RANDNOTIZ

  26.02.2021 Leserbeitrag

Kein (S)passwort

KEREM S. MAURER
Downgelockt ist eingeloggt. Seit man nicht mehr in jedes Geschäft hineinlaufen kann, sondern vermehrt online einkauft, hat die Zahl der Passwörter, die Onlinedienste für die Registrierungen verlangen und wir irgendwie pflegen müssen, stark zugenommen. Und diese Passwörter sollte man sich alle merken. Es sei denn, man ist der klassische Ich-klicke-immer-auf-Passwort-vergessen-Typ. Kürzlich wurde ich von einem Bekannten darauf angesprochen.

Er: «Weisst du, dass ein sicheres Passwort aus einer zufälligen Abfolge von mindestens zwölf Buchstaben, Zahlen und Sonderzeichen besteht und etwa so fG7c#x;4o0%_f6 aussieht?» Ich: «Ähmm, ja.» Er: «Dann benutzt du einen Passwortmanager?» Ich: «Öhhh, nein, aber ...» Er: «Dann wirst du gehackt!»

Äuää! Wer interessiert sich denn schon für meine Passwörter? Wenn Sie, liebe Lesende, auch so denken, sind Sie in guter Gesellschaft. Laut einer Studie denken 57 Prozent der Befragten nicht nur auch so, sondern verwenden obendrein noch abenteuerliche Passwortsysteme. Gut, gemäss der Studie ging es dabei um deutsche Senioren. Aber wie wir gleich noch sehen werden, sind wir hierzulande in dieser Hinsicht weder erfinderischer noch stellen sich jüngere Internetuser geschickter an. Ausser natürlich jene Ausnahmen, welche die Regel bestätigen. Zurück zu den abenteuerlichen Systemen: 57 Prozent der Befragten schreiben sich ihr Passwort auf einen Zettel – oh, wo hab ich den jetzt hingelegt? – und mindestens ebenso viele brauchen keine schriftliche Gedächtnisstütze: Sie wählen einfach ein Passwort, das sie sich gut merken können. Ein Passwort. Singular? Ja, denn einer von drei verwendet im Schnitt dasselbe Passwort gleich mehrfach – merkt ja keiner.
20 Prozent schätzen das Missbrauchsrisiko ihres Passwortes ohnehin als sehr gering ein, obschon sich viele von ihnen in den sozialen Netzwerken tummeln. Ja, aber da lädt man ja nur ab und zu mal ein Foto hoch oder so, macht mal ein Smiley oder ein Like, nichts Grosses. Er: «Hast du gewusst, dass ein Facebook-Konto 75 Dollar wert ist?» Ich: «Nein.»

Zeit, einen Blick auf die beliebtesten Passwörter zu richten. Weltweit auf Platz 1 steht die stinknormale Zahlenabfolge von eins bis sechs. Jetzt raten Sie mal, was laut besagter Studie auf Platz 2 ist. Genau, die stinknormale Zahlenabfolge von eins bis neun! Auf Platz 3 folgt Passwort, gefolgt von Hallo123 und, auf Platz 5, Sie haben es schon erwartet, liegt die stinknormale Zahlenabfolge von eins bis acht. Auf der Schweizer Hitliste rangieren übrigens auf den vordersten sechs Plätzen ausschliesslich Zahlenreihen von eins bis neun. Kann man sich gut merken, also wo liegt das Problem?

Er: «Weisst du wie viele Passwörter in letzter Zeit gehackt wurden?» Ich: «Öhhh, nein.» Er: «Drei Komma zwei Milliarden.» Ich: «Krass.» Er: «Hast du jetzt endlich einen Passwortmanager?»

Nein, aber eine Passwortmanagerin. Sie ist einige Jahre jünger als ich, hört auf den Namen Anna und hat als ausgebildete Webpublisherin mein ehedem abenteuerliches Passwortsystem schon vor Jahren als untauglich deklariert, gekippt und durch ein ausgeklügeltes System ersetzt, was mich damals zuweilen echt ärgerte, weil ich mir fG7c#x;4o0%_f6 einfach nicht merken konnte. Heute bin ich ihr dafür dankbar.

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