RANDNOTIZ

  13.03.2020 Coronavirus, Gesellschaft, Gesundheitswesen

Leben und sterben in Würde

BLANCA BURRI
Zurzeit haben wir mit dem Coronavirus zu kämpfen. Die Weltgesundheitsorganisation spricht von einer Pandemie. Die oft tödlichen Folgen für alte und multimorbide Personen sind tragisch. Seit dem Ausbruch des Covid-19 vor drei Monaten gab es weltweit 4250 Todesopfer, das sind aber weit weniger als die jährlichen Grippeopfer von 500’000 Personen. Pro Monat sterben also über 40’000 Leute an der Grippe. Die Angst vor dem unbekannten neuen Virus ist viel grösser als die Todesrate.

Die Auswirkungen auf die Wirtschaft werden wohl weit grösser sein. China steht still. Von Asien breitete sich das Virus bekanntlich in die ganze Welt aus, auch nach Europa. Italien steht unter Quarantäne, es schliesst die meisten Geschäfte, Restaurants und Firmen. Die USA erlässt heute ein Einreiseverbot für Europäer – ausser für die Briten, obwohl auch das Königreich von der Pandemie betroffen ist.

Gefordert ist auch die Schweiz. Vor gut zwei Wochen trat der erste Fall auf. Erst verhängte der Bundesrat ein Verbot für Versammlungen mit über 1000 Personen. Der Kanton Bern doppelte mit einer Erfassungspflicht der Besucher für kleinere Anlässe nach. Statt die Hände zu schütteln, gaben wir uns die Erreger per Kugelschreiber weiter. Die Unsicherheiten stiegen, sodass es erste Hamsterkäufe von Reis, Teigwaren, Schutzmasken gab. Inzwischen müssen die Spitäler die Schutzmasken für die Besucher verstecken, weil sie bei der freien Auslage im grossen Stil gestohlen werden.

Noch vor einer Woche haben wir uns alle trotz behördlicher Mahnung die Hände geschüttelt und umarmt. Obwohl es sich seltsam anfühlt, halten wir inzwischen Abstand. Welche Massnahmen werden wir weiter ergreifen, damit wir gesund bleiben? Denn die Gesundheit scheint in unserem System an oberster Stelle zu stehen. Nicht einmal mehr unsere lieben betagten, kranken und dementen Eltern dürfen sterben. Oft werden sie schon bei kleinen Erkältung ärztlich versorgt und auch im hohen Alter noch mit Herzschrittmachern ausgestattet. Ich frage mich, ob wir den Tod wieder vermehrt als Teil unseres Daseins annehmen sollten? Mir ist bewusst, dass dies eine ethisch heikle Grundsatzfrage ist und auch ich will meine Liebsten sicher und gut betreut wissen. Doch bin ich dankbar, dass ich mich bei der Veranstaltungsreihe «Leben und Sterben in Würde» von fünf einheimischen Institutionen mit dem Thema auseinandersetzen konnte.

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