Wieder Ordnung auf dem Kopf

  24.04.2020 Coronavirus

Die Wiedereröffnung der Coiffeurgeschäfte am kommenden Montag ist eine der ersten Lockerungen, die der Bundesrat auf dem Weg aus dem Lockdown beschlossen hat. Die Geschäfte werden den Massnahmen entsprechend angepasst und die Termine sind heissbegehrt. Auch bei Intercoiffure Marti in Saanen ist die Freude gross, wieder an die Arbeit gehen zu dürfen.

JENNY STERCHI
Nach sechs Wochen, in denen die Haare mehr oder weniger unkontrolliert gewachsen sind, sorgen Coiffeusen und Coiffeure ab kommendem Montag wieder für Ordnung auf dem Kopf.

Verband gab Empfehlungen
Nachdem der Bundesrat seinen Beschluss verkündet hatte, warteten die Coiffeursalons auf ein Konzept oder eine Verordnung, die den Betrieb einheitlich gestalten würde. Schliesslich war es Coiffure Swiss, der Verband Schweizer Coiffeurgeschäfte, der Eckdaten für die Einrichtung der Salons entsprechend den Schutzmassnahmen ausgab. In der Umsetzung sind die Coiffeurgeschäfte sich selbst überlassen.

Im Einzelnen bedeutet dies, dass zwischen Kunden und Personal immer genügend Abstand eingehalten werden muss. Hinzu kommt die Pflicht sowohl der Coiffeuse als auch des Kunden, eine Maske zu tragen. Der Salon in Saanen weist schon bei der telefonischen Terminvergabe auf das Tragen von Masken hin. «Erstaunlich viele Kunden teilen uns mit, dass sie ihre Maske selber mitbringen», weiss Begoña Garcia, Coiffeuse-Chefin bei Intercoiffure Marti in Saanen, zu berichten und freut sich über dieses Verantwortungsbewusstsein. «Und die, die keine daheim haben, werden von uns damit versorgt. Desinfektionsmittel, Handschuhe sowie Schutzkleidung sind empfohlen. «Natürlich ersetzen all diese Hilfsmittel nicht das regelmässige Händewaschen», betonen die Mitarbeitenden beim Saaner Coiffeurgeschäft. Seit Anfang dieser Woche sorgen die Mitarbeiter in vielen Coiffeursalons dafür, dass die Einrichtungen regelkonform sind, die ersten Termine vergeben werden und das Schutzmaterial pünktlich am Montagmorgen zur Verfügung steht. Es wird eine Einszu-eins-Behandlung angestrebt.

Vorfreude und Respekt
«Wir freuen uns sehr, unser Handwerk endlich wieder ausführen zu können», so der Tenor der Mitarbeitenden bei Intercoiffure Marti. Nach einem überaus geschäftigen Winter ging es mit dem Lockdown für das Geschäft wie auch für die anderen Coiffeurgeschäfte im Saanenland buchstäblich von einhundert auf null. Die Nachfrage nach Terminen riss jedoch nicht komplett ab und sie blieben im Austausch mit einem Teil ihrer Kunden. «Als es hiess, die Coiffeure und Coiffeusen sind die Ersten, die ihre Arbeit wieder aufnehmen dürfen, war die Freude natürlich riesig», sagt Begoña Garcia. «Aber auch ein gewisser Respekt gegenüber der Situation breitete sich aus.»

Im Gespräch mit einigen Kunden erfuhren sie von vereinzelten Infektionen. «Unsere Kundschaft ist so international und sehr mobil, dass es ein Wunder gewesen wäre, wenn es keinen getroffen hätte.» Es grenze ebenfalls an ein Wunder, dass keiner der Angestellten infiziert worden sei, war doch der Terminkalender in der Woche, bevor der Lockdown in Kraft trat, randvoll. Und rückblickend sei die Chance, sich beim Kontakt mit einem derart durchmischten Kundenstamm anzustecken, schon relativ hoch gewesen.

Das hat die Sinne geschärft und die Aufmerksamkeit geweckt. «Bei der Terminvergabe weisen wir auf die Maskenpflicht im Geschäft hin und fragen auch, ob in letzter Zeit Symptome aufgetreten sind.» Dies sei sowohl für Mitarbeitende als auch für die meisten Kunden ein nachvollziehbarer Schritt, um das Risiko einer Ansteckung zu reduzieren.

Hinzu kommt, dass die Kontaktdaten der Kunden aufgenommen werden und so eventuelle Infektionsfälle schnell kommuniziert werden können.

Terminvergabe via Liste
Die Nachfrage nach Haarpflegeterminen stieg mit der Mitteilung des Bundesrates sprunghaft an. In Saanen entschieden sich Heinz Marti und sein Team, als Erstes die Kunden zu kontaktieren, die ihren Termin kurz nach dem Lockdown nicht mehr wahrnehmen konnten. «Und für die wachsende Nachfrage seit Montag haben wir eine Liste aufgestellt.» In den anderen Salons ist die Situation ähnlich, sodass die Terminbücher für die nächste Woche sehr gut gefüllt sind. «Wir hoffen, dass wir nicht zu viele Kunden vertrösten müssen, die sich nächste Woche um einen Termin bemühen.»

Auch bei den Herren, so Begoña Garcia, sei das Bedürfnis gross, die Frisur wieder herzustellen. Um der grossen Nachfrage gerecht zu werden, hat man sich bei Intercoiffure Marti für den Schichtbetrieb entschieden. «Die Hälfte des Teams arbeitet am Morgen und die andere Hälfte übernimmt nach dem Mittag.» So können an einem Tag viele Kunden empfangen werden, ohne einander zu nahe zu kommen.

Haareschneiden mit Handschuhen
Zu den Schutzmassnahmen gehört in erster Linie das reduzierte Personenaufkommen in den Salons, um die Abstandsregeln einzuhalten. Im Salon im Zentrum von Saanen wurden zu diesem Zweck einige Stühle entfernt. Weniger Deko und fehlende Stühle lassen den Salon heller und übersichtlicher wirken und vermitteln einen seriösen und pflichtbewussten Eindruck.

«Das Arbeiten mit Handschuhen wird ab dem Moment, wenn die Haare fertig gewaschen sind, zur Herausforderung», sind sich die Mitarbeitenden einig. Die Schere und den Kamm zu führen, ohne das Haar in den Fingern zu spüren, sei eine grosse Umstellung. «Aber auch das wird funktionieren.»

An jedem Platz wurde ein Desinfektionsmittel deponiert. Die geliebten Heftchen zum Zeitvertreib wurden ebenfalls aus dem Geschäft entfernt, zu viel Infektionspotenzial steckt in ihnen, wenn man weiss, auf welche Weise viele Menschen umblättern.

Auf Empfehlung des Verbandes haben sie sich für die Nutzung von Einweggeschirr entschieden. «Mit dem obligatorischen Kaffee ist das Coiffeurerlebnis komplett.»


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