«Tel Aviv on Fire» – Nahostkonflikt als Soap Opera

  11.09.2020 Vorschau

Das Filmpodium Saanenland zeit am kommenden Montag, 14. September den Film «Tel Aviv on Fire» im Cinéma Gstaad.

Salam hat ein Praktikum bei der erfolgreichen TV-Soap «Tel Aviv on Fire» angetreten. Um das Studio zu erreichen, muss er täglich den Checkpoint zwischen seinem Wohnort Jerusalem und Ramallah passieren. Dort trifft er auf Assi, den israelischen Chef des Grenzübergangs, der nicht schlecht staunt, einem Macher der Lieblings-Daily-Soap seiner Frau gegenüberzustehen. Aus dieser Anlage entwickelt der israelisch-palästinensische Regisseur Sameh Zoabi eine herrliche Komödie, die genussvoll zwischen Sein und Schein pendelt.

Schon die Grundkonstellation von «Tel Aviv on Fire» ist genial. Mit Leben gefüllt wird der Film aber von den kleinen Einfällen und einem humorvollen Blick auf den Nahostkonflikt, vom täglichen Wahnsinn in Israel und den besetzten Gebieten. Regisseur Zoabi nimmt die Situation ernst, spielt aber damit und findet dabei genau den richtigen Ton, um sein Publikum zum Lachen zu bringen, ohne sich über die eine oder andere Seite lustig zu machen. Letztendlich bedient sich der Regisseur derselben Mittel wie seine Figuren – oder natürlich andersherum: Er lässt seine Figuren so agieren, wie er es selbst tun würde, er stellt die Liebe und die Sehnsucht nach Romantik und Harmonie über die politische Befindlichkeit. Auch für die Fans der Soap scheint die Klärung, ob diese propalästinensisch oder proisraelisch ist, zweitrangig zu sein. So ist die Antwort von Assis israelischer Frau auf die Frage ihres Mannes, weshalb sie eine palästinensische, also vermeintlich antisemitische Serie schaue: «Nicht alles ist Politik, mein Lieber. Hier geht es um Romantik!»

Sameh Zoabi gelingt es, zwischen allerhand absurden Situationen von einem nahöstlichen Alltag zu erzählen und die Herausforderungen anzudeuten, denen die Menschen auf beiden Seiten der Grenze ausgesetzt sind. Ein Gefühl der Ausweglosigkeit wird spürbar, welches aber weder in Fatalismus noch in Resignation mündet. Die Daily Soap im Film wirkt wie ein Stellvertreterkrieg: Jede/r Mitwirkende will den Ausgang mitbestimmen und zumindest in der Welt der Fiktion über das Schicksal Palästinas mitentscheiden.

«Tel Aviv on Fire» ist eine gewitzte Komödie, deren Festivalerfolge nicht erstaunen. Der Film eignet sich wunderbar für einen entspannten Kinoabend – erfrischend und schlau, romantisch und ein bisschen melancholisch. Wir freuen uns drauf – und auf Sie!

IHR FILMPODIUM SAANENLAND

Montag, 14. September, 20.30 Uhr im Cinéma Gstaad. Alle sind herzlich willkommen. Nichtmitglieder zahlen an der Abendkasse.


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