Dynamic Pricing wird weiterentwickelt

  05.06.2020 Saanenland, Tourismus, Destination

Die Bergbahnen Gstaad AG (BDG) führte im vergangenen Winter Dynamic Pricing ein. Sie ist mit dem Resultat sehr zufrieden. Trotzdem braucht es ein Feintuning, wie Geschäftsführer Matthias In-Albon im Gespräch betont.

BLANCA BURRI
Die Flugbranche kennt es seit zwanzig Jahren, die Hotellerie seit zehn und jüngst ist die Bergbahnindustrie aufgesprungen. Die Rede ist von Dynamic Pricing: Die Ticketpreise richten sich nach der Nachfrage, dem Wetter und weiteren Komponenten wie den Zeitpunkt der Buchung. Die BDG zieht nach einer Saison Laufzeit eine überaus positive Bilanz. «Per Ende Februar waren wir 600’000 Franken vor dem Vorjahresumsatz . Zudem hatten wir per Ende Januar 15 Prozent mehr verkaufte Skier Days», freut sich Matthias In-Albon, Geschäftsleiter der BDG. Natürlich hat die Corona-Krise auch vor den hiesigen Bergbahnen nicht haltgemacht, weshalb per Ende Saison der Cashflow zwei Millionen tiefer war als erwartet. Doch das hat nichts mit Dynamic Pricing zu tun, weshalb die BDG am neuen Preissystem festhalten wird.

Ziele gesteckt
Die Ziele der BDG waren die folgenden: 1. Die Gäste buchen die Tickets online, damit die Warteschlangen vor den Kassen kleiner werden. 2. Die Gäste buchen früher, damit die Bahnen auch unter der Woche und an weniger sonnigen Tagen eine gewisse Grundauslastung haben. 3. Die Skier Days werden erhöht, indem die Gäste wieder öfter auf den Ski stehen.

Alle drei Ziele hat die BDG erreicht. Eigentlich strebte sie einen Onlinebuchungsanteil von 25 Prozent an, den sie mit 20 Prozent nur knapp verfehlte. «In anderen Destinationen ist der Onlineverkauf viel harziger angelaufen als bei uns», weiss In-Albon.

Mitarbeiter anders einsetzen
Das Saanenland ist bekannt für seine vielen Einstiegsorte ins Skigebiet, was einen Job für viele Kassenmitarbeitende bedeutet. Wenn die Bergbahnen die Buchung ins Internet verlegen, verlieren diese ihren Verdienst. «Im Moment noch nicht», widerspricht Matthias In-Albon. Einige Mitarbeitenden würden zusätzliche als Welcome Guides eingesetzt. Später könnte sich In-Albon vorstellen, die Skischulen in den frei gewordenen Kassenschalter in den Talstationen zu integrieren.

Frühbucher und mehr Mehrtageskarten
Es gebe viele Frühbucher: Rund 20 Prozent aller Onlinebuchungen wurden acht Wochen im Voraus getätigt, 23 Prozent vier bis acht Wochen im Voraus. Genau das wollte die BDG erreichen. Auch bei der dritten Vorgabe war sie erfolgreich: Bereits per Ende Januar gab es 15 Prozent mehr Skier Days. Vor allem der Verkauf von Mehrtageskarten hat zugenommen und zwar um 25 Prozent. «Viele Frühbucher haben den erhaltenen Rabatt in zusätzliche Skitage investiert», weiss der Geschäftsführer.

So funktioniert das Rabattsystem
Je früher die Skigäste buchen, desto mehr Chancen haben sie auf einen Rabatt. Dieser lag im vergangenen Winter bei höchstens 25 Prozent. Das heisst: Eine Tageskarte für Erwachsene kostete mindestens 49 Franken. Wenn das Kontingent der günstig abgegebenen Tickets erreicht war, erhöhte das System schrittweise den Tagespreis auf höchstens 74 Franken. Wer also an einem sonnigen Sonntagmorgen in der Hochsaison an der Tageskasse ein Ticket wollte, zahlte in der Regel den Höchstpreis, denn noch immer werden die Tageskarten sehr spät gebucht. 91 Prozent aller online gekauften Tageskarten waren ohne Rabattierung.

Rabattsystem anpassen
Matthias In-Albon und sein Team haben nach der Einführung auch einige Reklamationen und Anregungen erhalten. Diese fliessen nun in die Weiterentwicklung des Preissystems ein. «Wir haben bemerkt, dass die Preise vor Weihnachten, im Januar und März zu hoch waren, dort werden wir versuchen, künftig mehr zu rabattieren.» Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Höchstpreis gegenüber dem Vorjahr leicht steigt, um den Rückmeldungen gerecht zu werden.

Ein weiteres Augenmerk fällt auf die Preisfairness. «Die Gäste reagieren sehr sensibel, wenn sie finden, ein Preis sei nicht gerechtfertigt, wie beispielsweise, wenn ein Teil der Bahnen wegen Wind zu ist.» Deshalb wollen wir dem Wetter künftig eine grössere Gewichtung zukommen lassen als bisher. «Weil wir eine Online-Best-Price-Garantie haben, ist die Umsetzung relativ kompliziert.» Die Bahn muss einen Weg finden, mit Besitzern von Tickets, die im Voraus online gekauft wurden, in Kontakt treten zu können. Die BDG entwickelt nun ein Gutscheinsystem für Onlinebuchungen. «Dann können wir auch die Preise an den Tageskassen bei Schliessung durch Wind optimaler anpassen, ohne den Onlinebucher vor den Kopf zu stossen.»

In der Entwicklung der Anpassungen für das nächste Jahr stehen dem Unternehmen ausgeklügelte Computerprogramme zur Verfügung, die alle Parameter in die Berechnungen mit einbeziehen. «Wir simulieren jede kleinste Änderung und analysieren das Resultat genau, um die richtigen Entscheide zu treffen.» Zwar hat die Einführung von Dynamic Pricing bei den Gästen einige Diskussionen ausgelöst, aber sie wird schon bald nicht mehr von der Bergbahnenwelt wegzudenken sein. Das zeigt auch eine Demoscope-Umfrage, wonach die Akzeptanz im vergangenen Jahr von 57 auf 63 Prozent gestiegen ist.


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