Wasserkraftwerk Turbach hängt von Energiepolitik ab

  10.01.2020 Gstaad, Politik, Volkswirtschaft, Turbach

Das Konzessionsgesuch für das geplante Wasserkraftwerk Turbach lag öffentlich auf. Es gab keine Einsprachen. Trotzdem ist der Bau noch nicht gesichert.

BLANCA BURRI
Das Konsortium hat kürzlich die Pläne für das Wasserkraftwerk Turbach überarbeitet. Ein Hauptaugenmerk legte es auf die Wasserfassung und den Zentralenstandort, was zu einer Verdoppelung der Leistung im Vergleich zu einem früheren Projekt führte, und danach publizierte es die Wasserkraftkonzession am 26. November 2019 im «Amtlichen Anzeiger». Die Einsprachefrist lief bis am 30. Dezember.

Umsetzung unsicher
Gegen die Konzessionserteilung gingen keine Einsprachen ein. Patrick Manz, Projektmanager Wasserkraftwerke von der BKW, begründet: «Wir standen im Vorfeld mit den Landbesitzern, Umweltorganisationen, Fischern, Gemeinde und kantonalen Behörden im regen Austausch. Die meisten Fragen konnten wir somit schon klären.» Er geht davon aus, dass die Konzession (mit einer Nutzungsdauer von 80 Jahren) im Herbstquartal 2020 eintreffen wird. Trotzdem ist der Bau noch nicht gesichert. Manz: «Wir setzen das Projekt nur um, wenn die Wirtschaftlichkeit gegeben ist.» Der Hund ist in den Gestehungskosten von rund 13 Rappen pro Kilowattstunden begraben. Der Verkauf bringt jedoch nur rund 5 Rappen ein, das Kraftwerk rentiert also nur, wenn es mit Fördergeldern vom Bund unterstützt wird. «Das Kraftwerk steht auf der Warteliste», sagt der erfahrene Kraftwerkbauer.

Das Projekt
Die Wasserfassung kommt unterhalb der Fangbrücke zu stehen, welche Turbach mit Bissen verbindet. Die Druckleitung wird in die bestehende Strasse eingelassen, was finanziell wie technisch sehr aufwändig wird. «Besonders der Verkehrsknotenpunkt bei der Zentrale an der Lauenenstrasse wird eine Herausforderung», sagt Manz. Die Druckwasserleitung ist rund drei Kilometer lang und endet beim BKW-ISP-Gebäude, wo sich die Zentrale befinden wird. Zugunsten des Zentralenstandorts wird eine Garage und ein Gerätemagazin abgebrochen. Die Parkplätze, die dadurch verloren gehen, werden auf dem verlängerten Dachparkplatz ersetzt. Das Bruttogefälle der Druckleitung liegt bei 230 Metern. Die Jahresproduktion wird auf rund 7,1 GWh (1400 Haushalte) geschätzt. «Wir wollen nichts beschönigen, das Kraftwerk wird während zwei bis drei Wintermonaten nicht in Betrieb sein.» Trotzdem liegt der Winteranteil bei über 20 Prozent. «Das ist für einen Bergbach sehr hoch», betont Manz.

Für den Bau sind 13 Millionen Franken budgetiert. Geht alles nach Plan, beginnen die Bauarbeiten Ende 2022. Das Kraftwerk wird frühestens 2024 eingeweiht. «Aber wie bereits erwähnt: Wir bauen erst, wenn die Wirtschaftlichkeit gewährleistet ist!», betont Manz ein weiteres Mal.

Umweltschutz ist das A und O
«Der Wildbach von Turbach eignet sich gut für die Wasserkraftnutzung, weil er bereits stark verbaut ist», erklärt der Thuner. Die Schwellen schützen das Tal und seine Infrastruktur vor Erosionen. Im Moment laufen grundlegende Sanierungsarbeiten dieser Schwellen, womit der Hochwasserschutz weiter verbessert wird. «Trotzdem bleiben sie Barrieren für den Aufstieg der Fische», wie Manz erklärt.

Das ursprüngliche Projekt von 2016 musste aufgrund negativer Rückmeldungen kantonaler Amtsstellen überarbeitet werden. Bei der Mitwirkung wurde auch eine Begleitgruppe Umwelt eingesetzt, der unter anderem Pro Natura wie der Fischerverein Saanenland angehören. Die Höhe der Restwassermenge war ein zentraler Diskussionspunkt. Hierbei konnte aufgezeigt werden, dass das Fortbestehen des Fischbestandes durch die neue Restwassersituation nicht gefährdet ist und die beantragte Restwassermenge von mindestens 115 l/s aus fisch- und gewässerökologischer Sicht vertretbar ist.

Ein Fakt ist, dass auf der Strecke zwischen der Wasserfassung und der Zentrale im Winter Wasser für die Beschneiung des Wasserngrates bezogen wird und diese Konzession soeben erhöht wurde. «Mittels einer Messeinrichtung wird sichergestellt, dass im Turbach die 115 Liter Restwasser pro Sekunde zu jeder Zeit gewährleistet bleiben», verspricht Manz. Das Konsortium stehe dafür im Austausch mit der Bergbahn.

Revitalisierung
Die Auswirkungen des Kraftwerks werden augenfällig: «Besonders Biker und Wanderer werden bemerken, dass der Bach weniger Wasser führt», hält Manz fest. Daneben ist aber vor allem der Fischbestand im Teilbereich betroffen. Laut Modellierung wird er um rund 10 Prozent abnehmen. Deshalb werden oberhalb des Kraftwerks Revitalisierungsmassnahmen vorgenommen. Konkret werde der Turbachbach von der geplanten Fassung bei der Fangbrücke bis zur Wintermatte neu fischgängig umgebaut. Der Lead lag bisher beim Konsortium und geht nun zur Schwellenkooperation über. Diese Massnahme wird wahrscheinlich umgesetzt, ob das Kraftwerk gebaut wird oder nicht. «Das Konsortium beteiligt sich finanziell aber nur, wenn das Kraftwerk umgesetzt werden kann», betont Manz. In der Regel werden solche Projekte subventioniert.

Seit 13 Jahren
Der Bau eines Wasserkraftwerks im Turbach ist keine neue Idee. Bereits 2007 verfolgten die sol-E Suisse AG und Emerging Power Developers SA (EPD) mehrere Projekte: Turbach, Meielsgrund und Chalberhöni. Inzwischen wurde die sol-E suisse AG in die BKW Energie AG integriert. Die EPD schlüpfte unter das Dach der aventron AG. Als Konsortium verfolgen die BKW und EPD die Wasserkraftnutzung im Saanenland weiter. Nach diversen Verhandlungen mit der kantonalen Leitbehörde AWA sowie Umweltschutzorganisationen unterschrieb die BKW im vergangenen Frühling einen Nutzungsverzicht für die beiden Standorte Chalberhöni und Meielsgrund. Dafür verfolgt es die Umsetzung im Turbach weiter.


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