Bezaubernde Kunst im Winterwald

  15.12.2020 Saanenmöser, Kunst

Und wieder lädt das Team vom Restaurant Lochstafel ob Saanenmöser zur Entdeckung des Zauberwegs ein. Thematisch dreht sich dieses Jahr alles um den höchsten Berg der Erde.

JENNY STERCHI
Soviel vorweg: Das Gemisch aus Magie, Fantasie und Mystik, das den Wanderer auf dem Zauberweg berührt, raubt ihm den Atem, lässt ihn staunen und versetzt ihn in eine andere, weit entfernte Welt. Diese Effekte sind durchaus erwünscht, denn der Weg simuliert auf ganz eigensinnige, und doch anschauliche Weise die Besteigung des Mount Everest.

Nichts dem Zufall überlassen
Phipu Bigler, Wirt des Restaurants Lochstafel, und seine drei Mitarbeitenden Cathy Ballenberger, Theophile Burler und Sören Zickfeld sowie Nick Krebs als Verantwortlicher für Licht und Ton haben lange geplant und in zwei Monaten 17 Attraktionen entlang des 2,2 Kilometer langen Winterwanderpfades installiert. «Ich weiss nicht, wie oft ich den Weg durch den Wald gelaufen bin», sagt Sören Zickfeld rückblickend, «aber es gab immer wieder Sachen, die wir verändern oder prüfen mussten, so dass es die gewünschte Wirkung beim Betrachter erzielt.» Der junge Mann aus Deutschland, der während der gesamten Wintersaison zum Lochstafel-Team gehört, entpuppte sich dabei als der Allrounder. Er sei eigentlich gelernter Maler, aber jedes Handwerk habe seinen Reiz. Getrieben vom Perfektionismus, modellierte er aus Holzleisten den Sherpa Pasang, der den ganzen Winter über damit beschäftigt sein wird, das Dach der Euterbar zu erklimmen. Er und der Yeti verblüffen denjenigen, der auf dem Zauberweg an ihnen vorbeikommt, mit ihrer Überdimensionalität und spannenden Proportionen. Als Kulissenbauer richteten Cathy Ballenberger und Phipu Bigler den Posten ein, den sie «die Todeszone» nennen. Was sich dem Betrachter dabei bietet, ist spielfilmreif.

Lichtformen
Illuminierte Leitern, deren Anfang und Ende nicht auszumachen sind, und ein minimalistisch, aber dennoch beeindruckend beleuchteter Baum könnten puristischer nicht sein. Ein Dach aus gespannten, beleuchteten Tüchern und eine Bilderinstallation mit einer Endlosschleife zum Unglück eines Bergsteigers sind von Künstlern entworfen. Den Wetterumschwung, den sie mit Zustimmung der BDG aus der Mittelstation der Saanersloch-Gondelbahn heraus inszenieren konnten, haben sich die vier Einrichter ganz allein ausgedacht. Die Arbeit von Nick Krebs, der als Fünfter im Bunde die Tontechnik und Lichtinstallation auf dem Zauberweg eingerichtet hat, ist ein wesentlicher Bestandteil. Er, der mit seiner eigenen Firma an grossen und kleinen Events für guten Ton und rechtes Licht sorgt, war begeistert von dem Projekt. «In der Natur mit dem Licht spielen und arbeiten zu können, ist etwas sehr Spannendes», sagte er, als er das Ergebnis seiner Arbeit am letzten Freitagabend neben den ersten Besuchern begutachtete. «Ein beleuchtetes Bachbett sieht völlig anders aus, sobald es verschneit und vereist ist.» Und genau das ist es, was den Zauberweg ausmacht. Die Veränderlichkeit der Natur und ihre metamorphe Erscheinung machen den Pfad jedes Mal einzigartig, ohne dabei die Idee und das Motto des unterhaltsamen Wanderpfades zu verlieren.

Mehrwert fürs Skigebiet
Den Strom für die Installationen an den gewünschten Platz zu bringen, sei, so Nick Krebs, eine echte Herausforderung gewesen und habe über zwei Kilometer Kabel erfordert. Da es alles Led-Lampen sind, braucht es noch einen Bruchteil an Strom. Mit einem «normalen» Anschluss kann der Zauberweg erleuchtet werden.

Die Nutzung des Gebietes ausserhalb der Öffnungszeiten der Transportanlagen bietet während der ganzen Wintersaison einen Mehrwert des Areals und macht den Sektor auch für Nichtskifahrer sehr attraktiv. Ausgestattet mit Schneeschuhen, Stöcken und Licht begibt sich der Besucher jeweils am Freitagabend – sofern es die situationsbedingten Bestimmungen von Bund und Kanton erlauben – oberhalb der Talstation der Saanersloch-Gondelbahn auf die zauberhafte Reise zum Restaurant Lochstafel. Von dort aus geht es nach einer Erholungsphase und dem Austausch über das Gesehene und Erlebte mit dem Schlitten zurück ins Tal.

In die Irre geführt
Der dritte Posten auf dem Zauberweg lässt die Optik in den Hintergrund treten und trifft mit aller Macht einen anderen Sinn, nämlich das Gehör. Ein Knopfdruck startet eine klar definierbare Abfolge verschiedener Geräusche, ausgesendet von einem ausgezeichnet ausgerichteten Surround-System. Von Dunkelheit umhüllt und so nahe am hörbaren Atem eines Bergsteigers trifft es jede Faser des Besuchers. Bei dem, der neben dem Töffliverkehr Kathmandus im Ohr die Lichter der tatsächlich vorbeifahrenden Pistenmaschine entdeckt, verschiebt sich für einen kurzen Moment die Wahrnehmung.

Informative Kreativität
Ein Wegweiser mit spannenden, wenn auch teilweise bedrückenden Informationen zur Bergsteigerei auf dem Dach der Welt gehört ebenso zum Programm wie ein golden glänzender Gebetstempel. Wenn der Wind die bunten Gebetsfähnchen flattern lässt, wähnt sich der Betrachter tatsächlich im fernen Himalaya. Bei den Tempeltürmchen handelt es sich um Kabeltrommeln, worin sich die Kreativität der Urheber des Zauberwegs widerspiegelt, die einem an jeder einzelnen Station begegnet. «Würde ich meinen Kollegen am Freitagabend zu einer winterlichen Bergwanderung auffordern, lehnte er das sicher freundlich lächelnd ab», mutmasste einer der Besucher auf dem Weg nach oben. «Nehme ich ihn aber mit auf den Zauberweg, bewegt er sich an der frischen Luft, hat Gesellschaft und bemerkt bei so viel Erlebnis und Einzigartigkeit nicht mal die Anstrengungen des Aufstiegs.»

Buchung unter www. zauberweg.ch


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