Mit Nachhaltigkeit Geld verdienen

  03.03.2020 Natur, Gstaad, Gewerbe

Jean-Christophe Vautrin ist überzeugt: Damit das Gleichgewicht in der Natur erhalten bleibt, braucht es grosse Anstrengungen. Man assoziiere den Naturschutz bisher aber leider immer mit hohen Ausgaben. Vautrin glaubt, dass die Investitionen rentabel sind. Sein Wirkungsfeld ist die Schifffahrt.

BLANCA BURRI
Jean-Christophe Vautrin referierte am vergangenen Donnerstagabend im Gstaad Yacht Club. Dort stellte er den anwesenden Clubmitgliedern und ihren Gästen das Abfall- und Bunkerschwerölmanagementsystem vor, das seine Firma Clean Sea Services Holding SA vertreibt. «Ich finde, es reden zu viele Leute von Umweltschutz, wir tun es!», führte der gebürtige Franzose in sein Referat ein.

Schweröl und Abfälle
Die meisten Kreuzfahrtschiffe und alle Tanker fahren mit Schweröl. Bei der Verbrennung bleiben rund 2,5 Prozent des Treibstoffes als Abfallprodukt zurück. Dieser wird in Tanks gesammelt. Der sogenannte Sludge oder Slops kann in Häfen entsorgt werden. Vautrin führte aus, dass die Schifffahrt jährlich rund 500 Millionen Tonnen Rohöl verbraucht, davon blieben rund 25 Millionen Tonnen als Sludge zurück. Leider würden fünf Millionen Tonnen nicht entsorgt, sondern direkt ins Meer geleert, zwei Tonnen alleine ins Mittelmeer. Ebenso würden weitere Abfälle direkt im Meer entsorgt, statt fachgerecht über Entsorgungsstationen. Hier setzt sein System an. Vautrin fordert, dass alle Sludge-Tanks sowie die Abfalltanks mit Sensoren ausgestattet werden, welche die Menge des Abfalls überwachen. Anhand seiner Software sei die Überwachungskette gewährleistet und sie lasse sich nicht manuel verändern oder manipulieren. «Das bringt die Kontrolle von den Kapitänen zurück zu den Besitzern der Tanker», erklärte er. Da der internationale Druck auf höchster Ebene stetig zunehme, dass die Schiffahrt grüner werde, findet er das Ziel realistisch. Auch die Höhe der Bussen sei enorm. Bis zu diesem Punkt der Ausführungen sprach Vautrin noch von keinen Einsparungen für die Reedereien. Diese folgten beim Thema Treibstoff.

Gestohlener Treibstoff
Aus der Sicht von Vautrin haben die Schiffskapitäne im Moment zu viel Macht. Sie könnten Gesetze umgehen und vor allem würden sich viele heimlich bereichern. Er habe lange genug in der Branche gearbeitet, um diverse Tricks zu kennen. «Einige der Kapitäne verkaufen den Treibstoff auf hoher See an ihre Handelspartner zu einem günstigen Preis weiter», wusste er. Da werde ganz einfach der Tank angezapft und der Treibstoff in ein anderes Schiff gepumpt. Eine andere Strategie sei, dass beim Betanken des Tankers eine bestimmte Menge verrechnet, in Tat und Wahrheit aber weniger eingefüllt werde. Der Kapitän mache mit dem Lieferanten halbe-halbe, alles gehe an den Reedereine vorbei. Weil die Meere sehr gross seien, seien Kontrollen extrem schwierig durchzuführen. Deshalb sei die Software von Clean Sea Services umso nützlicher. Einerseits würden Diebstähle sofort erkannt und andererseits auch illegale Entsorgungen aufgedeckt. Somit sei der Umwelt geholfen und das Unternehmen spare Millionen von Franken. Jean-Christophe Vautrin hofft, dass sich das System von Clean Sea Services Holding SA zum Standard in der Branche durchsetzt.

Kritische Zuhörer
Im Anschluss an das Referat gab es viele Fragen und Bemerkungen. Ein Besitzer einer Schiffsreederei meinte, so ein System sei nicht nötig. Die Kontrolle lasse sich viel einfacher gestalten: Die Länge der Strecke und die Geschwindigkeit gäben eindeutig Aufschluss über den Treibstoffverbrauch. Vautrin reagierte gelassen. Er meinte, dass es bei der Softwarelösung keine Ausreden wie Wind oder Wellengang für vermeintlich mehr Treibstoffverbrauch gäbe. Eine andere Anmerkung über wichtigere Probleme wie Plastikentsorgung konterete er ebenso ruhig. «Es gibt noch viele Probleme, die wir anpacken müssen. Ich spezialisiere mich auf die Schifffahrt. Das ist mein Beitrag zur grünen Wirtschaft.»

Die Jugend setzt sich ein
Jean-Christophe Vautrin ist durch Manrico Iachia jr. nach Gstaad gekommen. Der Sohn des Commodores empfahl seinem Vater das Referat seines Dozenten an der EU Business School in Genf.


ZUR PERSON

Jean-Christophe Vautrin ist Entrepreneur und Dozent an der EU Business School in Genf. Diese hat Standorte in Genf, Montreux, Barcelona, München und ist online tätig. Jean-Christophe Vautrin unterrichtet Management, Unternehmertum und Strategie. Seine Berufslaufbahn ist international gefärbt. Er hat in Ländern wie Deutschland, Türkei, der Elfenbeinküste und Zypern gelebt und gearbeitet. Seinen Bachelor-Abschluss in Wirtschaftswissenschaften und Management von der EDHEC Business School und seinen MBA von INSEAD erwarb er in seiner Heimat Frankreich, wo er auch ein Praktikum bei dem Erdölgiganten Total absolvierte. Vautrins berufliche Laufbahn liegt überwiegend in der Ölindustrie, unter anderem als Handelsleiter bei Defrol Total in Deutschland, als Versorgungs- und Logistikdirektor bei Elf in der Türkei und als Direktor von Plama Consortium Ltd. in Zypern. Seit 2003 führt Vautrin seine eigene Beratungsfirma, die sich auf das Management in den Bereichen Öl, Gas, Energie und grüne Wirtschaft spezialisiert hat.
Quelle: EU Business School


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