Ein Irrtum mit Folgen – wie weiter mit dem Litzi-Grundstück?

  20.12.2019 Saanen

An der Kirchgemeindeversammlung Saanen-Gsteig gehörten die Zukunft des Litzi-Grundstücks beim gleichnamigen Parkhaus in Gstaad, die Wahl einer neuen Kirchgemeinderätin und zweier Kirchgemeinderäte sowie der neuen Präsidentin zu den Haupttraktanden.

MARTIN GURTNER-DUPERREX
Das Kirchgemeindehaus und sogar eine Kirche als Ersatz für die kleine St.-Niklaus-Kapelle hätten hier dereinst entstehen sollen – die Rede ist vom Grundstück Litzi in Gstaad, das 1956 von der Kirchgemeinde Saanen zu diesem Zweck käuflich erworben worden war. Das Kirchgemeindehaus wurde schliesslich nicht im Litzi, sondern 1977 im Unter-Gstaad an zentraler Lage eingeweiht. An der Kirchgemeindeversammlung der reformierten Kirchgemeinde Saanen-Gsteig am letzten Sonntag, bei der 40 Personen – nicht ganz ein Prozent der Stimmberechtigten –, anwesend waren, war genau dieses Grundstück eines der Haupttraktanden. Gemäss den Worten von Kirchgemeinderatspräsidentin Brigitte Zahnd war nämlich 1990 beim Bau des Park-, Wohn- und Gewerbehauses Litzi vom Eigentümer der Nachbarparzelle irrtümlicherweise ein Teil dieses Grundstücks unterirdisch beplant worden. Daraufhin wurde von beiden Parteien ein Dienstbarkeitsvertrag abgeschlossen, der die unterirdischen Überbau-, Zufahrts- und Durchbruchsrechte zur Einstellhalle sowie die Grenzan- und Näherbaurechte regelte – im Fall, dass die Kirchgemeinde hier trotzdem einmal einen Bau realisieren sollte. Weil ein Teil der Fläche, nämlich 51 Quadratmeter, die für das Parkhaus vorgesehen war, aufgrund einer Veränderung der Benutzung im Neubau auch gewerblich genutzt wurde, wurde 1992 per Kirchgemeindeversammlung ein Zusatzvertrag gutgeheissen, der eine Entschädigung von 4000 Franken pro Jahr vorsah.

Beide Parteien, die Erbgemeinschaft des Eigentümers und der Kirchgemeinderat, wären heute bereit, diesen Vertrag neu zu verhandeln. Möglich sind eine Kapitalisierung der Entschädigung in Form einer einmaligen Zahlung, der Verkauf der unterirdisch überbauten Fläche an die Erbgemeinschaft oder aber eine angepasste Beibehaltung der jährlichen Entschädigung.

Die Kirchgemeindeversammlung übertrug dem Kirchgemeinderat einstimmig die Kompetenz, diese Verhandlungen nun an die Hand zu nehmen.

Eine neue Präsidentin
Da Brigitte Zahnd nach fünf Jahren als Kirchgemeinderätin und vier Jahren als Kirchgemeinderatspräsidentin auf Ende 2019 demissioniert, wählte die Versammlung einstimmig und mit kräftigem Applaus die Grunderin Monika Steiner zu ihrer Nachfolgerin. Die bisherige Kirchgemeinderätin war 2016/ 2017 bereits Vizepräsidentin der Kirchgemeinde Saanen. Als Vizepräsident bleibt Jann Reichenbach weiterhin im Amt.

Ebenfalls einstimmig wurden die Nachfolgerin und Nachfolger für die zurücktretende Präsidentin sowie für die Räte Martin Kurmann und Stephan Friedli für die verbleibende Amtsdauer bis 2021 gewählt. Die drei hatten sich 2018 nach der Fusion der Kirchgemeinden Saanen und Gsteig für die Umsetzungsphase der Fusion zur Verfügung gestellt. Mit Tanja Reichenbach aus Gstaad, Rudolf Schopfer und Ronny Wehren, beide aus Saanen, konnte die Lücke geschlossen werden. «Dem Kirchgemeinderat wird auch nach der Fusion ganz sicher die Arbeit nicht ausgehen», meinte Brigitte Zahnd mit einer Prise Humor.

Positiver Handlungsspielraum
Der Finanzverantwortliche Philipp Brand trug den Finanzplan 2020 bis 2024, der vom Kirchgemeinderat genehmigt wurde, zur Kenntnisnahme vor. Vorgesehen sei während dieser Zeit ein Investitionsprogramm von rund 1,17 Millionen Franken. Er unterstrich, dass es sich dabei um Prognosen handelt, nicht um Kostenvoranschläge: «Da kann es noch Änderungen geben, aber der Handlungsspielraum ist für die kommenden Jahre gut.»

Auch das Budget 2020 wurde nach kurzer Erklärung klar einstimmig verabschiedet. Es rechnet mit dem gleichen Steuerfuss wie im Vorjahr von 0,153 und einem Ertragsüberschuss von 202\\'351 Franken, dies bei einem Ertrag von rund 2,3 Millionen Franken und Ausgaben von 2,1 Millionen. Miteingeplant beim Sachaufwand ist die Fenstersanierung im Kirchlein Abländschen.

Wunschliste der scheidenden Präsidentin
Bei ihrer Verabschiedung bedankte sich Brigitte Zahnd für die schöne Zusammenarbeit im Kirchgemeinderat, in den Ausschüssen, in den Projekten, mit der Verwaltung und mit den andern Mitarbeitenden. «Ich wünsche der Kirchgemeinde für die Zukunft ein vielseitiges Angebot, indem jedes Mitglied etwas findet, womit es sich identifizieren kann.» Viele Freiwillige, die sich bei verschiedensten Anlässen engagieren, sind ebenfalls auf ihrer Wunschliste – als Zeichen der Solidarität. «Die Landeskirchen werden vom Kanton unterstützt, weil die Politik den Wert der Kirche für die Gesellschaft sieht und nicht missen möchte», so die scheidende Präsidentin weiter, «trotz der Kirchenaustritte, die es hier leider auch gibt.» Dem Kirchgemeinderat wünschte sie ein gutes «Gspüri» für gute, überlegte und richtige Entscheidungen. Das Motto «Die Gegenwart gestalten – auf Gottes Zukunft setzen» solle auch in Zukunft für die Kirchgemeinde Saanen-Gsteig gelten, schloss sie.

 


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote