Spanische Seele im «Temple de Château-d’Oex»

  22.10.2019 Kultur

Auch das letzte Wochenende des Festivals «Le Bois qui Chante» wartete mit einem breit gefächerten Programm auf: Neben einem Marimbakonzert und dem «Orchstre des Variations Symhoniques» am Sonntag entführte am Samstagabend das «Tremendo Cuarteto» das Publikum nach Spanien.

SONJA WOLF
Mit enormer Spielfreude präsentierte das «Tremendo Cuarteto» die Pasodoble «Soupiros de Espana», das wohl bekannteste Werk des spanischen Pianisten und Komponisten Antonio Alvarez Alonso, sowie ein buntes Bouquet aus Zarzuelas und volkstümlichen Coplas. Es erklangen Stücke des bekannten spanischen Komponisten Manuel de Falla oder auch von Federico Garcia Lorca, der den meisten Zuhörern als Lyriker und Dramatiker, aber vielleicht weniger als Pianist und Komponist bekannt war.

Festivalorganisatorin Beatrice Villiger erklärte: «Ich habe das ‹Tremendo Cuarteto› vor etwa zwei Jahren in Morges entdeckt und wollte es unbedingt nach Château-d’Oex bringen.» Eine gute Wahl, denn die vier Musiker schafften es, das Publikum in ihren Bann zu ziehen durch ihren vollen künstlerischen Einsatz sowie durch ihre Natürlichkeit und die humorvollen theatralischen Übergänge zwischen den Stücken. Jedes der dargebotenen Stücke war eine verschiedenartige Komposition aus Instrumentalmusik, Gesang, Poesie und Tanz.

Überraschender zweiter Teil des Abends
Nach dem offiziellen Ende des Programms dankten die Künstler aufrichtig den zahlreichen freiwilligen Helfern des Festivals, die sie alle namentlich auf die Bühne baten. Da das Publikum – inzwischen gleichsam von einem spanischen Virus erfasst – das Quartett nicht gehen lassen wollte, begann ein zweiter Teil des musikalischen Abends, eine Zugabe der etwas anderen Art: Alle vier Musiker improvisierten der Reihe nach auf ihren Instrumenten mit Begleitung des rhythmisch klatschenden und stampfenden Publikums. Alessio Nebiolo jammte auf seiner Gitarre, Francesco Bartoletti entlockte seinem Violoncello selten gehörte hohe Extremtöne mit teils akrobatisch-humorvollem Körpereinsatz. Maria-Angeles Cuevas, die Pianistin und Sängerin des Abends, improvisierte zusammen mit Antonio Perujo, dem einzigen Flamenco-Lehrer der Schweiz, der noch einmal sein Tanzkönnen in seinen roten Flamenco-Schuhen, mit Kastagnetten und auf dem CajÓn (Kistentrommel) zum Besten gab.

So konnte das Ensemble, das offenkundig selbst Spass an seiner Darbietung hatte, dem Publikum sehr authentisch die spanische Seele des vergangenen Jahrhunderts vermitteln: In teilweise nostalgisch-melancholischen Stücken sowie mit sonnigen, unbeschwert entspannten Rhythmen, die den Konzertbesucher sicher noch ein Stück nach Hause begleiteten.

Festivalorganisatorin Beatrice Villiger sehr zufrieden
Beatrice Villiger zog am Ende des Festivals Bilanz: «Auch dieses Jahr haben die Besucherzahlen zugenommen, unter anderem auch die Zahl der Abonnenten, die jedes Konzert des Festivals besuchen.» Alle Veranstaltungen seien auch gleichmässig gut besucht gewesen. Die Künstler – auch wenn sie teilweise gewohnt sind, in sehr grossen Sälen aufzutreten – würden dieses «kleine, aber feine» Festival geniessen. Insbesondere schätzen sie den Kontakt, den sie dank des kleineren Rahmens zum Publikum aufbauen können und stellten ihr Programm entsprechend zusammen.

Neben dem traditionellen Waldspaziergang fand dieses Jahr erstmals ein neuer Aussentermin statt: Beim Besuch des Weinguts Morsalaz konnten die Teilnehmer ähnlich wie auf der «Fête des Vignerons» bei musikalischer Begleitung – Alphorn und Drehorgel – Weine degustieren.

Auf die Frage, wie sie das enorm vielseitige musikalische Programm zusammenstelle, antwortete Beatrice Villiger: «Das Entdecken von neuen Darbietungen für das Festival ist wie ein ‹coup de cœur› für mich: Ich weiss einfach, dass dieser Beitrag dabei sein muss».

Das Programm für nächstes Jahr steht übrigens bereits, das Publikum darf auf die Ausgabe 2020 gespannt sein.


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