Gemeinsam eine gangbare Lösung finden

  28.05.2021 Leserbriefe

Ich möchte dem «Anzeiger von Saanen» danken für die faire und besonnene Berichterstattung über die beiden umstrittenen Agrarinitiativen. Insbesondere den klugen Kommentar von Chefredaktorin Anita Moser sollten sich einige Leute an den Kühlschrank heften. In dieser verrückten und ungewissen Zeit, wo bei vielen von uns schlicht die Nerven blank liegen und existenzielle Zukunftsängste mitunter die Gedanken vernebeln, sind solch besonnene Stimmen wichtiger denn je.

Für die Agrochemiekonzerne ist es ja praktisch, wenn die Bauern selber gegen eine ökologischere Landwirtschaft ankämpfen. Durch die «Bauernzeitung» wird diese Haltung aktiv gefördert, der Hass gegen Andersdenkende wird regelrecht angefeuert und die Konsumenten, also die Kunden, werden mit dem Narrativ des angeblichen «Bauernbashing» bewusst zu Feinden hochstilisiert. Gestern in der Rundschau verteidigte der Chefredaktor der «Bauernzeitung», Jörg Vollmer, unumwunden seine Hasskampagne gegen «abtrünnige» Bauern und umweltbewusste Konsumierende. Offenbar findet er sogar das A-Wort zutreffend für seine Gegner. Ob ein solches Vorgehen aber langfristig wirklich im Interesse der Bauern ist?

Die beiden Initiativen halte ich als langjähriges Mitglied der Grünen übrigens für alles andere als perfekt, und ich kann nachvollziehen, warum viele Biobauern und ihr Verband Biosuisse die Trinkwasserinitiative ablehnen. Es gibt gute Gründe, um gegen diese Initiative zu stimmen. Insbesondere was den Futterzukauf betrifft, ist in einem nasskalten Frühling wie heuer wohl jedem klar, dass es ohne zugekauftes Futter nicht gehen würde. Jedoch ist zu sagen, dass diese Passage, wie so vieles in Initiativen im Allgemeinen, nicht in Stein gemeisselt ist. Dass diese Initiativen viele Fragen aufwerfen, das ist an sich gut. Dafür sind Initiativen nämlich da, um Fragen aufzuwerfen und auf wunde Punkte hinzuweisen. Wie bei jeder Initiative wird im Parlament nachher noch lange diskutiert, und vieles wird dabei wieder abgeschwächt. Immerhin hat in beiden Kammern die Partei, die die Bauern vertritt, das grösste Gewicht von allen.

Ich werde also trotz den offensichtlichen Mängeln Ja stimmen zu beiden Agrarinitiativen. Bringen wir die Probleme auf den Tisch, um sie dann vernünftig und sachlich zu diskutieren, und gemeinsam eine gangbare Lösung zu finden. Bis jetzt sind wir ja in der Schweiz mit unserer demokratischen, friedlichen Diskussionskultur nicht schlecht gefahren. Besinnen wir uns also wieder auf die Stärke unseres Landes, auf Freiheit und Demokratie, hören wir einander zu, respektieren wir andere Meinungen, und suchen wir gemeinsam die besten Lösungen für eine zukunftsfähige, ökologischere und auch wirtschaftlich nachhaltige Landwirtschaft!

SABINE REBER, GSTAAD

(MITGLIED DER GRÜNEN BERNER OBERLAND)


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