«Unter dem Strich könnten wir zuletzt sogar gewinnen»

  17.11.2020 Interview

Obergrenze bei den Tageskarten, frühere Öffnungszeiten für jene, die ein Ticket haben sowie Online-Reservierung in den Restaurants: mit diesen Massnahmen soll in der Destination Gstaad ein unbeschwertes Wintervergnügen möglich sein.

ANITA MOSER

Die Bergbahnen Destination Gstaad setzt diesen Winter eine Obergrenze von 5000 Tagesgästen. Über welches Gebiet gilt diese Limite?
Sie gilt über das ganze Skigebiet der Bergbahnen Destination Gstaad.

An wie vielen Tagen pro Saison wird diese Limite erfahrungsgemäss überschritten?
Wir gehen von 8 bis 12 Spitzentagen aus. Das sind jene Tage, an denen die Infrastruktur an ihre Kapazitätsgrenzen stösst – und zwar über das ganze Skigebiet. An diesen Spitzentagen kommen meistens zwischen 12’000 und 15’000 Personen in unser Skigebiet und an solchen Tagen gibt es die meisten Rückmeldungen: Die Parkplätze sind voll, man steht an vor der Kasse und den Anlagen und muss mit langen Wartezeiten im Bergrestaurant rechnen.

Limitiert werden nur die Tageskarten, nicht aber die Saisonabonnements und Mehrtageskarten.
Erhebungen zeigen, dass Mehrtageskarten und Saisonabonnemente sehr konstant sind und die Tageskarten an den Wochenenden – in der Kombination Ferienzeit, Wochenende und schönes Wetter – sehr stark obenaus schlagen. Deshalb setzen wir die Begrenzung bei den Tagesgästen an.

In diesem Zusammenhang konnte man auch von einer Zweiklassengesellschaft lesen.
Wer schon gebucht hat oder wer ein Saisonabonnement besitzt, können und wollen wir nicht ausschliessen. Sie haben die Leistung schon gekauft. Wer tags zuvor online eine Tageskarte kauft, kann ganz sicher sein, dass er auch ins Skigebiet kommt. Ist die Limite erreicht, können keine Tageskarten mehr gebucht werden. Wir sind überzeugt, dass mehr und mehr online gebucht wird – auch wegen Corona.

Sie passen die Öffnungszeiten an – allerdings nur für jene, die ihr Ticket bereits haben.
Genau, wir öffnen das Skigebiet an den Wochenenden und während der Hauptsaison schon um 8 Uhr für jene, die ihr Ticket im Voraus gekauft haben. So können wir einerseits die Tageskassen entlasten, andererseits sorgen wir für einen Anreiz, vermehrt online zu buchen. Deshalb haben wir im Rahmen des variablen Preissystems auch entschieden, die Online-Preise günstiger anzusetzen als jene an der Tageskasse.

Trotz den früheren Öffnungszeiten kann es zu Schlangen vor den Bahnen kommen. Wie wollen Sie Abstandhalten durchsetzen?
Bei den meisten Anlagen hat es genügend Platz, um die Abstandsregeln einzuhalten. Am meisten Respekt haben wir bei den Talstationen Horneggli und Hornberg. Dort sind die Platzverhältnisse beschränkt.

Sie haben über eine Limitierung schon früher nachgedacht – noch vor Corona. Weshalb wurde sie nicht umgesetzt?
Genau, wir haben die Analyse schon letzten Winter gemacht. Aber wir hatten Zweifel, ob der Gast das akzeptieren wird. Mit Corona ist das nun anders: der Gast, den wir im Saanenland haben, die Chaletbesitzer, welche praktisch seit dem Frühling hier wohnen, wollen diesen Winter Skifahren. Ihnen hat die Destination – und speziell auch die Bergbahnen – sehr viel zu verdanken. Sie haben sich bei den zahlreichen Investitionen beteiligt. Wir brauchen nun eine Lösung, welche diesen Winter vor allem für die Chaletbesitzer und die Einheimischen stimmt. In diesem Winter werden ein grosses Sicherheitsbedürfnis und ein hohes Gesundheitsbewusstsein vorhanden sein. Alle müssen sich sicher fühlen. Viele wollen gerne Skifahren, haben aber vor dem Anstehen grossen Respekt.

Ein weiterer Punkt ist die Überlastung in den Bergrestaurants an Spitzentagen. Sie setzen auch hier auf Online-Anmeldung.
Genau. Wir wissen noch nicht, wie es weitergeht. Ich hoffe, die 100er-Regel wird gelockert oder mindestens auf 100 Personen pro Einheit festgelegt. Also je 100 Personen für das Innere des Restaurants und für die Terrasse. Die Kapazität ist bereits mit den Vierertischen beschränkt. Wir wollen keinen Kampf um Tische und werden deshalb die Online-Reservierung einführen mit ganz klaren Time-Slots. Zum Beispiel von 11 bis 12 Uhr. Verschiedene Betriebe haben bereits gute Erfahrungen damit gemacht.

Wie funktioniert die Online-Reservation?
Die Tische lassen sich via App reservieren. Auf der App kann man das Skigebiet – zum Beispiel die Destination Gstaad – anwählen. Alle Restaurants der BDG sind aufgelistet und ein Ampel-System zeigt an, wo es noch freie Plätze gibt.

Die App funktioniert ab Mitte Dezember?
Das hoffen wir. Es wird sicher das eine oder andere geben, das nicht so funktioniert wie gewünscht. Deshalb bitten wir um Verständnis und Nachsicht. Normalerweise gibt man sich mehr Zeit, aber der Druck von Corona und der Ungewissheit, wie es weitergeht mit der Gastronomie, verlangen nach Innovation. Die App geht quasi von der Entwicklung direkt in den Betrieb.

Wie Sie selber sagen: man weiss nicht, wie es weitergeht. Und doch sind Sie überzeugt, dass mit den Massnahmen ein unbeschwertes Wintervergnügen möglich ist.
Wir haben kalkuliert, dass wir einen Minderumsatz von einer Viertelmillion bis 350’000 Franken generieren könnten. Die Massnahmen – die Limitierung, die früheren Öffnungszeiten und die Online-Registrierung in den Restaurants – können aber auch eine Chance sein. Es gibt kein Gedränge, man fühlt sich sicher und das spricht sich herum. Unter dem Strich könnten wir zuletzt sogar gewinnen.

Aber Sie gehen ein finanzielles Risiko ein.
Ja, wir nehmen Risiken in Kauf. Betriebswirtschaftlich und aus Risikosicht wäre es das Sicherste, den Betrieb auf Sparflamme zu halten und diesen Winter möglichst keine variablen Kosten zu generieren bzw. wenn, dann nur einige wenige Lifte zu betreiben. Aber damit würden wir einen Rattenschwanz an Kollateralschäden auslösen. Und es kann ja auch sein, dass der Winter gar nicht so schlecht wird dank den Einheimischen und Zweitwohnungsbesitzern … Es wird aber ganz sicher ein schwieriger Winter, man weiss nicht, in welche Richtung es geht. Wir tätigen Vorinvestitionen, namentlich in Anstellungen oder in die Beschneiung. Ist Mitte Dezember alles beschneit und es kommt zu einem Lockdown, ist das für ein KMU wie wir es sind, schwierig zu stemmen. Aber wir tragen auch eine volkswirtschaftliche Verantwortung. Die Bergbahnen sind ein entscheidendes Zahnrad der Destination und wenn das auseinanderfällt, hat die ganze Region ein Problem.


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