Vijay Anand, berühmter indischer Schauspieler und Regisseur

  30.08.2019 Region

In unserer Reihe «Aus alter Zeit im Saanenland» erzählen Leser/innen Episoden – Geschichtliches, Erlebtes, Erinnerungen – aus früheren Zeiten.

Vijay Anand kam 1995 zu mir ins Gsteiger Tourismusbüro. Ich kannte ihn damals natürlich nicht und erst ein paar Jahre später, als mir sein Brief von 1995 zufällig wieder in die Hände kam, fiel mir beim darauffolgenden Googeln auf, mit wem ich es da eigentlich zu tun gehabt hatte. Da Vijay Anand nicht nur gut aussehend, sondern auch sehr liebenswürdig war und ich bei Google natürlich auch Fotos von ihm fand, war das zweifellos der Gast, der damals kurz bei Klara Walker wohnte. Vijay Anand erzählte mir damals bei seinem ersten Besuch, er sei ein Freund von Krishnamurti. Er sei wenn irgend möglich jeweils an die Anlässe in Saanen gekommen und habe bei ihm gewohnt. Im Moment finde er kein freies Zimmer mehr. Er hatte schon im ganzen Saanenland nach einem Hotelzimmer herumgefragt und hoffte nun, in Gsteig eines zu finden. Aber auch da waren die Hotels belegt, jedoch konnte ich ihm noch ein einfaches Zimmer bei Klara Walker im Lädeli am Bach anbieten. Bei ihr hatten Gäste abgesagt. Er freute sich sehr und bezog das Zimmer in Gsteig sofort. Kurz darauf kam er zurück und war begeistert. Es sei so schön und so einfach, und wenn er in der Regel nicht in Saanen wohnen könnte, würde er ab sofort nur noch bei Frau Walker wohnen wollen. Er verstehe zwar nicht, was sie zu ihm sage, aber er höre ihr sehr gerne zu. Sie sei lieb zu ihm wie eine Mutter.

Am nächsten Morgen kam er wieder ins Büro, war immer noch begeistert von seinem heimeligen Zimmer, erzählte mir aber, er habe nicht schlafen können, weil er einfach immer wieder den Bach neben dem Haus gehört habe. Es sei wunderschön gewesen – wie Musik! – aber sobald er etwas eingenickt sei, sei er gleich wieder erwacht, weil es so unheimlich still gewesen sei. Man habe wirklich einfach nur das Wasser rauschen gehört! Das sei für ihn derart ungewohnt, dass er es im ganzen Leben nie mehr vergessen werde! Er wohne im Zentrum von Bombay, wo es während der ganzen Nacht keine Sekunde ruhig sei. Dauernd tutende Autos, verschiedenste Musik in voller Lautstärke aus der Nachbarschaft, unzählige Menschen die miteinander reden und sich in den Strassen zurufen. Er war riesig begeistert und konnte kaum glauben, was er in Gsteig erlebte.

Er kam aber auch für verschiedenste andere Sachen ins Büro. Ich habe ihm z.B. einen Manschetten-Knopf am Hemd angenäht, was er mir unbedingt bezahlen wollte. (Es sei ihm noch nie passiert, dass jemand so etwas einfach gratis machen wolle!)

Auch kam er mit ein paar Bussenzetteln zu mir, die er beim Parkieren mit seinem Mietauto an verschiedenen Orten unter dem Scheibenwischer fand und nicht wusste, was darauf stand. Er war entsetzt, als ich es ihm erklärte und er meinte, er müsse nun sofort an diese Orte fahren, um seine «Schulden» zu bezahlen. Er fürchtete ernsthafte Probleme zu bekommen. Ich behielt die Zettel und informierte die Polizei der entsprechenden Orte, wie auch den Coop in Gstaad telefonisch, dass der «Sünder» ein Inder gewesen sei, der normalerweise gar nicht selber in der Gegend herumfahre und deshalb nicht wusste, um was es sich bei diesem Zettel handelte. Er musste selbstverständlich nirgends bezahlen gehen.

Nach wenigen Tagen kam er aber dann an einem Morgen ins Büro und sagte, es tue ihm sehr leid, dass er nun doch gehen müsse, denn er schlafe tagsüber dauernd ein und müsse einfach unbedingt wieder mal richtig schlafen können. Er habe am Abend noch eine kleine Tour gemacht und in Villars ein Zimmer gefunden. Wenige Tage später erhielt ich von ihm wegen einem weiteren Bussenzettel einen Brief, den er offenbar im Flugzeug nach London geschrieben hatte.

TRUDI WULLIMANN, GRENCHEN
Wissen auch Sie noch Begebenheiten aus früheren Zeiten? Zögern Sie nicht, greifen Sie zur Feder und schreiben Sie uns: «Anzeiger von Saanen», Anita Moser, Redaktion, Kirchstrasse 6, 3780 Gstaad, oder per Mail: anita.moser@ anzeigervonsaanen.ch


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