«Wir haben genügend Möglichkeiten, Heizöl zu ersetzen»

  04.10.2019 Interview

Erich von Siebenthal (SVP) kandidiert für eine vierte Amtszeit im Nationalrat. Er ist nicht amtsmüde, sondern im Gegenteil motiviert, sich weiterhin für das Allgemeinwohl, für den ländlichen Raum und das Berggebiet im Besonderen einzusetzen.

ANITA MOSER

Erich von Siebenthal, Sie kandidieren für eine vierte und letzte Amtszeit. Die SVP des Kantons Bern kennt eine Amtszeitbeschränkung von 16 Jahren. Wie stehen Sie dazu?
Ich finde das gut. Es gibt junge Leute, die nachrücken können.

Was ist Ihre Motivation, nochmals anzutreten?
Ich habe ein grosses Netzwerk – in Verbänden, in der Verwaltung usw. – aufgebaut in den vergangenen Jahren. Und es gibt eine ganze Palette an Themen, für die ich mich gerne weiter engagieren würde.

Zum Beispiel?
Es ist schwierig, einzelne herauszupicken. Damit das Gewerbe im ländlichen Raum existieren kann, sind gute Rahmenbedingungen enorm wichtig. Auch die medizinische Versorgung im ländlichen Raum ist bis auf Bundesebene ein Thema. Als Bergbauer und als Präsident der Alpwirtschaft setze ich mich auch für deren Anliegen ein, ebenso für Familien.

Kürzlich debattierte das Parlament über einen Abzug von 10000 Franken pro Kind bei der Bundessteuer. Bundesrat Ueli Maurer plädierte für Ablehnung der Vorlage mit der Begründung, der Abzug komme reichen Familien zugute und nicht jenen, die es nötig haben. Wie haben Sie gestimmt?
Letztendlich habe ich zugestimmt. Zuvor habe ich mir auch überlegt, ob die richtigen Familien entlastet werden. Man muss aber auch in die Waagschale werfen, dass gerade jene Familien einen sehr grossen Beitrag leisten an unseren jährlichen Haushalt. Das hat mich dazu bewogen, der Vorlage zuzustimmen.

Die Krankenkassenprämien sind eine grosse Belastung für die Familien. Es gibt einen Vorstoss, die Prämien bei maximal 10 Prozent des Einkommens zu deckeln. Wie stehen Sie dazu?
Im Moment sehe ich das nicht. Letztendlich geht es doch immer um die Frage der Finanzierung – irgendjemand bezahlt. Aber die Vorlage kann – wie schon oft passiert – einen Prozess anstossen, aus dem eine mehrheitsfähige Idee entsteht.

Ein wichtiges Wahlkampfthema ist der Klimawandel, die Klimaerwärmung. Ihre SVP ist in dieser Hinsicht gespalten.
Für mich ist es wichtig, dass wir unsere lokalen und regionalen Ressourcen nutzen. Das ist ein klarer Beitrag zur ganzen CO2-Debatte.

Was schlagen Sie konkret vor?
Im Bereich von Holz sollten wir für unsere Gebäude ausschliesslich Schweizer Holz verwenden. Und für mich ist auch klar, dass wir kein Heizöl mehr benötigen. Wir haben genügend Möglichkeiten, Heizöl zu ersetzen. Jährlich wachsen zehn Millionen Kubikmeter Holz nach, wir nutzen aber höchstens die Hälfte – trotz den vielen Wärmeverbunden und dem zunehmenden regionalen Holz, das verbaut wird.

Weshalb wird das Holz nicht genutzt?
Einerseits ist der Druck von günstigem Importholz nach wie vor sehr gross. Trotzdem hoffe ich, dass die Bauherren zunehmend auf Schweizer Holz setzen und so regional Arbeitsplätze schaffen. Andererseits ist es auch wichtig, gute Rahmenbedingungen zu schaffen für Holzheizungen. Mit Auflagen kann man ein Heizsystem kaputt machen, weil mit den Auflagen auch die Kosten steigen. Ölheizungen sind immer noch am billigsten. Ich bin auf Bundesebene aktiv geworden, damit die Auflagen und Rahmenbedingungen für Holzheizungen nicht noch verschärft werden. Mit einer Motion verlange ich, dass das Energiepotenzial von Holz bedeutend besser oder voll in die eidgenössische Energiestrategie 2050 einbezogen werden muss. Es kann doch nicht sein, dass wir eine Energiestrategie haben und das Holz bleibt im Wald liegen. Die Motion wurde vom Bundesrat und Nationalrat angenommen, nun geht sie in den Ständerat.

Die Gletscherinitiative verlangt netto null Emissionen bis 2050, das heisst, dass wir künftig weder mit Benzin noch mit Diesel fahren.
Aus heutiger Sicht geht das nicht, es fehlt zurzeit an Alternativen. Es geht auch in dieser Frage letztendlich um die Kosten. Die Zeche bezahlen müsste die Bevölkerung im ländlichen Raum. Diese wird jedoch auch in Zukunft auf das Auto angewiesen sein. Kann man es sich nicht mehr leisten, gibt es eine Entvölkerung und die Städte werden noch mehr wachsen. Es droht eine Entwicklung, die ich so nicht haben will. Ich möchte, dass der ländliche Raum auch in Zukunft bevölkert und attraktiv bleibt.

Die Befürworter argumentieren, man müsse in die Infrastruktur, in den öffentlichen Verkehr, investieren.
Im ländlichen Raum kann man froh sein, wenn man das halten kann, was man hat. Ein Ausbau wie in den Städten ist kaum möglich.

Die Stadt Lausanne hat grünes Licht für den Bau eines Windparks mit insgesamt acht Windturbinen erhalten. Wie stehen Sie zu Windenergie?
Das finde ich gut. Letztendlich ist es ein Mix aus Technologien, der uns helfen kann, die Energie möglichst in unserem Land zu produzieren, und da gehören Windräder dazu. Ich sehe diesbezüglich auch kein Problem für die Schweiz als Tourismusland. Wichtig ist die Kommunikation, man muss das Positive herausstreichen und nicht das Negative suchen.

Die SVP steht in der Kritik, weil sie eine ähnliche Symbolik benutzt wie die Nazis. Was sagen Sie zum Wurmplakat Ihrer Partei?
Was die Geschichte anbelangt, gehen die Meinungen auseinander. Ich kann und will mich nicht darauf einlassen. Aber das Plakat wäre sicher nicht meine Wahl gewesen, das habe ich auch so kommuniziert, wie auch, dass es Diskussionen auslösen wird innerhalb der Fraktion – und das hat es. Mehr ist dazu nicht zu sagen.

Wie sehen Sie Ihre Wahlchancen? Um gewählt zu werden, braucht es viele Stimmen, auch überparteiliche. Was macht Sie wählbar für andere Parteien oder anders gefragt: Wie viel «SVP» ist in Erich von Siebenthal und wie viel «Region»?
Es hat sich nichts geändert, die Hürde ist sehr hoch. Jede Stimme ist wichtig und kann den Ausschlag geben. Ich bin auf Panaschierstimmen angewiesen. Ich habe immer wieder gestaunt, dass dies möglich ist und ich hoffe auch dieses Mal auf diese Stimmen. Die Leute kennen mich, sie wissen, wie ich unterwegs bin, für was ich einstehe und fühlen sich durch mich offenbar vertreten. Aber alles ist absolut offen, ich mache mir keine Illusionen. Wahlen sind Wahlen.


ZUR PERSON

Erich von Siebenthal wohnt in der Bissen. Er hat Jahrgang 1958, ist verheiratet, Vater von drei erwachsenen Kindern und dreifacher Grossvater. Er ist Bergbauer und Betriebsleiter der Wasserngratbahn. Erich von Siebenthal ist seit 2007 für die SVP des Kantons Bern im Nationalrat. Er ist Mitglied der nationalrätlichen Geschäftsprüfungskommission und der Sicherheitspolitischen Kommission, Präsident der Parlamentarischen Gruppe Schweiz-Israel sowie Mitglied der Parlamentarischen Gruppe Tourismus und Verkehr. Weiter ist er Präsident Schweizerischer Alpwirtschaftsverband, Präsident Waldbesitzerverband KT Bern BWB, Präsident Beo Holz, Vorstandsmitglied Waldbesitzerverband Obersimmental-Saanenland, Präsident Initiative Holz BE, Mitglied Landwirtschaftskammer, Vorstandsmitglied Kalbermästerverband KT Bern, Mitglied Kantonalvorstand Blaues Kreuz sowie Vorstandsmitglied SRAKLA.


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