Massnahmen stellen viele Anbieter vor Herausforderungen

  30.10.2020 Coronavirus, Saanenland

Frust und Unsicherheiten: Das ist bei den lokalen Anbietern zu spüren, die von den Massnahmen im Kanton Bern betroffen sind.

BLANCA BURRI UND NADINE HAGER
Am Mittwochabend kommunizierte der Bundesrat die neuen nationalen Corona-Massnahmen. Da im Kanton teilweise strengere Massnahmen gelten, gibt es viele Unsicherheiten, besonders im Sportbereich. Private Yogastudios dürfen beispielsweise unter Einhaltung aller Vorgaben offen halten. Das Sportzentrum hingegen ist seit vergangenem Samstag geschlossen. Deshalb ist Schwimmen und Schwimmunterricht, Wellness, Curling inklusive Training und Schulsport, Fitnesszentrum, Gruppenfitnesslektionen, Eisbahn und Hockeyschule sowie Schulsport und Minigolf nicht möglich. Einzig die Tennishalle ist geöffnet. Ruedi Kunz, Geschäftsführer der Sportzentrum AG, setzt alles daran, den Betrieb oder Teile davon wieder öffnen zu können. Denn Sport sei für Jung und Alt sehr wichtig. «Aber die Sicherheit und die Gesundheit der Gäste stehen im Vordergrund.» Dem Regierungsrat sind die Diskrepanzen bewusst. Er versprach die Klärung bis heute Freitag. 

Sprachen ja, Bewegung nein
Die Volkshochschule Obersimmental-Saanenland fällte einen pragmatischen Entscheid: Der Sprachunterricht wird weitergeführt, da dort die Distanzund Hygienemassnahen eingehalten werden können und sie nicht zu den Hochschulen zählen. Die Bewegungskurse hingegen nicht. Weil die Volkshochschule kein Sportzentrum oder Fitnessstudio ist, waren sie dazu nicht gezwungen. «Wir möchten die Teilnehmenden und Mitarbeitenden schützen», begründet Katja Minnig, Leiterin der Geschäftsstelle. Die Schliessung bleibt voraussichtlich bis und mit März 2021 bestehen. Dass die Schulhäuser in der Gemeinde Saanen nicht mehr von Dritten benutzt werden dürfen, hat den Entscheid unterstützt. Katja Minnig betont: Was heute gilt, kann morgen wieder anders sein.

Der Ausfall kommt einem Teillockdown gleich und hat grosse finanzielle Auswirkungen. Die Löhne werden weiter bezahlt und die Kurskosten entschädigt. «Entgegen vieler anderer Volkshochschulen haben wir glücklicherweise ein solides Polster», hält die Geschäftsführerin fest. Zudem habe der Betrieb im Frühjahr Kurzarbeit angemeldet.

Ciné-Theater Gstaad: Enttäuschung
Das Ciné-Theater in Gstaad ist mindestens vom 24. Oktober bis am 23. November geschlossen. Für dessen Betreiber Hansjörg Beck kommt dieser strikte Beschluss unerwartet: «Damit, dass strengere Massnahmen eingeführt werden, war zu rechnen – dass wir jedoch am Freitagnachmittag die Mitteilung erhalten, dass wir ab Mitternacht desselben Tages schliessen müssen, hat uns überrascht.» Mehr als über diese Kurzfristigkeit wundert er sich jedoch über die Härte der Massnahme. «Aus meiner Sicht wäre es nach wie vor problemlos möglich, ohne Sicherheitsrisiko ins Kino zu gehen.» Dabei bezieht sich Hansjörg Beck auf die Medienmitteilung des Schweizerischen Kinoverbands vom 23. Oktober: Der zufolge ist während den letzten fünf Monaten kein einziger Ansteckungsfall dokumentiert worden, der in einem Kino stattgefunden hat. Hansjörg Beck sieht darin die Bestätigung, dass die Schutzkonzepte in den Kinosälen Wirkung zeigen. «Wir hatten ohnehin wenige Kinobesucher, die sich deshalb gut im Saal verteilten. Ausserdem galt bereits eine Maskenpflicht – das Ansteckungsrisiko war deshalb bis anhin schon gering.»

Eine Schliessung ist für den Betreiber des Ciné-Theaters nicht nur unverständlich, sondern auch finanziell schwer wegzustecken. Eine Beantragung von Unterstützungsgeldern beim Kanton sei zurzeit im Gang. Und apropos Kanton: «Ich finde es sehr schade, dass wir nicht gesamtschweizerisch einen vernünftigen Entscheid fällen», erklärt Beck, «denn das Ciné-Theater muss schliessen, während das Kino in Château-d’Oex weiterhin geöffnet bleibt.» Trotzdem fügt sich das Kino seinem Schicksal. «Die Sicherheit unserer Gäste und unseres Personals steht für uns an erster Stelle. Wir hoffen, dass auf die Wintersaison hin Lockerungen beschlossen werden – damit hätten wir eine Chance, uns finanziell aufzufangen.»

Bibliotheken und Ludotheken
Der aktuellste Beschluss des Kantons Bern sieht vor, dass Bibliotheken zwar ihre Lesesäle schliessen, den Betrieb jedoch nicht einstellen müssen. Da die Bibliotheken in Gstaad und Gsteig nicht über solche Säle verfügen, hat sich die Situation für diese nicht verändert – dasselbe gilt für die Ludothek in Saanen. «Wir betreiben die Bibliothek Gsteig wie gewohnt weiter unter Einhaltung der entsprechenden Hygienemassnahmen», erklärt Anne-Marie Jegerlehner, Präsidentin des Bibliotheksvereins Gsteig.

Die Leiterin der Bibliothek Saanenland, Silvia Bircher, konkretisiert: «Wir kontrollieren, dass sich nicht mehr als 15 Personen gleichzeitig in der Bibliothek aufhalten. Ausserdem achten wir neben der Einhaltung der Maskenpflicht darauf, dass der nötige Abstand eingehalten wird und wir desinfizieren die Bücher nach wie vor.» Auch finanziell würden die Massnahmen nichts verändern, da die abgesagten Veranstaltungen kaum Erträge gebracht hätten, so Anne-Marie Jegerlehner. Was sich jedoch ändern könnte, sei, dass Angehörige der Risikogruppe nun vermehrt zu Hause blieben: «Es kann sein, dass beispielsweise ältere Menschen sich nun dagegen entscheiden, in die Bibliothek zu kommen, obwohl dies eigentlich zugelassen wäre.» Die beiden Bibliotheken haben sich deshalb eine kreative Lösung einfallen lassen. «Im ersten Lockdown haben wir damals schon einen Hausdienst angeboten und unseren Kundinnen und Kunden Bücher nach Hause gebracht oder Gelesenes bei ihnen abgeholt. Dies bieten wir auch jetzt noch an», so Anne-Marie Jegerlehner. Dasselbe Angebot gilt in der Bibliothek Saanenland. Dieses würde momentan noch nicht wirklich genutzt, so Silvia Bircher. Da viele Stammkundinnen- und Kunden sich aktiv Neuanschaffungen wünschten, welche von der Bibliothek dann berücksichtigt würden, kämen diese oft vorbei, um den neusten Bücherwunsch persönlich abzuholen. «Dieser Austausch ist sehr schön und sehr wichtig», erklärt die Leiterin der Bibliothek Saanenland. Und: «Für uns sind die Massnahmen nicht so einschneidend, wir sind gut weggekommen. Wir sind glücklich.»

Fondue oder nicht?
Das Coronavirus gibt momentan den Takt vor. Doch beeinflusst es auch die Essgewohnheiten? Ja, eindeutig. Kleine Mezze-Platten in der Tischmitte, das war einmal. Da geht eine Non-Profit-Organisation, das international tätige Kompetenzzentrum für Schweizer Käse «Switzerland Chees Making», einen anderen Weg. Sie gab Mitte Oktober eine Pressemitteilung heraus, in der sie betonte, dass die Ansteckung durch Käsefondue unwahrscheinlich sei und versucht so, die anstehende Fonduesaison zu retten.


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote