Taxifahrer und Karateweltmeister

  13.08.2019 Sport, Interview

Wenn er gerade nicht am Steuer von Gstaader Taxis sitzt oder Möbel restauriert, trainiert Pablo Mobèche Karate. Ende Juli gewann er mit dem Schweizerteam in Tschechien die Goldmedaille.

SARA TRAILOVIC

Sie sind Weltmeister in der Karatedisziplin Kata-Team Masters. Was kann ich mir darunter vorstellen?
Bei Kata geht es um die Simulation eines Kampfes. Dabei gilt es, eine bestimmte Abfolge von Bewegungen möglichst präzise zu zeigen. Vor zwei Jahren gewann ich als Kata-Einzelkämpfer – ebenfalls in Tschechien – die Silbermedaille. Den Weltmeistertitel habe ich aber zusammen mit Hubert Schöller und Fabiano Falcetti erreicht.

Wie funktioniert Kata zu dritt?
Jedes Team kämpft unter sich. Alle Teammitglieder arbeiten zusammen, der Kampf soll harmonieren. Es ist, als würde man von mehreren Seiten gleichzeitig angegriffen werden. Da ist es umso wichtiger, dass man die Bewegungsabläufe genauestens koordiniert und im richtigen Moment Akzente setzt. Das gezielte Einsetzen der Kräfte nennt sich übrigens Kime, es kommt aus der unteren Bauchregion.

Was hat Sie von Ihren Gegnerteams abgehoben?
Ich musste es nicht bewerten (lacht). Dazu brauchte es sechs Jurymitglieder, die uns von allen Seiten beobachteten.

Konnten Sie die Kata selbst festlegen?
In den Vorrunden waren die Bewegungen vorgegeben, im Finale mussten wir dann eine eigene Kata von einer bis zwei Minuten zeigen.

Wann haben Sie mit Karate begonnen?
In jungen Jahren habe ich bereits Karate gemacht, allerdings war ich nicht sehr erfolgreich. Als ich später eine Weile in Genf wohnte, praktizierte ich Kung-Fu. Das fehlte mir nach meinem Umzug nach La Tine, wo es keinen Kung-Fu-Klub in der Nähe gab. Ein Nachbar machte mich nach zwei Jahren ohne Kampfsport auf den Karateklub Saigokan in Bulle aufmerksam, den einzigen Karate-Do-Klub der Romandie. Der Klub und seine Leute sagten mir sofort zu. Wir sind eine grosse Familie. Nach den Wettkämpfen veranstalten wir oft ein grosses Fest, bei dem alle dabei sind.

Welche Rolle spielt das Alter im Karate?
In gewissen Vereinen wird man ab 35 fast schon abgeschoben. In Bulle ist das zum Glück überhaupt nicht so! Klar, irgendwann wird man langsamer und schwächer, dafür hat man mehr Erfahrung.

Denken Sie noch oft an Ihren Sieg in Tschechien?
Ja, es ist noch recht frisch und erfüllt mich mit Freude. Ich schaffte es in früheren Weltmeisterschaften in Athen, Australien und Indonesien jeweils nur nahe ans Podest. Es freut mich auch sehr, wenn Leute – sogar solche, die ich nicht kenne – in mein Geschäft kommen, um mir zu gratulieren.

Welche Herausforderungen nehmen Sie als nächste in Angriff?
Ab September trainieren wir zwei- bis dreimal pro Woche für die Schweizermeisterschaften vom kommenden Oktober und vor allem die Europameisterschaften in Holland nächstes Jahr.

Was verbindet Sie ausser dem Taxifahren mit Gstaad?
Ich mag die Region sehr und komme gerne in meiner Freizeit her. Auch weil meine Tochter seit einigen Jahren der Liebe wegen in Gsteig wohnt. Als Antiquitätenhändler bin ich ausserdem meistens an der Brocante in Saanen dabei.


ZUR PERSON

Pablo Mobèche hat an den Karate-Weltmeisterschaften in Tschechien mit dem Schweizerteam die Goldmedaille gewonnen. Der Wettkampf wird alle drei Jahre von der SKIF (Shotokan Karate-Do International Swiss Federation) organisiert. Er trainiert seit 1997 beim Karateklub Saigokan Bulle. Der 69-Jährige wohnt mit seiner Ehefrau Gisela Mobèche in La Tine bei Rossinière. Dort führt er ein Antiquitätengeschäft, wo er Möbel restauriert. An zwei Tagen der Woche arbeitet Mobèche als Taxifahrer bei Taxi Simon in Gstaad.


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