«Gstaad ist wie ein erstes Date!»

  24.09.2019 Kultur, Gstaad

Die Country Night Gstaad bestärkt dank einer überdurchschnittlich erfolgreichen Ausgabe ihren Ruf als «Europas führender Country-Event» und ein Blick hinter die Kulissen zeigt, weshalb es die Artisten lieben, nach Gstaad zu kommen.

KEREM S. MAURER
«Der Teppich ist ausgerollt!», sagte Jürg Hofer, als er Miss Rosanne Cash ankündigte, und zeigte auf einen grossen roten Teppich, der auf die Bühne gelegt worden war. Doch nicht etwa für Rosanne Cash, die älteste Tochter von Countrylegende Johnny, die in diesem Jahr zum ersten Mal an der Country Night Gstaad auftrat, sondern für ihren Gitarristen. Haben denn alle Stars der Country Night solche aussergewöhnlichen Wünsche? «Nein, zum Glück nicht!», lacht Elsi Frautschi, die seit 29 Jahren für die Betreuung der Artisten der Country Night zuständig ist. Über diesen Teppich selber wisse sie nichts, aber sie habe schon oft gesehen, dass Musiker auf der Bühne einen Teppich haben wollten.

Keine Sonderwünsche
Überhaupt hätte keiner der diesjährigen Country-Stars spezielle Sonderwünsche angemeldet. Dieses Jahr seien alle «pflegeleicht und umgänglich» gewesen. Höchstens, dass vielleicht einer von ihnen, um die Stimme zu pflegen, etwas Honig verlangt hätte. Doch das war nicht immer so. Elsi Frautschi erinnert sich, dass auch schon Musiker im Vorfeld der Country Night spezielle Speisen oder Schokoriegel bestellt und dann doch nicht genossen hätten. Oder im letzten Jahr wollten einige Musiker anlässlich ihres Ausfluges auf den Glacier 3000 unbedingt schlitteln, weil sie das bei anderen Touristen dort gesehen hatten. «Eigentlich wollen wir nicht, dass die Musiker auf den Gletscher gehen, weil es zu gefährlich ist», sagt Frautschi und ergänzt, dass sich dann prompt einer den Fuss gebrochen habe.

Viele würden am liebsten hierbleiben
In den Anfängen der Country Night sei es im Backstage jeweils sehr hektisch zugegangen, alle seien aufgeregt gewesen, erinnert sich Frautschi. Mittlerweile habe sich das alles normalisiert. Sie seien auch im Backstage ein sehr eingespieltes Team, wie am ganzen Festival. Jeder kenne seine Aufgaben und wisse, was er zu tun habe. Dies sorge für eine entspannte Atmosphäre. Und wenn es im Backstage ruhig sei, wirke sich das auf das ganze Festival aus, ist sie überzeugt.

Dass die Bands an der Country Night gut betreut werden, sehe man auch daran, dass die meisten von ihnen am liebsten hierbleiben würden, lacht Frautschi und fügt hinzu, dass man wirklich gut zu den Artisten schaue: Sie würden in einem guten Hotel untergebracht und auch das Essen sei sehr gut. So wundert es kaum, dass viele Bands in ihren Karrieren mehrmals in Gstaad auftreten. Joe Nichols beispielsweise war 2005 schon hier und «Asleep at the Wheel» 2000. Sie sei sicher, dass sich Gstaad mittlerweile in Nashville einen Namen gemacht und dass es sich rumgesprochen habe, dass die Artisten hier gut betreut würden, vermutet Frautschi. Dazu passt auch, dass die Country-Newcomerin des Jahres, Ashley McBryde, Gstaad schon kannte, bevor sie heuer zum ersten Mal hierhergekommen ist.

Line-up zeigt Liebe zur Countrymusik
Während Rosanne Cash, die Grande Dame der Countrymusik mit dem grossen Namen und der wunderbaren Stimme, eher für die ruhigeren Klänge der 31. Country Night besorgt war, stand Ashley McBryde für die rockigeren Töne. Es sei das erste Mal überhaupt, dass sie in die Schweiz komme, verrät Ashley McBryde gegenüber dieser Zeitung und erzählt, wie sie nach Genf geflogen und von dort nach Gstaad gefahren seien. Jedem im Bus sei «die Kinnlade runtergefallen» – wegen der schönen Landschaft – schwärmt das 33-jährige Jungtalent. «Bei uns ist jeder Hügel mit irgendetwas bedeckt und hier ist einfach alles grün». Sie freue sich darauf, mit ihren Fans in der Schweiz eine Beziehung aufzubauen. «Es ist wie ein erstes Date!», erklärt sie. Wenn sie das erste Mal an einen neuen Ort komme, um zu spielen, fühle sich das fast ein wenig an, als ob man sich verliebe. Man sei wohl nervös, wisse aber, dass daraus eine gute Verbindung entstehen könne. Ashley McBryde verzauberte ihr Publikum nicht zuletzt mit jenen Songs, bei denen sie ganz alleine mit der Gitarre auf der Bühne stand und für Hühnerhautmomente sorgte. Hier in Gstaad zu spielen sei für sie eine unglaubliche Sache, insbesondere mit diesem Line-up. Die tätowierte Country-Lady outete sich als grosser Fan von «Asleep at the Wheel». «Ich kann denen ja nicht einmal Hallo sagen, weil ich ein so grosser Fan bin», lacht sie. Natürlich kennt sie auch Joe Nichols, mit dem sie bereits einige Shows gemacht hat, und den Namen Rosanne Cash nannte sie mit grosser Bewunderung in ihrer Stimme. Zum Line-up sagte sie: «Wenn du jeder Band zuhörst, entdeckst du den roten Faden, der von grosser Liebe für die Countrymusik zeugt!»

Überdurchschnittlich gut besucht
Das Line-up hatte es tatsächlich in sich und OK-Präsident Marcel Bach hatte nicht übertrieben, als er im Vorfeld sagte, jeder der Stars könnte der Headliner sein. Das hochkarätige Aufgebot lockte schon am Freitagabend überdurchschnittlich viele Zuschauer ins Konzertzelt und am Samstag «waren wir beinahe ausverkauft», freute sich Bach. Auf der Bühne, vor dem letzten Act, nannte er drei wichtige Faktoren, welche es überhaupt erst ermöglichten, eine Country Night über 31 Jahre lang erfolgreich zu machen. Neben den Bands, den Helfern und Sponsoren dankte er «fast der ganzen Bevölkerung aus dem Saanenland, welche mithilft, diesen Event jedes Jahr zu stemmen», und er richtete seinen ganz besonderen Dank an das Publikum, denn ohne Besucher und Besucherinnen gäbe es keine Country Night. Sechs Besucher waren in diesem Jahr zum 31. Mal mit dabei in Gstaad, hatten also jede einzelne Country Night miterlebt und mitgetragen. Sie wurden speziell geehrt und beschenkt. «Solange ihr dabei seid, are we going on with the festival!», versprach er und erntete grossen Applaus.

Europas führender Country-Event
Die diesjährige Country Night Gstaad war ganz grosses Country-Kino, die Besucher waren begeistert, Kritik war kaum zu hören. Damit hat das OK eindrücklich bewiesen, dass die Country Night Gstaad auf der Webseite von Gstaad Saanenland Tourismus zu Recht als «Europas führender Country-Event» bezeichnet wird. Rund 5000 Besucher seien im Zelt gewesen und fast noch einmal so viele hätten das Drum und Dran wie Lunapark, die Konzerte in der Festhalle, die Bars und das gemütliche Zusammensein genossen. Marcel Bach zeigte sich am Ende der Veranstaltung sehr zufrieden und man darf sich auf die 32. Country Night Gstaad freuen, welche am 11. und 12. September 2020 über die Bühne gehen wird.


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