Randnotiz

  27.03.2020 Leserbeitrag

Was chasch no?

ANITA MOSER
Diese Frage stellen sich momentan Millionen Menschen rund um den Erdball. Was darf man noch, was ist verboten, was soll man lieber (freiwillig) lassen? In der Schweiz sind Schulen und Restaurants geschlossen, Ansammlungen von mehr als fünf Personen sind verboten, es sind die Hygienevorschriften sowie ein Abstand von zwei Metern einzuhalten usw. Sich in der Natur aufhalten, spazieren gehen kann man aber durchaus noch (unter Einhaltung der bundesrätlichen Anordnungen) – auch die älteren Menschen. Aber ein Ausflug mit der MOB – auch wenn das Wetter noch so schön ist – ist wirklich keine gute Idee. Auch aufs Einkaufen sollten ältere Menschen verzichten. Auch wenn es nur ein Salat oder ein Joghurt ist. Selber einkaufen sei die «einzige Sünde», die sie sich erlaube, schrieb eine 67-Jährige in einer Tageszeitung. Da bekomme ich die Krise. Wo kommen wir hin, wenn sich alle eine «einzige Sünde» erlauben? Um ein Ausgehverbot zu verhindern, braucht es nun Solidarität von allen – von Jung bis Alt.

Ich (61-jährig) kaufe nicht mehr selber ein, profitiere vom Hauslieferdienst und nehme die mir angebotene Nachbarschaftshilfe oder jene meiner erwachsenen Kinder gerne an. Ich hüte aber meine Enkel nicht mehr. Und mit meinen betagten Eltern – sie leben im Baselbiet – kommunizieren wir via Skype oder Whatsapp-Kamera. Mein Vater (92) lernt momentan mit der Technik umzugehen. Eine meiner Schwestern gibt ihren Enkeln – sie sind französischsprachig – Deutschunterricht via Skype. Wenn es funktioniere, werde sie das auch anderen Familien anbieten. Grossartig. Meine beiden anderen Schwestern fahren mit dem Klavierunterricht mittels CD fort. Und ich? Ich werde mich umsehen – online! – nach einem Buch mit Gute-Nacht-Liedern. Warum? Meine beiden Enkelkinder (4½ Jahre) sind normalerweise von Montagabend bis Dienstagabend bei mir. Gute-Nacht-Lieder gehören zum Zu-Bett-gehen-Ritual. Nach «I ghöre es Glöggli» und «Schlaf, Chindli, schlaf» fragen sie jeweils: «Grosi, was chasch no?» Und ich muss jedesmal gestehen, dass mir beim besten Willen kein anderes Lied mehr einfällt. Nun habe ich Zeit zum Üben an meinen «freien» Dienstagen. Ich nehme an, dass es noch eine ganze Weile dauert, bis ich die beiden wieder hüten kann. [email protected]


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