Eine unsichere Wintersaison steht an

  27.11.2020 Leserbeitrag

Ich erinnere mich noch gut an die ersten Tage nach dem Lockdown. Überall spürte ich Verunsicherung und Ängste. Bleibt meine Familie gesund? Was wird aus meinem Geschäft? Kann mein Hotel im Sommer öffnen? Das sind nur drei von unzähligen Fragen, welche die Menschen beschäftigten. Heute schaue ich mit Erstaunen darauf zurück, was seither geschah.

Noch bevor die Grenzen im Frühling schlossen, reisten unzählige Zweitwohnungsbesitzer in unsere Region. Sie zogen den Aufenthalt in den Bergen der Stadt vor, weil sie sich hier wohl und sicher fühlten. Sie genossen die Natur, nahmen die Dienstleistungen vor Ort in Anspruch, kauften ein und beschäftigten Handwerker. Von einem kompletten Lockdown blieb unsere Destination also verschont. Trotzdem darf man nicht vergessen, dass viele in dieser Situation litten. Die Restaurants und Ladenlokalitäten blieben geschlossen, die Arbeit ging deshalb in einigen Betrieben zurück. Dadurch verloren einige Mitarbeitende möglicherweise ihre Stelle oder erhielten wegen Kurzarbeit weniger Lohn. Die grosse Unsicherheit löste auch Ängste aus, die sich negativ auf die Gesundheit niederschlugen. Und doch ging es positiver weiter als erwartet.

Während des Lockdowns bereitete sich die Tourismusbranche auf den Sommer vor. Sie erstellte alternative Angebote, Schutzkonzepte, schulte die Mitarbeitenden und richtete den Betrieb so ein, dass sich die Gäste jederzeit sicher und wohl fühlten. Gleichzeitig stellten sich alle auf Schweizer Gäste ein, welche die Sommersaison retten sollten. Entgegen der schlechten Prognosen und dank lang anhaltenden Schönwetterperioden ging dieser Wunsch in Erfüllung. Die Schweizer blieben überdurchschnittlich lange und gaben überdurchschnittlich viel aus. Wie im Frühling kam die Destination mit einem blauen Auge davon.

Und vor allem konnte die Destination erreichen, was sie sich seit Jahren auf die Fahne geschrieben hatte. Weil sich die Schweizer Zeit nahmen, entdeckten sie die Region in ihrer ganzen Bandbreite. Sie merkten, dass die Destination Gstaad viele mehr als nur «Luxus» ist, sondern vor allem authentische Erlebnisse in hoher Qualität zu bieten hat. Die Herbstwanderung von der Wispile über braunrote Matten nach Lauenen beispielsweise, die bis Mitte November zahlreiche Gäste in die Destination zog. Oder die Trottinettfahrt ins Tal, die Einkehr im Alpbeizli und der Besuch im Sportzentrum sind nur wenige einer unglaublichen Vielfalt von Erlebnissen, die die Destination Gstaad zu bieten hat. Ich bin überzeugt, dass diese Erkenntnis nachhaltigen Erfolg hat, dass die Gäste Appetit auf mehr bekommen haben.

Der Winter wird grössere Herausforderungen bringen als der Sommer. Man hält sich öfter in Innenräumen auf und somit könnte die Angst vor Ansteckungen viele Gäste von den Skiferien abhalten. Der aktuelle Buchungsstand liegt unter den Vorjahren, die internationale Kundschaft wird fehlen und wird mit Schweizer Gästen nicht komplett kompensiert werden können. Die Erfahrung zeigt uns aber, dass kurzfristiges Buchen früher war – heute buchen die Gäste superkurzfristig. Da Corona eine Realität geworden ist, bleibt uns nur eines. Wir müssen lernen, damit umzugehen. Dazu können wir alle einen grossen Beitrag leisten: Wenn wir die Schutzkonzepte konsequent umsetzen und den Dienstleistungsgedanken wie von uns gewöhnt gstaadlike leben, fühlen sich die Gäste sicher und wohl. Gleichzeitig gilt es, am Puls der Zeit und flexibel zu bleiben, denn die Kurzfristigkeit wird weiter ausgereizt. Dass wir das können, haben beispielsweise die Bergbahnen bewiesen. Sie bieten eine Corona-Sicherheit bei den Skitickets an – und die Sportgeschäfte verkaufen zertifizierte Halsschläuche, die als Masken getragen werden können. Ja, wir haben viele Herausforderungen zu meistern, aber gemeinsam können wir sie angehen.

FLURIN RIEDI

TOURISMUSDIREKTOR [email protected]


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