Innovation zwischen Hotel und Alphütte

  31.12.2020 Tourismus

Landwirtschaft und sanften Tourismus auf neue und vielversprechende Art zusammenführen will ein innovatives Projekt namens «mySaess». Es hat als Prototyp seine Feuertaufe im zweiten Halbjahr 2020 bestanden und steht nun vor der Bewährungsprobe – möglicherweise auch im Saanenland.

mySaess – in Anlehnung ans Maiensäss – ist eine mobile, aus einheimischem Holz fabrizierte Wohnbox auf einem doppelachsigen Anhängerchassis. Sie besteht aus Schlaf- und Küchenraum mit vorgelagerter, mit einem segelförmigen Zelt überdachter Terrasse. Im Schlafbereich gibt es ein Doppelbett und auf der darüberliegenden Galerie hats einen Liegeplatz für zwei vertraute Personen. Die Betten von Fanello aus Fahrwangen und die Textilien von Spycher Handwerk in Uebeschi bei Thun sind aus natürlichen Materialien und stehen beim Bezug jeweils frisch bereit. Die Küche verfügt über zwei Gaskochfelder und ein Abwaschbecken. Das Geschirr stammt von der jungen Basler Keramikerin Zoé Vaistij. Besteck und Gläser sind ebenso vorhanden wie Pfannen und die zum Kochen notwendigen Utensilien. Sogar Salz, Pfeffer, Öl und Essig, Kaffee und Tee findet man beim Bezug der originellen Unterkunft vor! Solarstrom kommt vom Dach und fliessendes Wasser aus dem Tank – beides aber nicht unbeschränkt, denn das mySaess ist autonom, kommt also ohne Anschlüsse aus. Das gilt auch für die Toilette, die nach dem Prinzip der Trockentrennung funktioniert. Für kühle Nächte und kalte Tage gibt es eine Bodenheizung.

Flexibel und auf Zeit
Das Gefährt kann nahezu überall aufgestellt werden. Er dient als temporäres Ferienhäuschen oder Mini-Hotel Garni. Dies ist der Fall, wenn der Landwirt oder seine Frau, auf deren Grundstück das mySaess jeweils für maximal drei Monate steht, für das Morgenessen mit einem Korb voller eigener Produkte aus dem Stall und Hofgarten besorgt ist. Denn die dank mySaess gewonnenen Gäste lassen sich für weitere typische Leistungen vor Ort gewinnen. Seis ein entspannendes Bad im HotPot, ein Besuch im Stall, Mitarbeiten beim Heuen oder dem Einbringen der Ernte, Fahrradvermietung, ein Ausritt hoch zu Pferd, ein Pony- oder Lamatrekking. Gar anspruchsvollere Aktivitäten sind denkbar, wenn die Dame des Hauses oder der Hausherr beispielsweise Skilehrerin oder Bergführer ist. Weil das Konzept von mySaess überzeugt, gab es auch Unterstützung von der Neuen Regionalpolitik und der Berner Design Stiftung.

Vom Emmental in die Berge
Im Corona-Jahr stand das mySaess im bernischen Frienisberg und Sumiswald – im Moment befindet es sich noch in der Gouchere bei Röthenbach im Emmental. Seine Initianten – der Architekt Alain Brülisauer und der Industrial Designer Jérôme Rütsche – suchen nun Partner. Allen voran aus der Landwirtschaft, aber auch Hoteliers, die eine Wohnbox an einem schönen Ort auf ihrem Grundstück im Grünen aufstellen und betreiben wollen. Für die Produktion eines mySaess benötigen die Initianten und die beteiligten Fachhandwerker nur wenige Wochen. Um die Gästebuchungen und die Abrechnung sorgt sich my-Saess. «Erste Anfragen haben wir bereits aus dem engeren Berner Oberland erhalten», freut sich Alain Brülisauer, «ganz konkret aus der Lenk.» Ziel ist es, mit mySaess die Nebensaison aufzuwerten und neue Kundenkreise für den Schweizer Tourismus zu finden. Ein Unterfangen, das in der Corona-Zeit mit ihren Reiseeinschränkungen alle Chancen hat, erreicht zu werden. Denn die Erfinder von mySaess hoffen, in den nächsten fünf Jahren an die zwei Dutzend Wohnboxen zu bauen und erfolgreich zu betreiben.

KURT METZ
www.mysaess.ch


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