Zeit für attraktive Altenpflege

  30.08.2019 Gesundheitswesen

«Warm, satt, sauber» hat das Motto früher gelautet. Doch die Arbeitsrealität für das Personal in der Altenpflege wird immer spannender. Die Gerontologin Christine Hählen und die Alterswohnen STS AG klären auf, wieso hochqualifiziertes Personal in der Langzeitpflege (LZP) unverzichtbar ist und wie sie den bestehende Fachkräftemangel konkret angehen.

SARA TRAILOVIC
Die Schweiz altert. Das Bundesamt für Statistik hat berechnet, dass im Jahr 2060 doppelt so viele Menschen über 80 in unserem Land leben werden wie heute und das Durchschnittalter von 31 auf 56 Jahre steigen wird. Momentan sieht es jedoch nicht danach aus, dass das notwendige Pflegepersonal proportional dazu wächst. Denn obwohl die Ausbildung Fachfrau/Fachmann Gesundheit auf Platz zwei der meistgewählten Grundbildungen rangiert, fehlt es in der Langzeitpflege an Tertiärpersonal1. Auch die Alterswohnen STS AG, Betreiberin der Pflegeheime Maison Claudine Pereira Saanen, Glockenthal Steffisburg, Bergsonne Zweisimmen und Sunnebühl Lauenen, hat damit zu kämpfen. «Es bewerben sich in unseren Betrieben jeweils kaum Mitarbeitende auf die ausgeschriebenen Stellen im Tertiärbereich», teilt der stellvertretende Geschäftsführer Oliver Buchs auf Anfrage mit.

Was hält diplomiertes Pflegefachpersonal genau davon ab, sich in der LZP zu bewerben? Christine Hählen vom Alters- und Pflegeheim Senevita Halten, Lenk, hat sich in ihrer prämierten Masterarbeit eingehend mit dieser Frage befasst.

«‹Füdli› putzen und Essen eingeben»
«Man hört ja, das Arbeiten in der Langzeitpflege bedeute ‹Füdli› putzen, Essen eingeben und fertig», äussert sich eine 26-jährige diplomierte Pflegefachfrau HF (Höhere Fachschule). Sie war eine der 13 Probandinnen, welche Hählen im Rahmen ihrer Masterarbeit befragt hat. Dabei hat sie herausgefunden, welche Faktoren (Akut-)Pflegefachpersonal mit Hochschulabschluss davon abhalten, in den Bereich der LZP zu wechseln. «Die Langzeitpflege hat gegenüber dem Spital mit ungünstigen Stereotypen zu kämpfen», so Hählen. Basis für diese Vorstellungen bilden teils negative Altersbilder2. Dabei stuft die Bevölkerung betagte Menschen zum Beispiel als gebrechlich, einsam und pflegebedürftig ein, ohne im Austausch mit ihnen zu stehen. «Alle reden über die alten Menschen, aber keiner spricht mit ihnen …», sagt auch eine ehemalige Mitarbeiterin des Schweizer Berufsverbands der Pflegefachpersonen. Doch die Altersbilder machen nur einen Teil des negativen Images der Arbeit in Pflegeheimen aus.

Ist Monotonie wirklich ein Problem?
In der Arbeitsrealität sieht die Altenpflege komplex und anspruchsvoll aus. Hählen präzisiert: «Ältere Menschen bleiben heute so lange wie möglich in ihren eigenen vier Wänden und ziehen erst bei starker Verschlechterung ihres Allgemeinzustandes ins Altersheim. Die Pensionäre leiden nicht selten an mehreren Krankheiten. Das erfordert eine hohe Kompetenz des Pflegepersonals und ist sehr spannend.» Beim interviewten Akutpflegepersonal wiegt jedoch die Angst vor der Eintönigkeit schwer. Eine Probandin fasst ihre Angst in Worte: «Das heisst nicht, dass man in der gerontologischen Pflege nicht mehr so viel Wissen haben muss, doch die Abwechslung würde ich sicher vermissen.»

Fakt ist, dass in der LZP tatsächlich seltener Medizinaltechnik3 und Behandlungspflege4 angewendet werden als in den Krankenhäusern. Das alleine würde allerdings nicht zu monotonen Arbeitsabläufen führen. Das Problem liegt viel eher darin, dass durch das mangelnde Personal auf der Tertiärstufe der Skill- und Grade-Mix (Kombination von Ausbildung und Arbeitsposition) fehlschlägt. Das heisst, dass diplomiertes Personal teilweise Aufgaben übernehmen muss, die dessen Qualifikationen nicht gerecht werden.

«Um dieses Problem zu lösen, ist eine klare Abgrenzung der Aufgabenbereiche von Fachangestellten Gesundheit und HF-Pflegenden nötig», betont Christine Hählen. «Denn es ist wichtig, dass Personal den Kompetenzen entsprechend eingesetzt wird und diese anwenden kann.» «Arbeitskräfte mit Tertiärausbildung sind für unsere Betriebe unabdingbar», betont auch Irene Eggenberg, Bildungsverantwortliche bei der Alterswohnen STS AG. «Fachmänner und Fachfrauen Gesundheit – also FaGes – übernehmen vor allem Fachverantwortung und sind auf eine Institution im Rücken angewiesen. Das Tertiärpersonal hingegen ist auch für Prozess- und Planungsaufgaben qualifiziert.» Nebst der Arbeit in speziellen Pflegebereichen wie der Wundheilung oder Palliativpflege5 könne dieses auch wichtige Zusatz- und Führungsfunktionen übernehmen, unter anderem im Qualitätsmanagement, in der Berufsbildung, Pflegeplanung sowie Einstufungen gemäss Krankenversicherungsgesetz.

Gerontologische Pflege ist einzigartig
Die Gründe für die fehlenden Bewerber/innen sind mehrdimensional. Oliver Buchs von der Alterswohnen STS AG beobachtet im Allgemeinen, dass es viele junge Menschen eher in Richtung Spital und Unterland ziehe. «Viele Auszubildende haben das Gefühl, im Spital gibt es mehr Action und jüngere Patienten, weil dort die Akut -und Behandlungspflege im Vordergrund steht», erklärt Hählen und fügt sogleich an, dass man auch im Spital mehrheitlich betagte Menschen behandle, denn die meisten Beschwerden und Krankheiten kämen nun mal mit dem Alter.

Die Gerontologin spricht dabei aus eigener Erfahrung. Sie hat selbst 18 Jahre im Akutbereich gearbeitet und dann freiwillig umgepolt. «Die Langzeitpflege ist wegen der Multimorbidität6 der Patienten und Patientinnen, den verschiedenen Biografien und Beziehungsnetzen sehr vielschichtig. Der alte Mensch ist fragil – ähnlich wie ein Mobile – und hat deutlich weniger Reserven, um körperliche Veränderungen zu kompensieren wie ein junger Mensch. Wird an einer Stelle etwas weggenommen oder zugefügt», erzählt Hählen weiter, «so kann das ganze System kippen.» Genau das mache die Arbeit in der gerontologischen Pflege einzigartig. «Und genau dafür ist vertieftes Wissen auf Tertiärniveau nötig.»

Fachkräftemangel: ein Teufelskreis
Doch diese interessanten Ausgangslagen der betagten Menschen sind beim Fachpflegepersonal in Anbetracht der ausbleibenden Bewerbungen noch nicht angekommen. Im Obersimmental und Saanenland wird es immer schwieriger, Tertiärpersonal zu finden. Der stellvertretende Geschäftsleiter der Alterswohnen STS AG begründet dies damit, «dass in den beiden Einzugsregionen nur wenig potenzielle Mitarbeitende wohnen und die vorhandenen Personen mit Tertiärausbildung stark an ihren Arbeitgeber gebunden sind, sobald sie einmal angestellt wurden. Deshalb erfolge die Besetzung in letzter Zeit öfters durch ausländisches Personal, so Buchs.

Der Fachkräftemangel in der LZP führt zu einer hohen Arbeitsbelastung bei tendenziell weniger gut ausgebildetem Personal. Das macht es für diplomiertes Akutpflegepersonal wiederum unattraktiver, in der Langzeitpflege Fuss zu fassen. «Die wenigen HF-Pflegenden müssen viel zusätzliche Verantwortung übernehmen», so die Bedenken einer zur Masterarbeit interviewten Probandin.

Betriebsgestützte Ausbildung als Chance für die Region
«Wir prüfen aktuell die Durchführung der betriebsgestützten Ausbildung zur diplomierten Pflegefachkraft HF», so Oliver Buchs von der Alterswohnen STS AG. Bei der zwei- bis dreijährigen Ausbildung an einer Höheren Fachschule stellt diese normalerweise eine Art Ausbildungspaket für die Lernenden zusammen. «Darin sind drei Praktika in verschiedenen Bereichen inbegriffen. Mindestens eines davon absolvieren die Pflegenden in der LZP», erklärt Irene Eggenberg weiter. Das Problem dabei ist, dass diese Standortwechsel für Randregionen schwierig sind. «Es gibt kein Berner-Oberland-Packet», so Eggenberg. Nur schon die Schulen in Bern oder Thun seien mit Pendeln verbunden. Wenn dann die Praktikumsstandorte noch an entfernten Orten lägen, erhöhe das die Hemmschwelle, mit einer weiterführenden Ausbildung zu beginnen natürlich stark.

Bei genau diesem Problem könnte die betriebsgestützte Ausbildung Abhilfe verschaffen. Sofern eine Pflegeperson die Aufnahmekriterien für die Höhere Fachschule erfüllt, kann sie sich in einem Betrieb ihrer Region bewerben. Der Lehrbetrieb geht dann eine Kooperation mit einem anderen Betrieb in der Region ein, um die geforderten Erfahrungen in einen anderen Bereich zu gewährleisten. Das bringe insbesondere Vorteile für Spätberufene, die aus privaten Gründen ortsgebunden arbeiten möchten, ergänzt Eggenberg. «Andererseits sind wir bei der betriebsgestützten Ausbildung nicht streng an den Praktikumslohn gebunden, so können wir dem Personal auch lohnmässig etwas entgegenkommen.»

Auch die Senevita AG prüft momentan die Einführung der betriebsinternen Ausbildung für das Pflegeheim Halten an der Lenk, so die Angaben der Geschäftsführerin Doris Toscano. Gerontologin Hählen betont auch, dass den HF-Studierenden während ihres Praktikums begeisterte Berufsbildner zur Seite stehen müssen, welche die Auszubildenden in komplexen und spannenden Situationen unterstützen.

Auf Sekundärniveau hat die Alterswohnen STS AG die Ausbildungsverhältnisse bereits optimiert. Seit bald drei Jahren werden die Lernenden Fachfrau/Fachmann Gesundheit in Kooperation mit dem Spital Zweisimmen sowohl in der Langzeit- als auch in der Akutpflege ausgebildet. Dadurch können sich die Auszubildenden anhand der Arbeitsrealität entscheiden, welche Richtung sie einschlagen wollen (mehr dazu im Interview).

Die Sache mit der Beziehung
Ein prägnanter Unterschied zwischen der Arbeit im Spital und in Pflegeheimen ist die intensive Beziehung zwischen Bewohner/in und Pflegeperson. Ein langfristiger Kontakt in der LZP kann sowohl Freude als auch Leid bedeuten. «Ich habe am meisten Angst», so eine Probandin aus der chirurgischen Akutpflege Hählens, «dass ich jemanden jahrelang betreuen muss, mit dem ich keine Beziehung aufbauen kann und wo es einfach zwischenmenschlich nicht stimmt.» Andererseits heben auch einige Befragte diese Eigenschaft der LZP als äusserst positiv heraus. Eine 63-jährige Pflegefachfrau HF: «Ich bin eine Person, die mit Bewohnern, Menschen oder Patienten gerne langfristig arbeitet und sie kennenlernt.» Eine andere Interviewpartnerin: «Und die alten Leute sind auch mega dankbar. Klar, hier im Akutbereich sind sie das auch, aber es ist anders.» Tatsächlich gibt es im Spital Hindernisse für eine tiefere Beziehung. «Die Liegezeiten im Spital wurden massiv verkürzt», weiss Christine Hählen. Ausserdem können Fallpauschalen den Menschen zum Teil aus dem Zentrum der Pflege verdrängen und die Diagnose in den Vordergrund stellen.

Brücken bauen durch Fachkenntnisse
«Ein weiterer Grund für die Abneigung von Akutpflegepersonal in den komplementären Bereich zu wechseln, ist das fehlende Wissen beim Umgang mit Verhaltensauffälligkeiten», so Hählen. Interviewte Personen sagen, dass sie mit den komplexen und auch mentalen Leiden der älteren Menschen manchmal überfordert seien.

Um dies zu vermeiden und somit auch die Unsicherheit gegenüber dem anderen Pflegebereich abzubauen, empfiehlt die Gerontologin bereits in der Grundausbildung Pflegefachmann/ Pflegefachfrau HF/FH gewisse Anpassungen. Dazu gehören unter anderem ein obligatorisches Praktikum in der gerontologischen Pflege (in der Ausbildung HF-Pflege des Berner Bildungszentrums Pflege bereits umgesetzt) sowie das Aufzeigen des Mehrwerts spezieller Aspekte der Gerontologie wie Alltagsgestaltung und Biografiearbeit7. Auch Weiterbildungen in spezifischen Bereichen wie Demenz oder Basaler Stimulation8 können Abhilfe schaffen. In den Häusern der Senevita AG ist zu diesem Zweck die Senevita-Akademie geschaffen worden, wo die Mitarbeitenden interdisziplinäre Kurse besuchen können.

Ein weiterer Lösungsansatz könnte laut Hählen in der Entwicklung eines psychologischen Tests bestehen, der HF-Studierende dabei helfen soll, das Arbeitssetting zu finden, welches der jeweiligen Persönlichkeit mehr entspricht. Die Arbeit im Pflegeheim hat beispielsweise eine geregelte Arbeitsstruktur und Stabilität im Team zu bieten, der Alltag im Spital ist von Zeitdruck und häufigem Patientenwechsel geprägt.

Das Image aufpolieren
Buchs, Eggenberg und Hählen sind sich einig: Das Image der Langzeitpflege muss gegenüber der Arbeit im Spital unbedingt verbessert werden. Dazu seien nun alle Betriebe und die ganze Branche aufgefordert, mehr positive Öffentlichkeitsarbeit zu leisten. Aufgrund der demografischen Entwicklung gehen die Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren und Oda Santé davon aus, dass bis 2025 rund 17’000 zusätzliche Fachkräfte benötigt werden. Die neue Kampagne «Der wichtigste Job der Schweiz» von der Stiftung Curaviva, der Spitex und Oda Santé Suisse hat sich deshalb zum Ziel gemacht, innerhalb der nächsten fünf Jahre eine messbare Steigerung der Bildungsabschlüsse auf Tertiärstufe in der LZP und der Karrieremöglichkeiten generell zu erreichen. Die Kampagne gehört neben der Erhöhung der Berufsverweildauer und der Förderung von Wiedereinstiegsprogrammen zu den drei Massnahmen, die bei einem Bundesratsentscheid im Dezember 2016 festgelegt worden sind.

Aber auch innerhalb der Betriebe liegen wichtige Chancen. Christine Hählen: «Auch ‹nicht-monetäre› Massnahmen wie wertschätzendes Feedback und Respekt innerhalb des Teams motivieren.» Im Alters- und Pflegeheim Senevita Halten an der Lenk würden Erfolge gefeiert und teambildende Events durchgeführt. «Es ist wichtig, dass die Studierenden und das Personal keinem Papiertiger gegenüberstehen, wenn sie Neuerungen einbringen möchten.» Auch die Alterswohnen STS AG lege grossen Wert darauf, so Oliver Buchs, dass Mitarbeitende bei Foren und Fallbesprechungen ihre Anliegen anbringen können. «Ebenfalls drücken wir zum Beispiel durch Mitarbeiterausflüge und -essen unsere Wertschätzung für das tägliche Engagement aus.»

Ein irrationales Problem
Sowohl Lang- als auch Akutpflegeberufe haben objektive Vor- und Nachteile. Aus der Forschungsarbeit von Christine Hählen sowie den Auskünften der Alterswohnen STS AG lässt sich aber ableiten, dass die LZP mit einem teilweise unsinnigen Problem, nämlich dem Imageproblem, zu kämpfen hat. Dieses beinhaltet irrationale Vorstellungen, welche tief in den Köpfen der Bevölkerung verankert sind. Gerontologische Themen müssen in Zukunft einen höheren Stellenwert in der Ausund Weiterbildung von Pflegepersonal in der Akut- sowie Langzeitpflege einnehmen. Ob sich das Image der Altenund Langzeitpflege in nächster Zeit verbessern wird, hängt also auch davon ab, wie das Thema der jüngeren Generationen vermittelt wird, und dementsprechend von der Haltung der Gesellschaft gegenüber dem Alter als immer wichtiger werdender Lebensabschnitt.

www.der-wichtigste-job.ch


ZUR PERSON

Christine Hählen durfte vor wenigen Tagen den Senevita-Förderpreis für ihre Masterarbeit «Personalmangel von HF-Pflegenden in der gerontologischen Pflege» entgegennehmen. Diese hat sie im Rahmen des Masterstudiengangs Gerontologie (Alternsforschung) am Institut Alter der Fachhochschule Bern erstellt. Nach 18-jähriger Tätigkeit bei der Alterswohnen STS AG arbeitet Christine Hählen seit letztem Jahr als Pflegedienstleiterin im Alters- und Pflegeheim Senevita Halten, Lenk. Sie wohnt zusammen mit ihrem Mann Ruedi Hählen in Zweisimmen.

Der Förderpreis « Lebensgestaltung im Alter» für studentische Arbeiten wird jedes Jahr von der Senevita-Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Institut Alter der Berner Fachhochschule (BFH) verliehen. Er soll den Wissenstransfer zwischen Forschung und Praxis unterstützen sowie zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit beitragen.


1) Tertiärpersonal
Fachkräfte, die nach dem Abschluss einer Berufslehre EFZ, der gymnasialen oder Fachmaturität eine Diplomausbildung an der Fachhochschule oder Höheren Fachschule absolviert haben.
2) Altersbilder
Bestimmte Vorstellungen einer Person oder Gesellschaft vom Alter (Zustand des Altseins, Prozess des Älterwerdens, ältere Menschen als soziale Gruppe). Es sind soziale Konstruktionen, die das Zusammenleben vereinfachen, andererseits aber auch zu negativen Stereotypen führen.
3) Medizinaltechnik
Überträgt technisches Wissen auf medizinische Untersuchungsmethoden, Krankenpflege und die Rehabilitation. Ziel ist dabei stets die Optimierung der Behandlungsergebnisse des Patienten, sowie die Erleichterung der Arbeit für das medizinische Fachpersonal. Beispiele sind Implantate, medizinische Softwares, Infusionen und Labordiagnostika.
4) Behandlungspflege
Beinhaltet medizinische Leistungen, die von diplomierten Pflegekräften bei einem pflegebedürftigen Patienten auf Basis einer ärztlichen Verordnung durchgeführt werden. Dazu gehören zum Beispiele Blutdruckmessungen, Vorbereiten und Verabreichen von Medikamenten, Wundversorgung und Verbandswechsel.
5) Palliativpflege
Alle Massnahmen, die das Leiden eines unheilbar kranken Menschen lindern und ihm so eine bestmögliche Lebensqualität bis zum Ende verschaffen.
6) Multimorbidität
Das gleichzeitige Auftreten bzw. Bestehen mehrerer Krankheiten bei einem Patienten.
7) Biografiearbeit
Beschäftigung mit der Lebensgeschichte eines Menschen. Sie beinhaltet die Felder der Sozialarbeit und der Psychologie. In der Pflege trägt sie zu einem besseren Verständnis und somit zu einer individuelleren Pflege des Menschen bei.
8) Basale Stimulation
Kommunikationsmöglichkeit zur Förderung von Menschen, deren Wahrnehmung beeinträchtigt ist. Die eingesetzten Mittel aktivieren die Wahrnehmung und stimulieren die Sinne. Dies kann durch den Einsatz von Gerüchen, Berührungen oder etwa Musik erfolgen.


«Schön, bist du zurück!»

In der Altenpflege arbeiten ist uncool – oder wie ist das aus der Sicht einer Lernenden?

SARA TRAILOVIC
Svenja Buchs (17) gehört zum ersten Jahrgang, der den eidgenössischen Fähigkeitsausweis im dualen Ausbildungssystem der Alterswohnen STS AG erlangen wird. Dabei erlernt sie den Umgang mit Langzeitbewohnern sowie die Akutpflege im Spital. Buchs hat ihr erstes Lehrjahr im Alterswohnheim Bergsonne absolviert, dann ein Jahr im Spital Zweisimmen gearbeitet und verbringt nun ihr letztes Jahr wieder im Stammbetrieb.

Svenja Buchs, was war bis jetzt das schönste Erlebnis während Ihrer Lehre als Fachfrau Gesundheit?
Das war, als ich am Anfang des zweiten Lehrjahres vom Altersheim in das Spital Zweisimmen wechselte. Viele Bewohner waren traurig, dass ich gehen musste – eine Bewohnerin weinte sogar. Das hat mich schon berührt und mir gezeigt, dass die Menschen meine Arbeit wirklich schätzen.

Sie haben daraufhin ein Jahr in der medizinischen Akutpflege gearbeitet. War das eine grosse Umstellung für Sie?
Ja, im Spital musste ich mich viel stärker nach den verschiedenen Diagnosen richten. Und dann hatte ich deutlich mehr medizinaltechnische Aufgaben, zum Beispiel Blutentnahmen und Insulinspritzen. Ich hätte nicht gedacht, dass mir die Arbeit im Spital so gut gefallen würde. Ich hatte mich am Anfang der Lehre mehr auf die Langzeitpflege fokussiert. Es war für mich schon immer klar, dass mich dieser Bereich mehr interessiert.

Hat sich Ihre Meinung mittlerweile geändert?
Nein, mir gefällt es immer noch sehr gut im Altersheim. Klar, der Alltag ist etwas abwechslungsreicher im Spital, – auch weil es ein grösserer Betrieb ist – aber dafür wird mir in der Langzeitpflege viel mehr Verantwortung übertragen. Im Spital musste ich das Vorgehen immer zuerst mit den Diplomierten besprechen, im Altersheim kenne ich die Bedürfnisse der Patienten mit der Zeit und kann selbstständiger sein.

Würden Sie die duale Lehre wieder machen?
Auf jeden Fall! Ich konnte stark vom Austausch profitieren. Auch bei den Praktika während der Höheren Fachschule werde ich sehr wahrscheinlich Vorteile haben gegenüber Leuten, die bis dahin nur in einem Bereich gearbeitet haben.

Sie werden sich also auf Tertiärniveau weiterbilden.
Ja, ich möchte das Diplom als Pflegefachfrau an der Höheren Fachschule machen. Ich kann dank meinem Vorwissen die Ausbildung von drei auf zwei Jahre abkürzen. Das heisst, ich werde je ein Praktikum in der Akutund Langzeitpflege machen.

Bei der normalen Dauer von drei Jahren ist ein Praktikum in der Langzeitpflege Pflicht. In welchem Bereich würden Sie die anderen beiden Stellen wählen?
Ich würde das dritte Praktikum bei der Spitex belegen. Das gehört auch zur Langzeitpflege, ist aber doch wieder etwas ganz anderes.

Was bietet Ihnen die weiterführende Ausbildung?
Ich werde noch mehr Kompetenzen erlernen und danach eine grössere Verantwortung haben – auch in der Langzeitpflege. Es macht mir generell Spass, dass ich immer mehr dazu lernen kann.

Was macht für Sie die Langzeitpflege aus?
Ich kenne die Menschen und habe Zeit für sie. Wir sind eine grosse Familie. Als ich im Juni zurück in die Bergsonne gekommen bin, sagten viele Bewohner zu mir: «Schön, bist du zurück!»


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote