Menuhin Festival: Alle Konzerte und Veranstaltungen abgesagt

  05.05.2020 Kultur

Aufgrund der Corona-Pandemie müssen Verwaltungsrat und Festivalleitung zum ersten Mal in der 64-jährigen Festivalgeschichte alle für den Sommer 2020 geplanten Konzerte und Veranstaltungen von Gstaad Menuhin Festival & Academy absagen. Das diesjährige Motto «Wien» wird auf den Festivalsommer 2022 verschoben. Thema und Daten für 2021 werden im Herbst kommuniziert.

Der Bundesrat hat am 29. April die Durchführung von Grossanlässen mit mehr als 1000 Besuchern bis Ende August 2020 verboten. «Durch diese Vorgabe der Regierung werden die Konzerte im Festivalzelt Gstaad nicht stattfinden können, doch auch die anderen Konzerte in den malerischen Kirchen des Saanenlandes und Pays-d’Enhaut sind von den Pandemiefolgen betroffen», schreiben die Verantwortlichen in einer Medienmitteilung. Es würden weiterhin Einschränkungen aufgrund von Hygienemassnahmen und Reisebeschränkungen bestehen, und ein Ansteckungsrisiko könne unter keinen Umständen in Kauf genommen werden.

Bis zuletzt gehofft
Ein uneingeschränkter Konzertgenuss im Sommer 2020 ist nach Auffassung des Verwaltungsrats und der Festivalleitung nicht zu gewährleisten. «Das gesamte Festivalteam hatte bis zuletzt gehofft, die magischen Momente trotz allem doch noch mit all denjenigen teilen zu können, welche sich nach einem Sommer mit Gstaad Menuhin Festival & Academy sehnen.» Nun müsse allerdings der nachvollziehbare Entscheid des Bundesrats mit Verständnis und Bedauern zur Kenntnis genommen werden.

Nur Kirchenkonzerte waren keine Option
Nur die Kirchenkonzerte durchzuführen, sei keine Option gewesen, sagt Artistic Director Christoph Müller auf Nachfrage. Man habe zwar lange darüber diskutiert und auch gehofft bis am Schluss. Nachdem einerseits klar geworden sei, dass das Versammlungsverbot von mehr als fünf Personen bis voraussichtlich Anfang Juni gelte und der Entscheid, wie künftig damit umgegangen werde, erst am 27. Mai falle, werde die Zeit zu knapp. «Und andererseits lebt das Festival finanziell von den grossen Zeltkonzerten», betont Christoph Müller. «Und selbst wenn es einen Weg gibt, der kurzfristig im Juni kommuniziert wird, gibt es immer noch keine Lösung, um das Ansteckungsrisiko aus der Welt zu schaffen», so Müller. «Wenn es zu Ansteckungen kommen würde, wäre das fatal für das Festival.» Es sei erwiesen, dass das Virus bei solchen Veranstaltungen übertragen werde. «Käme es zu Ansteckungen, könnte man uns den Vorwurf machen, dass wir das Festival um jeden Preis durchziehen wollten und die Wirtschaftlichkeit über die Gesundheit des Publikums stellen.» Und nicht zuletzt hätte es auch etwas Frustrierendes, vor spärlich besetzten Reihen Konzerte zu geben. «Das passt nicht zur Stimmung des Festivals.»

Einer der Hauptgründe für die Absage aller Konzerte und Veranstaltungen waren die Reisebeschränkungen, die Restriktionen und Auflagen in den verschiedenen Ländern. «Es ist überhaupt noch nicht klar, wie und wann die Grenzschliessungen gelockert werden», so Müller.

Finanzieller Schaden möglichst gering halten
Verwaltungsrat und Festivalleitung stünden nun vor der grossen Herausforderung, den drohenden finanziellen Schaden für Gstaad Menuhin Festival & Academy im Jahr 2020 möglichst gering zu halten, um ab dem Jahr 2021 in Stabilität wiederum für Konzertbesucher und Partner da zu sein. Dabei sei das Vertrauen in die weitreichende Tradition des Festivals und in die Sympathie vieler langjähriger Konzertbesucher, Freunde und Partner gross.

Man hoffe, finanziell mit einem «blauen Auge» davonzukommen, konkretisiert Müller. «Zum einen führen wir Gespräche mit der öffentlichen Hand, mit der Gemeinde und dem Kanton», erklärt Müller. «Beim Kanton stellen wir im Rahmen der Auffangprogramme für Kulturbetriebe ein Gesuch, wo es darum geht, den Ausfall zu einem Teil entschädigt zu bekommen. Und mit der Gemeinde laufen Gespräche, 2020 den ganzen Gemeindebetrag zu erhalten.» Mit den öffentlichen Geldern wären aber nur 70 bis maximal 80 Prozent der Kosten gedeckt. «Dann fehlt immer noch ein grosser Betrag», so Müller. Deshalb führe man auch Gespräche mit den Privatsponsoren und Mäzenen. Für die Zukunft ist Christoph Müller zuversichtlich. «Wir hoffen sehr und gehen eigentlich auch davon aus, dass Konzertveranstaltungen bald wieder stattfinden können.» Es gebe Bestrebungen vom Bundesamt für Gesundheit, zusammen mit dem Verband aller Konzertveranstalter und Orchester in der Schweiz Massnahmen auszuarbeiten, wie man Konzerte unter Einhaltung der Sicherheitsmassnahmen durchführen könne. «Es wird einen Weg geben», so Müller.

Tickets werden zurückerstattet
Bereits gebuchte Tickets werden rückerstattet. Ticketbesitzer würden in den nächsten Tagen direkt vom Festivalbüro kontaktiert. Weitere Informationen sowie ein Rückerstattungsformular sind auf der Homepage aufgeschaltet.

Motto «Wien» im Sommer 2022
Artistic Director Christoph Müller hat mit dem Programm 2020 rund um die Musikstadt «Wien» und den Komponisten-Jubilaren Ludwig van Beethoven viel Vorfreude geweckt. Um diese Vorfreude am Leben zu erhalten, habe sich die Festivalleitung dazu entschlossen, das Motto «Wien» in den Sommer 2022 zu verlegen, um eine Neuauflage der geplanten Konzerte und Eigenproduktionen zu ermöglichen. «Gespräche mit Musikerinnen und Musikern laufen bereits und man darf zuversichtlich sein, dass dies gelingen wird», heisst es in der Mitteilung.

Das Motto und die Daten für die Ausgabe im Sommer 2021 werden wie üblich im Herbst kommuniziert.

Digitale Plattform steht weiterhin kostenlos zur Verfügung
Wie die Festivalleitung weiter schreibt, steht die seit Juni 2017 aktive digitale Plattform weiterhin kostenlos während des ganzen Jahres zur Verfügung und wird mit neuen, exklusiven und einzigartigen Inhalten bespielt werden.

Indes werde die Festivalleitung Möglichkeiten von musikalischen Austauschformaten im analogen und digitalen Bereich für den kommenden Sommer prüfen und sich für die Umsetzung vorhandener Ideen einsetzen.

PD/ANITA MOSER

www.gstaadmenuhinfestival.ch https://www.gstaaddigitalfestival.ch/


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