nehmen ihr Kind aus der Hand Gottes an, so wie es ist und sich entfaltet. Sie möchten in ihm die Verantwortung für seine Mitmenschen und die Schöpfung wecken und die Bereitschaft zum gerechten und friedlichen Handeln.
– ...

Geschichtlicher Wandel
In den Anfängen der christlichen Kirche wurden vor allem Erwachsene getauft. In den ersten drei Jahrhunderten fristeten die Christen ein Minderheitendasein. Wer sich bekehrte, machte sich zum Aussenseiter. Da er nicht dem gottgleichen römischen Kaiser opferte, setzte er Leib und Leben aufs Spiel.

Der Taufe als folgenreiche Entscheidung ging damals eine Lehrzeit voraus, in der der Taufanwärter im Glauben unterrichtet wurde. Getauft wurde in einem Fluss oder See, später in Taufkapellen (Baptisterien). Der Täufling wurde ganz im Wasser untergetaucht.

Schon damals kam es vor, dass Erwachsene auch gleich ihre kleinen Kinder taufen liessen. Als das Christentum im vierten Jahrhundert Staatsreligion wurde, gab es zwangsläufig immer weniger Erwachsene und immer mehr Kinder von christlichen Eltern, die getauft wurden.

Heute ist in unserer Volkskirche die Kindertaufe die Regel. In der Konfirmation bekommen die jungen Erwachsenen Gelegenheit, zu ihrer Taufe Ja zu sagen und selbständig Verantwortung in Kirche und Welt zu übernehmen.

Verändertes Verständnis
Nicht nur die Praxis, sondern auch das Verständnis der Taufe hat einen Wandel erfahren: Früher war die Taufe ein heilsnotwendiges Ritual, das einem Kind erst den Weg in den Himmel eröffnete. Ein Kind durfte deshalb nicht ungetauft sterben, sonst galt es als verloren. So musste es möglichst bald nach der Geburt getauft werden, ggf. in einer Nottaufe.

Taufe verstehen wir heute nicht mehr so. Wir glauben, dass Gott seine Gnade nicht von menschlichen Ritualen abhängig macht.
– Bei der Taufe beschwören wir keine magischen Kräfte, sondern machen unsere Hoffnungen sichtbar, die sich auf die biblischen Verheissungen (Versprechen) gründen. Für diese ist es entscheidend, ob ein Mensch Gott kennt und sich im zugehörig fühlt oder nicht.
– Nach den Geschichten und Worten der Bibel bedeutet Gott zu kennen: Leben, Wärme, Geborgenheit und Sinn.
– Gott zu verlieren, bedeutet demnach: Tod, Kälte, Einsamkeit, Sinnlosigkeit.
– Ein Kind taufen bedeutet, an ihm ein Zeichen zu setzen – ein Wasserzeichen, das es unsichtbar durch sein Leben begleiten wird.
– Den Eltern und Patinnen und Paten wird stellvertretend auf symbolische (zeichenhafte) Weise mitgeteilt: «Noch bevor du ihm antworten kannst, spricht Gott dich an. Noch bevor du ihm dein Herz öffnen kannst, hat er dich schon in sein Herz geschlossen.»

Taufe als Zeichen der Liebe Gottes
So verstehen wir heute Taufe als ein Zeichen, das die Liebe Gottes sichtbar macht und die Zugehörigkeit des Kindes zur christlichen Gemeinschaft ausdrückt. Und so heissen wir das Kind in Gottes Namen herzlich willkommen.

Wir verstehen die Taufe somit als ein einmaliges, besonderes Zeichen, das nicht wiederholt werden kann und das die meisten Kirchen weltweit gegenseitig, im ökumenischen Sinn also, anerkennen. Mit einer Wiedertaufe wird die ursprüngliche Taufe entwertet und mit ihr die Zugehörigkeit zur Volkskirche. Sinnvoll hingegen können sogenannte Tauferinnerungsfeiern sein.

PETER KLOPFENSTEIN

Nach der Broschüre: Die Taufe. Informationen für Paten und Eltern. Reformierte Kirchgemeinde Saanen-Gsteig


WAS WIR WERT SIND

Was wir wert sind, sehen wir an der Taufe. Die Taufe ist ein Zeichen für den Weg, den Jesus gegangen ist: Er ging in den Tod und aus dem Tod ins Leben. Das Wasser bedeutet den Tod. Wer aus dem Wasser gerettet wird, der lebt. An der Taufe erfahren wir, dass wir von Gott nicht geschaffen sind, um zu sterben, sondern um zu leben. Die Taufe gibt uns die Gewissheit, dass wir Gottes mündige Kinder und freie Menschen sind, die zu ihm sagen dürfen: Lieber Vater! Die Taufe zeigt den unendlichen Wert, den wir für Gott haben. Wir brauchen uns nicht zu überschätzen und nicht an uns zu verzweifeln. Wir können uns selbst bejahen, weil Gott uns bejaht und zu uns steht.

Wir taufen Kinder. Das ist gut. Denn Gottes Liebe zu uns hängt nicht von unserer Einsicht, unserer Mühe und unserem Glauben ab.

Wir taufen Erwachsene. Das ist gut. Denn ohne unseren Willen, unseren Entschluss, unsere Hingabe, unsere Liebe und Dankbarkeit kann sich nicht erfüllen, was Gott mit uns vorhat.

Wir berufen uns auf den Auftrag, den Jesus gegeben hat und sein Versprechen, dass er bei uns bleibe bis ans Ende der Welt: Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden. Darum geht hin und macht zu Jüngern alle Völker: Tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Denn ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.

JÖRG ZINK

Zu Matthäus 28,19–20, zitiert in unserer Taufbroschüre


EIN GLAUBENSBEKENNTIS

Ich glaube an Gott, den tragenden Grund in meinem Leben. Ich kann seine Spuren entdecken in der Schöpfung, in der Stille, im Guten, im Menschen, in allem Geheimnisvollen des Lebens, das uns übersteigt.

Ich glaube am Jesus, unseren Befreier. Durch seine Lebensfreude, seine kämpferische Solidarität und seine heilende Zuwendung kann ich erfahren, wie Gott mit uns umgeht. Er erlöst uns von den Allmachtsphantasien, alles selber machen zu müssen.

Ich glaube an die Kraft der Freundschaft, die sich in der lebensspendenden Hoffnung der Freundin Geist erfahren lässt. Sie bewegt uns zur Zärtlichkeit und zum Aufstand für das Leben. Sie führt uns zusammen, um die Kirche zu erneuern, im Engagement für ein Leben vor dem Tod für alle, und in der Hoffnung auf ewiges Leben.

PIERRE STUTZ

Zitiert in unserer Taufbroschüre


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