Goldenpass-Express: Start verzögert sich

  14.02.2020 Region

Seit der Präsentation der Umspuranlage im Bahnhof Zweisimmen am 1. Mai 2019 ist der Traum vom umsteigefreien Reisen zwischen Montreux und Interlaken zumindest technisch in Erfüllung gegangen. Der damals von der MOB vorgelegte Zeitplan muss nun allerdings korrigiert werden.

KEREM S. MAURER
«Ein Traum ist wahr geworden!», freute sich am letztjährigen Tag der Arbeit Georges Oberson, Generaldirektor der Montreux-Berner-Oberland-Bahn (MOB). Vor versammelter Presse demonstrierte die Bahn anfangs Mai letzten Jahres das erfolgreiche Umspuren von der Meterspur auf die Normalspur. Diese Umspurung dauert dank eines neu entwickelten Drehgestells gerade mal 10 Sekunden (wir haben darüber berichtet). Mit der Verbindung der drei Tourismusregionen Genfersee, Gstaad, Thuner- & Brienzersee habe sich laut Oberson ein 100 Jahre alter Traum erfüllt, denn schon 1873 soll diese Idee in visionären Tourismusköpfen herumgegeistert sein.

Erste kommerzielle Fahrt auf Sommer 2021 verschoben
Der ursprüngliche Zeitplan, von der MOB selbst als «sehr ambitioniert» bezeichnet, sah vor, dass die erste kommerzielle Fahrt eines Goldenpass-Express am 13. Dezember 2020 über die Schienen gehen soll. Dieser Zeitpunkt wurde nun nach hinten korrigiert, obschon der vorgesehene Zeitplan bis auf «geringfügige Abweichungen» eingehalten werden könnte, wie MOB-Mediensprecher Jérôme Gachet auf Anfrage mitteilt. Aber: «Bei dem Drehgestell handelt es sich um eine technische Innovation, die zwangsläufig mit zahlreichen Unbekannten einhergeht und die viele Partner involviert. Der Homologationsprozess ist ausgesprochen anspruchsvoll.» Um nicht in zu grossen Zeitdruck zu geraten, habe man entschieden, die Einführung des Goldenpass-Express auf den Sommer 2021 zu verschieben. «Es wäre vielleicht möglich, den angegebenen Termin einzuhalten, doch wir ziehen es vor, das Risiko, unter Zeitdruck zu stehen, nicht einzugehen», so Gachet. Der genaue Zeitplan sei derzeit noch nicht festgelegt.

Erfolgreiche Testfahrten
Allgemein kommt das Goldenpass-Express-Projekt laut MOB gut voran. Um den Schienenverkehr nicht zu beeinträchtigen, würden nachts auf der Normalspur zwischen Zweisimmen und Interlaken Testfahrten durchgeführt. Diese Tests seien Sinnbild für den Erfolg des Goldenpass-Express. Das variable Drehgestell habe sowohl auf der Normal- als auch auf der Meterspur sämtliche Tests ausgezeichnet bestanden. Die Testfahrten stünden kurz vor dem Abschluss. Auch das Rollmaterial befinde sich bei Stadler Bussnang AG in Produktion. Die ersten von 19 bestellten Wagen dürften im kommenden Frühjahr geliefert werden. Doch auch da ist der genaue Zeitplan «noch in der Fertigstellung», so Gachet. Der neue Goldenpass-Express soll dereinst mit drei Klassen unterwegs sein: Eine erste, eine zweite und eine Premiumklasse. Premiumklasse? «Eines der Highlights der Premiumklasse sind die drehbaren, mit einer Sitzheizung ausgestatteten, äusserst komfortablen Sitze», verrät Gachet. Dazu gebe es noch mehr Annehmlichkeiten, die aber gegenwärtig noch nicht spruchreif seien. Ausserdem sollen in der zweiten Klasse vier MOB-Wagen aus dem aktuellen Fuhrpark, welche für Menschen mit beeinträchtigter Mobilität zugänglich seien, eingesetzt werden.

Zeitersparnis ist keine Priorität
Auch wenn die Reisenden in Zweisimmen nicht mehr umsteigen müssen, wird die Reisezeit zwischen Interlaken und Montreux kaum verkürzt. «Das Einsparen einiger Minuten Fahrzeit war nie unsere Motivation», erläutert Gachet. Eher erhoffe man sich vom umsteigefreien Reisen eine Zunahme der Fahrgäste von 15% im ersten Betriebsjahr. Langfristig sogar mehr. Aber auch die im Saanenland heimische Bevölkerung könne vom Goldenpass Express profitieren, ist Gachet überzeugt. Denn durch die Verbindung der drei Tourismusdestinationen bringe der Goldenpass-Express mehr Touristen ins Saanenland. Ausserdem werde das Angebot im Personenverkehr ausgebaut. Entsprechende Einzelheiten des Angebots, welches am 13. Dezember 2020 in Kraft treten soll, seien derzeit jedoch noch nicht bekannt. Ob sich die MOB an das grosse Pendlernetz zwischen dem Wallis, Bern, Zürich und Romanshorn angliedert, um an mehr Pendler zu kommen, sei momentan nicht das grosse Thema, räumt der MOB-Mediensprecher ein. «Technisch ist dies machbar. Das variable Drehgestell eröffnet uns aussergewöhnliche Möglichkeiten.» Aber im Moment konzentriere man sich bei der MOB auf die Direktverbindung Montreux-Interlaken. Diese Verbindung habe oberste Priorität!


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