RANDNOTIZ

  10.01.2020 Leserbeitrag

Neue olympische Disziplin

BLANCA BURRI
«Wieso eifach, wenns kompliziert ou got?», fragte meine Mutter ironisch, wenn ihre Kinderschar gewisse Arbeiten falsch anpackte. Dieser Satz geht mir durch den Kopf, wenn ich mich aus lauter Bequemlichkeit in komplizierte Situationen manövriere. Als Wirtin bereitete ich oft grosse Tafeln für anstehende Reservationen vor. Dann war ich meist zu bequem, die hübsch arrangierten Gedecke oder Salz und Pfeffer abzuräumen, bevor ich die Tische zusammenstiess. Wie oft musste ich dafür büssen: Zig-mal blies ich Salz- und Pfefferkörner vom reinlichen Tischtuch, weil die Streuer umgefallen waren! Das Tischeschieben mutierte im Laufe der Zeit zu einem Intensivtraining, sodass ich schliesslich Meisterin im Retten von fallenden Kerzenständern und Rekordhalterin im Zusammenlesen von Weinglasscherben wurde. Das eigene Restaurant ist passé, die Bequemlichkeit ist geblieben und vielleicht kommt hier noch ein bisschen Ungeschicklichkeit ins Spiel: Beim Skitürele oder Winterwandern finde ich wunderbare vermeintliche Abkürzungen, die mich durch Dickicht oder über steile Börter führen. Gerade am vergangenen Montag war es wieder so weit, als ich beim Eindunkeln von der Chalberweid Richtung Lengebrand tappte und eine verlockende Waldschneise durchschritt. Im steilsten Abschnitt schlüpften meine Wanderschuhe aus den Riemchen der altertümlichen Schneeschuhe. Und weil es ganz einfach zu dunkel war, um sie frisch zu schnüren, kraxelte ich dual ins Tal – erfolgreich! Ich finde, ich habe bewiesen, dass Ein-Schuh-Schneewandern eine einfallsreiche neue Sportdisziplin ist und schon bald olympisch werden sollte. Und wer nun denkt, ich sei ein bisschen durchgeknallt, hat vielleicht nicht ganz unrecht, denn am selben Abend wischte ich am Gewerbecurling eifrig das Eis. Leider vergass ich, dass diese Sportart auf glattem Untergrund stattfindet, und so knallte mein Kopf – ich glaube, es hat die ganze Halle kurz erschüttert – ungebremst aufs Eis. Das Gute daran? Künftig bin ich für alle durchgeknallten Ideen, Geschichten und Abenteuer entschuldigt! Es hat absolut nichts mehr mit zwei linken Händen, Füssen oder etwa mit Bequemlichkeit zu tun.

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