Der mit den Geissen spaziert

  12.03.2021 Gstaad, Interview

Der 14-jährige Gstaader Andri Michel führt seine drei Geissen regelmässig spazieren und erfreut damit viele, welchen er unterwegs begegnet. Über die Beziehung zu seinen Tieren und die Gründe, weshalb er mit ihnen «wandert», hat er mit uns gesprochen.

ANJA MOOSMANN
Dass Hundebesitzer mit ihren Vierbeinern Gassi gehen, gehört zu deren Alltag. Tagtäglich begegnen wir Leuten, welche mit ihren Hunden spazieren gehen, damit diese ihre Notdurft erledigen können und vielleicht auch, damit das Herrchen oder Frauchen zu etwas Bewegung kommt. Menschen führen Pferde und Ponys am Zügel und etwas seltener trifft man auch Katzenbesitzer mit ihren Miezen an der Leine an. Sowohl im Frühling als auch im Herbst sind in Berggebieten Landwirte mit ihrem Rindvieh, mit Schafen oder auch Ziegen unterwegs, um diese auf die Alp oder wieder zurück ins Tal zu «zügeln». Auch an dieses Bild haben sich mittlerweile die meisten gewöhnt. Dass aber eben solche Ziegen einfach so zum Spazieren unterwegs sind, ist doch schon eher selten. Doch genau dies macht Andri Michel zur Freude vieler Gäste und Einheimischer im Saanenland. Doch nicht nur das: Andri ist ein wahrer Tierlifreund und verbringt viel Zeit mit seinen Geissen.

Du bist manchmal mit deinen Geissen unterwegs. Tust du dies zum Spass oder hat es einen Nutzen?
Ich habe in einem Buch gelesen, dass es für tragende Ziegen gesund sei, im Winter zu einer Heuhütte zu gehen, um dort Heu zu fressen. Die Bewegung fördert ein reibungsloses «Abgitzle» (Gebären der Zicklein). So kam ich auf die Idee. Ich führe nun meine Geissen durch den Schnee zu einer nahe gelegenen Scheune und lasse sie dort etwas fressen. Für mich bedeutet es vor allem auch Spass und ich kann dabei abschalten und machen, was ich will.

Damit machst du vielen Leuten eine Freude. Es ist etwas Besonderes, dass man mit Geissen spazieren geht. Wirst du manchmal auch angesprochen?
Ich wurde oft schon von Kollegen angesprochen, was ich denn dort oben tue. Ich erzählte ihnen dann, dass ich mit dem Hornschlitten Heu hinaufgeführt habe, welches die Ziegen nun fressen.

Gehören die Geissen dir und kümmerst du dich alleine um sie?
Die Ziegen habe ich von meinem Grossvater «geerbt». Jetzt stehen sie im Stall meines Vaters. Ich gehe jeden Abend zu meinen Geissen und kümmere mich um sie.

Wie viele sind es und hat jede einen Namen?
Im Moment sind es drei Ziegen: Edelweiss, Arnika und Blüemli. Im Frühling werden sie hoffentlich alle «gitzle».

Bist du sowohl im Winter als auch im Sommer mit deinen Gitzeni unterwegs?
Im Sommer gehen wir «z Bärg» auf die Alp Turnels. Dort kommen die Ziegen natürlich auch mit. Wir «zügeln» vom Tal in die Vorsass und später auf die Alp. Ich gehe mit meinen Geissen immer dem Alpaufzug voran. Und beim Treiben der Kühe auf den Weiden folgen mir meine Ziegen.

Gibt es noch anderes, was du mit deinen Geissen machst Beispielsweise Teilnahmen an Kleinviehschauen?
Einmal war ich mit meiner Ziege an der Eliteschau an der Bea in Bern. Das war ein besonderes Highlight. Normalerweise besuche ich aber nur die lokalen Ziegenschauen im Frühling in Saanen oder Gstaad.

Schon mehrere Male habe ich die Geissen in den Plauschteil des Gstaader Schülerskirennens eingebunden. Einmal haben wir zum Beispiel Heidi imitiert. Dazu durfte ich auch schon mehrere Male an grossen Umzügen mit den Geissen den Alpaufzug anführen.

Du besuchst die 8. Klasse. Möchtest du nach der Schulzeit etwas mit Tieren machen?
Für mich war schon immer klar, dass ich einmal Landwirt werden will. Im Sommer 2022 werde ich meine Lehre beginnen. Darauf freue ich mich riesig! Letzthin gingen wir einen Lehrbetrieb besichtigen, welcher 280 Ziegen hält. Das war jedoch auch für mich etwas zu viel! Mein Traum ist es jedoch, unsere Ziegenzucht etwas auszubauen. Nebst den Ziegen habe ich aber auch eine enge Beziehung zu unserem Rindvieh.

 


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