Heisses Pokerspiel um Rohstoffe im Schatten der Weltpolitik

  27.09.2019 Leserbeitrag

Was haben Donald Trumps skurriles Kaufangebot für Grönland, die wachsenden Spannungen zwischen China und Vietnam, das intensivierte Machtgebaren der Türkei im Seegebiet vor Zypern sowie ein Megastaudamm in Äthiopien gemeinsam? Es geht in allen vier Fällen um Rohstoffe.

Trumps Kaufabsicht ist von Dänemark, zu dem Grönland gehört, klar zurückgewiesen worden. Doch die grösste Insel der Welt bleibt auf dem Interessenradar verschiedener Mächte. Sie ist eine der wenigen noch nicht vollständig erschlossenen Gebiete der Welt – und der Klimawandel sorgt dafür, dass unter dem schmelzenden Eis bisher schwer zugängliche Bodenschätze zum Vorschein kommen und leichter gefördert werden können. Darunter sind grosse Erdölreserven, Gold, Uran und – ganz wichtig – seltene Erden. Diese Mineralien sind für Smartphones und Laptops von zentraler Bedeutung.

Vor wenigen Wochen flammte auch der Streit um die Ausbeutung der Gasvorkommen im Osten des Mittelmeers wieder auf. Hier liegen sich seit der Entdeckung dieses Rohstoffes vor der zypriotischen Küste die Türkei und die Europäische Union in den Haaren. Natürlich geht es nicht allein um Erdgas, sondern auch um den Versuch der diplomatisch isolierten Türkei, ihre Machtansprüche in der Region geltend zu machen.

Von weit grösserer Dimension, gleichzeitig aber von der Weltöffentlichkeit kaum beachtet, ist der Konflikt im Südchinesischen Meer. Die Hauptakteure sind China und Vietnam, involviert sind aber auch die Philippinen und die USA. Auch dort geht es um Ölund Gasvorkommen. China und Vietnam beanspruchen beide das fragliche Gebiet zur Rohstoffausbeutung. Insbesondere China schickt immer mehr Fischereiflotten und Schiffe zur Erkundung von Erdöl- und Gaslagerstätten in die umstrittenen Gewässer. Zudem schreitet die Befestigung von Riffen und Inseln immer stärker voran. Die US-Marine wiederum führt vermehrt Militärpatrouillen durch, dies mit dem Argument, die Freiheit der internationalen Seeschifffahrt zu verteidigen. Die «Economist Intelligence Unit» (EIU), die mit der britischen Wochenzeitschrift «The Economist» verbundene Forschungsgruppe, sieht in diesem Konflikt «eines der zehn grössten globalen Risiken».

Das wichtigste Ressourcenproblem liegt aber bei jenem Stoff, auf den wir unter gar keinen Umständen verzichten können: Wasser. Ein «kleines» Beispiel, ebenfalls fernab der grossen Schlagzeilen, zeigt, wie konfliktträchtig die globale Wasserversorgung in Zukunft werden könnte: der Streit um das Nilwasser im Nordosten Afrikas. Ägypten, Sudan und Äthiopien brauchen wegen der wachsenden Bevölkerung und der zunehmenden Trockenheit dringend mehr Wasser, vor allem für die Landwirtschaft. Äthiopien sitzt im wahrsten Sinn des Wortes auf der Quelle des Blauen Nils. Derzeit baut es einen Megastaudamm, der die Wasserversorgung Ägyptens und Sudans gefährdet. Die drei Staaten haben zwar immer wieder Abkommen geschlossen, doch der Konflikt schwelt weiter. Der jüngst von der Zeitung «Le Monde diplomatique» veröffentlichte «Atlas der Globalisierung» hat das Wasserproblem Nordostafrikas bestens dokumentiert. Dort heisst es: «Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi hat das Nilwasser zu einer Frage von Leben und Tod erklärt und dem Nachbarn Äthiopien mit Krieg gedroht, wenn das Land am Oberlauf des Nils den Hahn weiter zudreht.» Krieg um Wasser in diversen Weltgegenden: Davor wird bereits seit Jahrzehnten gewarnt. Die Verknappung des Wassers als wichtigster Lebensgrundlage, verschärft durch die rasch voranschreitende Klimaerwärmung, macht diese Warnung umso dringlicher.

JÜRG MÜLLER
[email protected]


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote