Seit dem 1. April ist jedes Foto geschützt

  07.08.2020 Schweiz

Das ist kein Scherz! Wer Fotos auf sozialen Netzwerken oder sonst wo veröffentlicht, ohne den Urheber oder die darauf abgebildeten Personen um Erlaubnis zu fragen, macht sich strafbar. Denn in der Schweiz sollte, wer Fotos der Öffentlichkeit zugänglich macht, gleich zwei Gesetze beachten: das Urheberrecht und das Recht am eigenen Bild.

KEREM S. MAURER
Gerade in der Ferienzeit werden viele Fotos geschossen. Unzählige Ferienfotos landen auf sozialen Netzwerken wie Facebook, Instagram oder auf anderen öffentlich zugänglichen Fotoplattformen. Oft sogar in Echtzeit, denn viele wollen ihren Bekannten zeigen, wie cool die Ferien sind oder wen man da gerade trifft. Doch wer Fotos einfach hochlädt, ohne die Einwilligung der auf dem Foto abgebildeten Personen oder des Urhebers (also derjenigen Person, die das Foto aufgenommen hat) einzuholen, macht sich strafbar. Denn sie oder er verletzt im ersten Fall das Recht am eigenen Bild und im letzteren das Urheberrecht. Vorsicht ist also immer geboten, wenn – man Fotos auf Social Media postet, die man nicht selber geschossen hat. – auf dem geposteten Foto Personen abgebildet sind, die nicht um Erlaubnis gefragt wurden, ob sie auf dem
Foto veröffentlicht werden wollen.

Alle Fotos sind urheberrechtlich geschützt
Seit dem 1. April 2020 greift das revidierte Bundesgesetz über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (URG). Seitdem sind grundsätzlich alle Fotos, selbst wenn sie unscharf, verwackelt oder qualitativ fragwürdig sind, urheberrechtlich geschützt. Ob die Fotos von einer professionellen Fotografin oder einem Laien, digital oder analog geschossen werden, ist egal. Auch, ob die Fotos mit einer hochwertigen Spiegelreflex- oder mit der Smartphonekamera aufgenommen werden. Ebenso keinen Unterschied macht es, ob es sich um Ferienfotos, Schnappschüsse, Selfies oder sonstige Knipsereien handelt. Sogar einfache Produktefotos stehen unter Schutz. Frei nach dem Motto: Foto ist Foto! Voraussetzung für den Urheberrechtschutz ist lediglich, dass ein Mensch das Foto gemacht hat. Fotos von Überwachungskameras oder Radarfallen sind in der Regel nicht geschützt.

Es drohen Gefängnis und Geldstrafen
Fotografinnen und Fotografen haben gemäss URG, Artikel 9 in jedem Fall das «ausschliessliche Recht am eigenen Werk und das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft». Sie dürfen somit bestimmen, ob, wann, wie und unter welcher Urheberbezeichnung das eigene Werk veröffentlicht wird. Wer Fotos von Dritten über den privaten Rahmen heraus nutzen will, muss daher zwingend den Urheber um Erlaubnis fragen. Das neue Urheberrecht gilt auch für Fotos, die vor dem 1. April 2020 aufgenommen worden sind. Wurde ein älteres Foto bereits publiziert, braucht es keine nachträgliche Einwilligung. Das gilt auch für Nutzungen, die vor dem neuen Recht begonnen wurden. Der Urheberschutz bei Fotos erlischt erst 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers. Haben die Fotos keinen individuellen Charakter, verfällt der Schutz nach 50 Jahren. Wer ein Foto ohne Erlaubnis veröffentlicht, riskiert eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe.

Jeder ist selber verantwortlich
Wer den Verdacht hegt, eines seiner Fotos werde urheberrechtsverletztend durch Dritte verwendet, ist auf sich selbst gestellt. Philipp Kübler, Direktor/ CEO von Pro Litteris, Schweizerische Urheberrechtsgesellschaft für Literatur und bildende Kunst, sagt auf Anfrage, dass sie nicht in jedem Fall die richtige Anlaufstelle sei. Jeder müsse das Heft selbst in die Hand nehmen und sich selber gegen etwaige missbräuchliche Nutzungen seiner Werke einsetzen. «Teilen Sie dem fehlbaren Nutzer mit, dass es sich um Ihr Bild handelt und bitten Sie ihn, den Gebrauch des Bildes sofort einzustellen», rät er und hofft auf eine vernünftige Lösung. Im Wiederholungsfall wäre es sinnvoll, einen Anwalt einzuschalten oder sich an die Polizei zu wenden. Die Polizei habe es schon immer mit sehr wenigen Urheberrechtsstreitigkeiten zu tun gehabt, sagt Dominik Jäggi, Mediensprecher der Kantonspolizei auf Anfrage. Und wenn es um Streitigkeiten bezüglich des Rechtes am eigenen Bild geht, sei dies eine zivilrechtliche Angelegenheit. Bei solchen sollte man sich direkt an die Justiz oder das Zivilgericht wenden.

Privat ist vieles erlaubt
Veröffentlichte Werke dürfen zum Eigengebrauch verwendet werden. Das heisst im persönlichen Bereich und im Kreis von Freunden oder Verwandten. Ebenso ist eine Werkverwendung von Lehrpersonen für den Unterricht in ihren Klassen gestattet. Rechtens ist auch das Vervielfältigen von Werkexemplaren in Betrieben, öffentlichen Verwaltungen, Instituten, Kommissionen und ähnlichen Einrichtungen für die interne Information oder Dokumentation. So will es Artikel 19 des URG. Ebenso dürfen Fotos von Dritten in privaten Räumen ohne Einverständnis der Urheber aufgehängt werden.

Das Recht am eigenen Bild
Das Recht am eigenen Bild wird als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts verstanden und im Zivilgesetzbuch (ZGB) sowie im Bundesgesetz über den Datenschutz geregelt. Im ZGB, Artikel 28 heisst es: «Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, den Richter anrufen.» Somit hat jeder grundsätzlich das Recht am eigenen Bild, sprich an den Fotos, auf denen er oder sie abgebildet ist. Ohne Einwilligung ist es folglich nicht erlaubt, Fotos von anderen aufzunehmen, weiterzugeben oder zu veröffentlichen. Doch was bedeutet das? «Unabhängig von urheberrechtlichen Überlegungen besteht bei Fotos das Recht am eigenen Bild», heisst es dazu auf der Webseite des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB). Das bedeutet, dass die abgebildeten Personen in der Regel darüber entscheiden, ob und in welcher Form ein Bild aufgenommen und veröffentlicht werden darf. Aus diesem Grund dürfen Fotos meist nur dann veröffentlicht werden, wenn die darauf Abgebildeten ihr Einverständnis gegeben haben.

Privates oder öffentliches Interesse?
Auf die Einwilligung zur Veröffentlichung darf möglicherweise verzichtet werden, wenn ein überwiegendes öffentliches oder privates Interesse eine Veröffentlichung rechtfertigt. Dennoch ist Vorsicht geboten. Denn ein solches Interesse kann insbesondere bei Abbildungen einzelner Personen nur mit Zurückhaltung angenommen oder vorausgesetzt werden. Zum Beispiel bei Berichterstattungen über öffentliche Veranstaltungen wie Sportanlässe, Konzerte etc. mit grösserer Bedeutung oder bei Medienberichten unter Einhaltung der journalistischen Sorgfaltspflicht. Um auf der sicheren Seite zu sein, ist es allerdings auch in solchen Fällen immer ratsam, die Einwilligung der Betroffenen einzuholen.

Menschen in Gruppen oder als «Beiwerk»
Bei Gruppenfotos können die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Personen tangiert werden, sobald diese auf dem Foto klar erkennbar sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht wiegt weniger schwer, wenn keine der abgebildeten Personen aus der Gruppe heraussticht. Ist jedoch eine Person auf dem Gruppenfoto aufgrund der Schärfeverhältnisse, ihrer Position oder sonst speziell hervorgehoben, ist eine Veröffentlichung ohne ihre Einwilligung unzulässig. Eine widerrechtliche Persönlichkeitsverletzung kann bei einer Veröffentlichung ohne vorgängige Einwilligung nur dann mit Sicherheit ausgeschlossen werden, wenn die abgebildeten Personen nicht identifizierbar sind. Im Zweifel sollte vor jeder Publikation die Einwilligung aller identifizierbaren Personen eingeholt werden. Werden Fotos im öffentlichen Raum aufgenommen und sind die abgebildeten Personen nur Beiwerk, wie beispielsweise Passanten bei einer Sehenswürdigkeit oder Zuschauer einer Grossveranstaltung, reicht es auch, wenn das entsprechende Bild auf ausdrückliches Verlangen der fotografierten Personen – entweder sofort vor Ort oder zu einem späteren Zeitpunkt – gelöscht beziehungsweise auf eine Veröffentlichung verzichtet wird. Die betroffenen Personen müssen nicht zusätzlich angesprochen oder informiert werden.


WAS IST NOCH ERL AUBT, WAS NICHT?

– Ich darf meine eigenen Fotos auf Social Media verbreiten, solange keine ungefragten Dritten auf den Bildern zu sehen sind.
– Sind minderjährige oder unmündige Dritte auf meinen Fotos zu sehen, brauche ich für eine Veröffentlichung die Erlaubnis deren gesetzlicher Vertreter.
– Schiesst meine Freundin Fotos von mir und meinen Kindern, darf ich diese nur veröffentlichen, wenn meine Freundin ihr Einverständnis dafür gegeben hat.
– Fotos, die nicht von mir aufgenommen wurden, darf ich nicht ohne Erlaubnis des Urhebers auf Social Media verbreiten.
– Publiziere ich ungefragt ein Foto von Dritten, kann ich dafür bestraft werden.
– Ich darf Beiträge von fremden Accounts auf meinen verlinken, weil so die Nutzungsrechte bei dem fremden Account verbleiben.
– Ich darf für Publikationen auf öffentlichen Webseiten oder in Zeitungen keine Fotos aus dem Internet verwenden, es sei denn, der Urheber hat es mir ausdrücklich, am besten schriftlich, erlaubt.
– Wenn ich zum Beispiel meinen Toaster verkaufen will, ist es mir nicht erlaubt, ein Foto des Herstellers ungefragt für meine Annonce zu verwenden. Denn auch Produktefotos sind urheberrechtlich geschützt.
– Ich darf nicht einfach Fotos von fremden Menschen machen, die ich nicht vorher um Erlaubnis gefragt habe.
– Im öffentlichen Raum darf ich Fotos von Sehenswürdigkeiten machen, auch wenn dabei andere Menschen abgebildet werden. Wird allerdings von einem dieser Menschen verlangt, dass ich das Foto lösche, auf dem der betreffende zu sehen und zu erkennen ist, habe ich dem Begehren Folge zu leisten.
Bei Videos verhält es sich ein wenig anders. Ein Video ist nur dann urheberrechtlich geschützt, wenn es einen individuellen Charakter aufweist und künstlerisch wertvoll ist.

https://www.edoeb.admin.ch/edoeb/de/home/datenschutz/Internet_und_Computer/veroeffentlichung-von-fotos.html https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19920251/


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