Vom Rekordhoch auf Null

  09.04.2020 Coronavirus, Volkswirtschaft, Tourismus, Saanenland

Die Branche ritt in diesem Winter auf einer Welle, denn sie konnte an die Rekordzahlen von 2008/2009 anknüpfen. Das Coronavirus brachte sie zum Stillstand. Die Erholung wird laut Fachleuten lange dauern.

BLANCA BURRI
«Die Schweizer Hotellerie musste im Februar ein Minus von 61,5 Prozent Logiernächten aus China verzeichnen», schreibt Schweiz Tourismus in einer Medienmitteilung. Trotzdem endete der Februar noch immer mit einem Gesamtplus von 6,4 Prozent. Deshalb habe sich vor zwei Monaten niemand vorstellen können, dass das Fehlen der Chinesen nur die Spitze des Eisberges sei. Das Februarplus ist auf die Gäste aus den Euroländern zurückzuführen, die so zahlreich in der Schweiz in die Ferien fuhren, wie schon lange nicht mehr. Auch der Gesamtwinter (November bis Februar) war bis dahin zu einem neuen Rekord unterwegs – bevor der Ausbruch von Covid-19 auch in Europa zu einem dramatischen Ende der Saison und zu einem Einbruch von heute noch unabsehbarer Dimension führte.

Vorboten bereits im Februar gespürt
Auch die Hotels im Saanenland haben die Coronavirus-Vorboten gespürt. Bereits die ersten beiden Märzwochen waren aufgrund der Unsicherheiten und Reisebeschränkungen umsatzschwach. Dies, nachdem auch die hiesigen Unternehmen von Dezember bis Februar an die Rekordzahlen von 2008/2009 anknüpfen konnten. «Wäre das Virus nicht gewesen, hätten viele Hotelbetriebe neue Rekordzahlen geschrieben», bestätigt Christof Huber, Präsident des Hoteliervereins Gstaad-Saanenland. Zwar können die Schweizer Hotels nach wie vor offen halten und die Hausgäste unter Einhaltung der BAG-Hygienevorschriften verpflegen. Die Stay-at-Home-Kampagne unterbindet das Reisen insbesondere in die Tourismusgebiete, aber die Angst der Bevölkerung, dass die Gäste das Virus weiterausbreiten, ist real. Weil die Hotelgäste momentan spärlich sind, haben viele Betriebe früher geschlossen als geplant. Auch der Gstaaderhof, den der Hoteliervereinspräsident führt. Andere Hotels und Gastrounternehmen bleiben offen und bieten ein Take-away-Angebot an.

«Die Sommersaison wird schwierig»
Nach der kommenden Sommersaison gefragt, meint Christof Huber, das sei, wie in eine Kristallkugel zu schauen. Eines weiss er aber bestimmt: «Die Sommersaison wird schwierig werden.» Als Grund nennt er die Absage von Grossanlässen. Das Poloturnier und das Beachvolleyball-Turnier haben die diesjährige Durchführung bereits annulliert. Huber hofft aber auf eine schrittweise Lockerung der Einschränkungen im Mai und Juni und eine Normalisierung im Juli. «Ich gehe im Moment davon aus, dass die Einschränkungen im Juli aufgehoben werden», sagt er. Der Hoteliervereinspräsident hofft, dass die Schweizer danach ein erhöhtes Bedürfnis nach Ferien haben und deshalb in die Berge reisen. Ob das Vertrauen aber bereits wieder zurückkehre, hänge von vielen Komponenten ab. Nicht zuletzt davon, ob es Tests gibt, die die Immunität bestätigen und ob bereits Medikamente gegen das Virus produziert werden.

Können die Mitarbeitenden einreisen?
Die Frage stellt sich, ob die Hotels im Sommer überhaupt über genug Mitarbeitende verfügen, denn viele kommen aus dem Ausland. «Da Ausländer mit einem Arbeitsvertrag in die Schweiz einreisen dürfen, sehe ich da kein Problem», so Huber. Insbesondere, weil sehr viele Mitarbeitende aus den Nachbarländern stammten. Schwieriger werde es mit solchen, die erst durch ein Transitland reisen müssten. Er glaubt nicht, dass die Angst die Gastarbeiter zu Hause zurückhält. Im Sommer sei das Problem des Personalmangels sowieso etwas weniger gross. «Viele Betriebe funktionieren im Sommer hauptsächlich mit Jahresangestellten, welche in der Region wohnen», hält Huber fest. Wegen dem Fachkräftemangel ist es Huber aber ein Anliegen, auch die Saisonmitarbeitenden zu beschäftigen, auch wenn dafür eigentlich nicht genug Arbeit vorhanden ist. Er hofft dadurch, die Mitarbeitenden an die Region und seine Betrieb zu binden.


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