Vision oder Realität?

  12.02.2021 Leserbeitrag

Meeting per Zoom. Einkaufen per Klick. Konzert über Stream. Die Pandemie hat die digitale Transformation eindeutig beschleunigt. Sie macht auch vor den Bergtälern nicht halt. Bereits heute wird der Käse in der Selbstvermarktung per Twint bezahlt. Doch wie kann die Tourismusbranche von der Digitalisierung profitieren? Und wie schaffen wir es, möglichst alle Leistungsträger dafür zu begeistern?

Gstaad Saanenland Tourismus hat hierfür das Projekt Gstaad onLine initiiert und geht damit die digitale Transformation aktiv an. Grundsatz der Strategie ist eine ganzheitliche Betrachtungsweise der Kundenerlebnisse gekoppelt mit den Bedürfnissen der Anspruchsgruppen. Mit den digitalen Werkzeugen – sie sind bedarfsgerecht und intuitiv – zielen wir auf die Convenience der Nutzer und Anbieter. Der Grundsatz lautet: alles aus einer Hand. Das Angebot soll den Dienstleistern die Möglichkeit für eine deutlich höhere Wertschöpfung bieten und den Gästen eine Vereinfachung der Buchungen. Zudem ermöglicht die Digitalisierung eine zielgerichteten Ansprache der potenziellen Kundschaft und die Aktivierung der Stammgäste.

Ein Beispiel dazu: Der Winter steht vor der Tür und einzelne Familienmitglieder haben zielgerichtete Newsletter oder Social Media Posts erhalten, was man alles Tolles in der Destination Gstaad erleben kann. Alle surfen auf ihren Smartphones oder Tablets und sprechen über die vielen attraktiven Angebote. Danach buchen sie die Ferienwohnung, erkundigen sich über die dynamischen Preise der Skitickets und buchen diese für die entsprechenden Tage im Voraus. Gleichzeitig lassen sie sich von der Vielzahl von verschiedenen Erlebnisangeboten inspirieren, welche sie dann vor Ort direkt digital über die Concierge-App buchen.

Natürlich ist die Sache aus der Sicht der Destination viel komplizierter. Es gibt sehr viele Anbieter von touristischen Leistungen mit unterschiedlichen technischen Mitteln, Vorkenntnissen und Ansprüchen, die es abzuholen gilt. Auch die Buchungsplattform hat ihre Tücken. Dahinter stecken komplexe technische Systeme. Hierfür haben der Projektleiter Ronnie Oehrli und sein Team viel Vorarbeit geleistet, damit die Leistungsträger ihre spannenden Angebote präsentieren und zugleich digital durch den Gast buchen lassen können.

Hier sieht unser Zielbild folgendermassen aus: Die Anbieter stellen ihr Angebot auf die Plattform, geben die freien Verfügbarkeiten ein, passen den Preis an und beantworten allfällige Gästefragen. Nach der Buchung empfangen sie die Kunden und bieten ihnen ein unvergessliches Erlebnis. Mir ist bewusst, dass in Sachen Digitalisierung alle an einem anderen Ort stehen. Die einen sind mit digitalen Geräten aufgewachsen, andere sind weniger affin. Mir ist es wichtig, dass Gstaad Saanenland Tourismus alle abholt. Er baut ein Servicecenter für solche Transformationsprozesse auf und steht den Leistungsträgern mit Rat und Tat zur Seite. Zum Beispiel für die eigene Website, den Auftritt auf den sozialen Medien, das Bedienen der Buchungsplattform und vieles mehr.

Um ein Geschäft erfolgreich zu führen, braucht es verlässliche Kennzahlen. Auch hier sehen wir, dass uns das Digitalisierungsprojekt Gstaad onLine immer mehr und aussagekräftigere Zahlen liefern kann: Dank der direkten Verknüpfung der Reservationsdaten können Aussagen über die Zukunft gemacht werden und die Preisgestaltung, Angebote und Kommunikation massgeblich beeinflusst werden. Um dies zu erreichen, führen wir in naher Zukunft den elektronischen Meldeschein ein.

Jetzt aber genug der Theorie, mir fällt nämlich gerade ein Beispiel eines gelungenen Pilotprojekts in einem Zentralschweizer Ferienort ein, von dem mir unser Projektleiter Ronnie Oehrli erzählt hat. Ein Ehepaar – keine Digital Natives – verfügte über eine Ferienwohnung abseits der gut frequentierten Strasse. Es vermietete diese über die örtliche Tourismusorganisation. Da es nach der Pensionierung mehr Zeit hatte, wollte es die Auslastung erhöhen und stellte sich als Proband für das lokale E-Fitnessprogramm zur Verfügung, das Ronnie Oehrli initiiert hatte. Gemeinsam mit dem E-Fitnessteam frischte es die Wohnung sanft auf, erstellte emotionales Fotomaterial, nahm eine neue Preiskalkulation vor, erstellte einen Webauftritt und setzte die Anbindung an Buchungsplattformen um. Innerhalb kürzester Zeit stiegen die Buchungen um nahezu 50 Prozent an. Das freute das Ehepaar sehr. Die ersten Erfahrungen zeigten, dass die Zeit zwischen zwei Buchungen kaum zum Reinigen reichte. Deshalb steuerte es die Verfügbarkeiten so, dass dazwischen mehr Zeit blieb. Das Gute an der Digitalisierung ist, dass jedem Teilnehmer die Möglichkeiten an die Hand gegeben werden, eine Änderung jederzeit selber und zwar sehr einfach und schnell auszuführen. Und manchmal muss man in der Tat schnell reagieren können. Zum Beispiel, wenn sich Prioritäten plötzlich ändern, beispielsweise wenn man – wie das erwähnte Ehepaar – plötzlich Grosseltern von Zwillingen wird …

FLURIN RIEDI

TOURISMUSDIREKTOR [email protected]


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