«Zum Glück gehören eine gesunde Mutter und ihr Neugeborenes nicht zur Risikogruppe»

  17.04.2020 Interview

Geburten im Geburtshaus sowie die Erholung und Umsorgung nach der Niederkunft sind bekanntlich sehr persönlich. Dies ist auch während der Corona-Pandemie weiterhin gewährleistet. Mit Ausnahme von zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen und Hygienemassnahmen laufen Geburten im Geburtshaus in Zweisimmen in gewohntem Rahmen ab.

ANJA MOOSMANN

Wie wird die Geburtsvorbereitung momentan gehandhabt? Es sind ja nunmehr Gruppenansammlungen mit weniger als fünf Personen gestattet.
Den laufenden Kurs haben wir umgestellt, indem wir die Geburtsvorbereitung nur einzeln – Frau und Partner – durchführen. So können Distanz- und Hygieneregeln eingehalten werden. Die kommenden Kurse können voraussichtlich in kleinen Gruppen mit drei Paaren weitergeführt werden, weil wir über einen grossen Raum verfügen, wo den Regeln ebenfalls entsprochen werden kann. Zudem handelt es sich bei den Schwangeren in der Regel nicht um Personen der Risikogruppe. Bei bestehenden Risiken und Vorerkrankungen würden wir das Paar einzeln betreuen.

Gibt es während Corona mehr ambulante Geburten?
Nein, in der Maternité Alpine nicht. Die Frauen und ihre Partner schätzen, dass die Väter auch in dieser Zeit im Geburtshaus übernachten dürfen – mit einigen Hygiene- und Sicherheitsauflagen.

Wie laufen die spontanen Geburten in dieser Zeit ab?
Bezüglich Betreuung und Unterstützung der Gebärenden so wie immer. Es wurden zusätzlich hygienische Vorsichtsmassnahmen ergriffen. Die üblichen Distanzregeln können bei der Geburt jedoch nicht eingehalten werden, da es sich ja um ein sehr körperbezogenes Ereignis handelt.

Darf der Vater die Frau und das Kind nach der Geburt im Wochenbett besuchen?
Ja, Väter dürfen ihre Partnerin und ihr Neugeborenes weiterhin besuchen und auch im Geburtshaus übernachten, falls sie dies wünschen. Falls mehr als eine Familie gleichzeitig im Wochenbett weilt, dürfen sich die beiden Parteien nicht begegnen und sich nicht in sonst gemeinsam genutzten Räumen wie dem Ess- oder Wohnzimmer aufhalten, sondern nur im Einzel-Wöchnerinnenzimmer. Auch Geschwister dürfen ihre Mama und das Neugeborene kurz besuchen, sie dürfen sich aber nur im Zimmer der Mutter aufhalten. Weitere Besucher/innen dürfen jedoch nicht mehr ins Geburtshaus kommen.

Bleiben die Frauen nach der Geburt verhältnismässig weniger lang im Geburtshaus? Im Spital zeichnet sich diese Tendenz während der Pandemie ab.
Nein, bisher nicht. Da wir ein kleines Haus sind – drei Einzelfamilienzimmer für Wöchnerinnen –, können wir die Sicherheitsvorkehrungen gut umsetzen und die Wöchnerinnen schätzen die Möglichkeit der Erholung und Umsorgung.

Wie schützen sich Hebammen bei einer Geburt oder während des Wochenbetts?
Die Hygieneregeln wie häufiges Händewaschen, regelmässiges Desinfizieren von Flächen und allen Materialien, Abstand halten so weit immer möglich werden strikt eingehalten. Die Räume des Geburtshauses werden häufig gelüftet. Alle Mitarbeiterinnen tragen Mundschutz. Bei Beratungsgesprächen wird die Distanz eingehalten. Wenn Körperkontakt notwendig ist, etwa bei klinischen Untersuchungen, wird zusätzliches Schutzmaterial wie Überschürzen und Handschuhe getragen. Im Fall von Symptomen oder einer bestätigten Corona-Infektion bei Gebärenden verfügen wir über zusätzliche Schutzausrüstung: Schutzanzug, Schutzbrille, Handschuhe, Maske FFP3.

Gibt es sonstige besondere Corona-Massnahmen für Schwangere und Gebärende?
Die Frauen und ihre Partner erhalten ein Merkblatt zur veränderten Situation bezüglich Schutzmassnahmen und die Betreuung im Geburtshaus und im häuslichen Umfeld. Zum Glück gehören eine gesunde Mutter und ihr Neugeborenes nicht zur Risikogruppe. Bei einem Verdacht oder bei Symptomen sind wir im Geburtshaus auch ausgerüstet, um einen Covid-19-Abstrich abzunehmen. Bei bestätigten, aber symptomlosen Corona-Infektionen werden zusätzliche Schutzmassnahmen ergriffen: Kontakte durch Mitarbeiterinnen nur noch in kompletter Schutzausrüstung, frühzeitige Heimkehr nach der Geburt und häusliche Weiterbetreuung. Beim Auftreten von behandlungsbedürftigen Symptomen erfolgt die Überweisung in ein Spital.

Wie werden die Eltern nach der Geburt zu Hause betreut?
Mutter und Kind werden weiterhin zu Hause betreut – unter Beachtung von zusätzlichen Schutzmassnahmen. Wenn es eine Frau oder ein Paar wünscht, führen wir auch Beratungen per Telefon oder Videokonferenz durch. Die klinischen Untersuchungen können aber nur mit realem Kontakt vorgenommen werden – und aus fachlicher Sicht kann nicht darauf verzichtet werden. Wir schauen, dass wir diese zügig durchführen, um die körperliche Kontaktzeit zu reduzieren. Uns ist es wichtig, dass der Start als Familie mit einem Neugeborenen auch in der jetzigen Zeit gut gelingt und die Eltern die nötige Unterstützung erhalten, gerade in diesen verunsichernden Zeiten.

Bei bestätigter Corona-Infektion gibt es ein Video des Hebammenverbandes, welches den Schwangeren vom Geburtshaus empfohlen wird. Die Massnahmen werden in Zweisimmen wie im Video dargestellt umgesetzt: www. hebamme.ch/aktuelles/neues-coronavirus/


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