Tourismus und Landwirtschaft sind möglich

  23.10.2020 Leserbeitrag

Ich bin ein Mensch der am liebsten draussen unterwegs ist. Jemand, der seine Freizeit so oft wie möglich zu Fuss oder auf dem Mountainbike in der Natur verbringt. Somit reite ich auf der Trendwelle der Schweizer – Corona begünstigt diese Welle zusätzlich.

Ich erlebe die Destination Gstaad als idealen Ort, um Alpenluft zu schnuppern und den Kopf zu lüften. Als Tourismusdirektor ist mir das Konfliktpotenzial zwischen Tourismus und Landwirtschaft nicht unbekannt. Ich bin mir jedoch sicher, dass beides möglich ist – im Gegenteil, dass sich Tourismus und Landwirtschaft gegenseitig bereichern.

Erst gebührt der hiesigen Landwirtschaft ein grosses Dankeschön, denn sie baut auf langjährige Traditionen, was für den Tourismus wie ein Hauptgewinn ist. Was gibt es Authentischeres als eine Züglete durchs Dorf. Als Passanten, die innehalten, ihr Smartphone zücken und die blumengeschmückten Tiere fotografieren? Vielen Orten auf der Welt ist Authentizität verloren gegangen und zur Disney-World-Attraktion mutiert. Gerade deshalb gewinnt die intakte Landwirtschaft unserer Region zunehmend an Bedeutung. Natürlich muss auch die Landwirtschaft am Puls der Zeit bleiben – der maschinelle Einsatz ist auch in der Landwirtschaft Alltag. Solange die Authentizität der Land- und Alpwirtschaft und die Qualität der Produkte gewährleistet sind, sehe ich in den Veränderungen jedoch auch die Chancen.

Als weiteren positiven Aspekt der Landwirtschaft bewerte ich das grosse Verständnis der Landwirtinnen und Landwirte für den Tourismus. Und da ich in anderen Tourismusregionen gearbeitet habe, weiss ich, dass dies keine Selbstverständlichkeit ist.

Die Authentizität und das Tourismusverständnis bilden den Nährboden für die Zusammenarbeit zwischen Tourismus und Landwirtschaft. Dieser muss solide und gehaltvoll sein, weil in Zukunft noch viele anspruchsvolle, aber spannende Herausforderungen auf uns zukommen werden: «Zurück zur Natur liegt» voll im Trend.

Das begünstigt den weiteren Ausbau von Agrotourismus. Ferien auf dem Bauernhof, Alpkäsereibesichtigungen, Direktvermarktung und Stallvisiten sind nur einige Angebote, die bereits existieren. Sie lassen die Landwirtschaft spür- und greifbar werden, geben der Stadtbevölkerung einen Einblick in die von ihnen idealisierte, heile Welt. Sie lernt, woher die Milch kommt, wie es im Stall riecht und wie es sich anfühlt, ein frisch geborenes Kalb zu streicheln. Sie sieht aber auch, mit wie viel Arbeit die Produktion von Käse- und Fleischprodukten verbunden ist. Derart sensibilisiert kaufen die Gäste lokal ein und stehen für landwirtschaftliche Anliegen ein. Kurz: Agrotourismus ist Landwirtschaftslobbying. Einfallsreicher und gut umgesetzter Agrotourismus ist zudem eine Attraktivitätssteigerung für die Destination.

Wir wissen heute, dass der Entdeckergeist der Städter stetig steigt und somit innovative Ideen der Landwirtschaft (und des Tourismus) viel Potenzial bieten. Und da kommen wir als Tourismusorganisation ins Spiel: Da wir in der Entwicklung und Umsetzung von Produkten über praktische Erfahrung und Fachwissen verfügen, bieten wir in diesem Prozess gerne Hand. Wir unterstützen die Landwirtinnen und Landwirte in der Umsetzung. Wir begleiten sie vom Konzept bis zur Buchung. Wichtig sind praktische sowie kundenorientierte Lösungen und das Vermitteln von Kontakten der Experten.

Landwirtschaft und Tourismus ergänzen sich sehr gut, davon bin ich überzeugt, deshalb freue ich mich auf Querdenker und Menschen mit besonderen Ideen, damit wir neue Angebote schnüren können, die genau in unsere Region passen.

FLURIN RIEDI 
TOURISMUSDIREKTOR
[email protected]


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