Die Lehrer und das Gummfluh- Abenteuer

  13.04.2021 Serie

In unserer Reihe «Aus früheren Zeiten» erzählen Leser/innen Episoden – Geschichtliches, Erlebtes, Erinnerungen – aus früheren Zeiten.

Die damaligen Pädagogen waren sehr streng und die Erziehungsmethoden auch nicht dieselben wie heute. Es durfte noch mit voller Lust gezüchtigt werden, und jeder hatte so seine Spezialitäten. Lehrer, auch «Schulmeister» genannt, waren damals Respektspersonen, von denen manch ein Schüler hie und da auch gehörig «Schiss» hatte.

In der Primarschule wurde die erste Klasse von einer etwas molligen Dame betreut, die uns behutsam in die ersten Schritte im langen Prozess der Schulausbildung einführte. Dann gings weiter nach oben zu einer spindeldürren, strengen Erzieherin, die nicht lange «Fäderläsis» machte. Einem unfolgsamen Knaben soll sie einmal die Schiefertafel derart über den Kopf geknallt haben, dass ihm der Holzrahmen um den Hals hängen blieb. Die dritte und vierte Klasse wurde von einem Lehrer geführt, der wiederum andere Mittelchen hatte, um uns gefügig zu machen. Man bekam mit dem Lineal gehörige Schläge auf die offenen Hände, die man auf das Pult legen musste. Für spezielle Fälle kam noch ein geschmeidiges Stöcklein aus Meerrohr zum Einsatz, mit dem der jeweilige Sünder eine Tracht Prügel auf den Hintern kassierte. Die zwei Lehrer der höheren Stufe gingen auch nicht sehr zimperlich mit ihren Eleven um. Besonders der eine sei sehr streng gewesen. Über ihn gab es folgendes Sprüchlein: «Früehlig, Summer, Herbscht u Winter, dä Erzieher isch e Buebeschinter.» Kam man in die Sekundarschule, gab es auch da noch einige, die gerne die härteren Methoden anwendeten. Hier wurde dann bei den Knaben die subtile Gepflogenheit des «Chlapf a Grind» zelebriert oder man zerrte die Mädchen an ihren Haarzöpfen durch ganze Bankreihen. Beklagte sich dann ein Knabe bei seinem Vater, gab es dann meistens noch die zweite Ohrfeige. An den Schwimmunterricht mag ich mich auf diese Weise erinnern: Der Lehrer machte eine Grätsche im etwa 90 cm tiefen Wasser und befahl dem Schüler, unten durch zu schwimmen. Hatte dieser Angst und getraute sich nicht recht, wurde ihm der Kopf unter Wasser gehalten, sodass er gehörig Wasser schluckte.

Und nun zum Abenteuer Gummfluh, einer hanenbüchenen Idee der damaligen Lehrer. Es handelt sich hier um eine ziemlich anspruchsvolle Bergtour, also kaum jedermanns Sache.

Zwei Lehrer begleiteten sämtliche fünf Klassen der Sekundarschule. Als es zur schwierigeren Partie kam, bekamen die Erzieher doch gewisse Bedenken und verlangten von den unteren zwei Klassen, dass sie dort unten warten sollten, bis man mit den älteren Schülern zurückkehren würde. Als die privilegierten Oberen verschwanden, fanden verschiedene Knaben und Mädchen der unteren Klassen, dies sei ungerecht, und wir nahmen nun auch den Weg unter die Füsse. Unser Ungehorsam hatte dann zur Folge, dass wir einen ganzen Nachmittag im Schulhaus Strafaufgaben schreiben mussten. Auch hätten wir im Zeugnis unter Betragen ein «ziemlich gut» erhalten sollen. Dies ging dann dem damaligen Präsidenten der Schulkommission zu weit, und er erwirkte, dass dies nicht geschehen sollte.

ANTON RUESCH, NIDAU

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