Tolles Musikfestival mit pädagogischen Werten

  13.10.2020 Kultur, Nachbarschaft

Seit Sonntag ist in ChâteaudOex das Klassikfestival «Le Bois qui Chante» im Gang. Es bietet wiederum musikalische Leckerbissen auf sehr hohem Niveau und mit seinem ideenreichen Programm spricht es ein breites Publikum an. Zudem erfüllt es erfolgreich pädagogische Aufgaben.

LOTTE BRENNER
Ursprünglich entstand das Festival aus der Entstehungsgeschichte von Instrumenten, aus dem Holz der Bäume im Wald von Château-d’Oex geschlagen. Inzwischen wurde daraus eine ganze dichte Musikwoche. In über 15 Anlässen ertönt wundervolle Musik. Musikgeschichtliches, Biografisches über Künstler und Komponisten sind zu erfahren und immer wieder bringt Humorvolles das Publikum zum Schmunzeln oder Tieftrauriges zum Nachdenken. Die künstlerische Leiterin des Festivals, Beatrice Villiger, achtet in der Programmauswahl darauf, dass dabei nebst wunderbarer Musik auch viel Wissenswertes vermittelt wird.

Keiner zu klein, begeistert zu sein
Der Freitag stand ganz im Zeichen der Pädagogik. Das Ensemble «Art-en-Ciel» mit den Bratschisten Robin Lemmel (am Morgen) und Tobias Noss (am Nachmittag), Francesco Bartoletti, Cello, Marilyne Musy, Perkussion, und Luis Séméniuk (am Morgen) sowie Atena Carte (am Nachmittag) am Klavier begleiteten und ergänzten das atemberaubend virtuose Geigenspiel von Isabelle Meyer, die auch die beiden Arrangements «Le Carnaval des Animaux» und «Un Fantôme à l’Opéra» kreierte und die Regie führte.

Als Grundlage diente die Musiksuite «Le Carnaval des Animaux» des Komponisten Camille Saint-Saëns. Doch immer wieder wusste die Geigerin Isabelle Meyer als Lady Vivaldi die Geschichte in die Jahreszeitenmusik einzubetten. Da war einerseits der Zoologe Daniel Cherix, der sehr viel Wissenswertes über die Tiere berichtete, was die über 90 Schulkinder im Saal interessiert aufnahmen. Andererseits begeisterte die virtuose Geigerin mit ihrem tollen Ensemble, indem sie witzig, lebendig vorwärtsdrängend moderierte und immer neue Brücken von der Natur zur Musik schlug. Die Illustratimion rund um die Tiere ging sogar über einen flotten «Cancan« oder ein «Ah vous dirai-je Maman», das in der Deutschschweiz melodiegleich mit «Morgen kommt der Weihnachtsmann» einhergeht. Mit ausgestopften Tieren als Requisiten oder die dem Bratschisten aufgesetzten Hasenohren und einem kunstvoll ausgearbeiteten Geigensteg als Haarschmuck der Violinistin wurde dem Publikum auch optisch etwas geboten. Jedes Instrument hatte seinen glanzvollen Auftritt, so etwa das Cello in Karnevals Schwan. Und wie leicht die Fische im Aquarium dahin schwammen. Perlend illustrierte der Pianist das Wasser. Der ruhige Wellengang wurde durch die Streicher sanft untermalt. Diese zarte Wasseridylle wurde immer wieder aufmunternd mit hellen, klaren Tönen vom Xylofon durchzogen.

Professor Cherix liess seine Belehrungen nicht auf der Naturkunde allein beruhen, sondern erfasste die Gelegenheit, das Umweltbewusstsein zu stärken. So machte er auf die Artenbedrohung durch den Menschen aufmerksam. Er führte den Kindern vor Augen, wie Schildkröten wegen einer Delikatessensuppe ihr Leben grausam lassen müssen oder Elefanten wegen ihres Elfenbeins getötet werden. Und weil aus Elfenbein auch Klaviertasten gefertigt wurden, beruhigte Isabelle Meyer ihr Publikum, indem sie darauf hinwies, dass es sich beim Klavier von «Art-en-Ciel» um ein ein «veganes» Klavier handle.

Das Fantom der Oper
Die Nachmittagsvorstellung unter dem Titel «Un Fantôme à l’Opéra» war eine ernsthafte Auseinandersetzung über Leben und Tod – magisch, philosophisch, eine Art Totentanz – mit Musik von Bach, Bazzini, Berlioz, Bizet, Chausson, Delibes, Gluck, Gounod, Massenet, Ravel, Saint-Saëns und Tartini. Diesmal war es der Magier Tiziano Avola, der zusammen mit der unermüdlichen Isabelle Meyer durch das Geschehen führte, frei nach dem Roman von Gaston Leroux. Erneut waren über 90 Schülerinnen und Schüler im Publikum, diesmal aus den oberen Schulklassen. Sie zeigten sich tief beeindruckt und diskutierten noch beim Verlassen des Saals.

Es war ein grosses Spektakel mit viel Opernhaftem – leidenschaftlichen Liebesszenen, Verzweiflung, Lust, Leidenschaft, Exzesse. Die Musik dazu war einfach meisterhaft und Bekanntes wie der «Säbeltanz» oder der «Teufelstriller» setzten im Rahmen dieser unheimlichen Geschichte einen besonderen Akzent.

Die beiden Aufführungen vom Freitag waren auch für verwöhnte Musikliebhaber wahre Leckerbissen. Und das jugendliche Publikum wurde damit ebenfalls in den Bann der Musikwelt gezogen. Einen Saal voller Kinder und Jugendlicher eine gute Stunde lang bei Laune und Disziplin zu halten, ist den Veranstaltern bewundernswert gelungen.

Weitere Veranstaltungen
Das Programm von «Le Bois qui Chante» geht morgen Mittwoch weiter und dauert bis am Sonntag, 18. Oktober. Mittwoch: Kino Eden, Château-d’Oex, 20 Uhr: «Touch the Sound» (Filmpreis Locarno 2004, Geschichte der Perkussionistin Evelyn Glennie). Donnerstag: Hôtel Roc et Neige, Château-d’Oex, 20 Uhr: «Poesie und Klavier» (Clara und Robert Schumann).
Freitag: Grande Salle, Rougemont, 19 Uhr: Galaabend mit «AlpOpus». Samstag: Forêt des Arses, Rougemont, 10.15 Uhr: Waldwanderung (ca. 3 Stunden); Kino Eden, Château-d’Oex, 16.15 Uhr: «Cœur de la Sarine»; Hôtel Roc et Neige, 19 Uhr: Konzert mit dem «Adastra Quartet» und dem Autor und Forstingenieur Ernst Zürcher; Kino Eden, Château-d\\'Oex, 20.30 Uhr: Tanztheater. Sonntag: Temple de Château-d’Oex, 11 Uhr: Podium junger Musiker; Temple de Château-d’Oex, 17 Uhr: Quartett «Sine nomine» mit Werken von Beethoven, Villa Lobos und Ravel.


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