Saturn – einer muss ja schuld sein

  20.07.2021 Natur

Die geneigten Lesenden unserer Zeitung erinnern sich womöglich an eine Randnotiz, in der das gegenwärtig garstige Wetter einem sogenannten «Saturnjahr» zugeschoben wurde. Was steckt wirklich dahinter?

KEREM S. MAURER
«Das astrologische Neujahr beginnt mit dem Eintritt der Sonne in das Sternzeichen Widder», erklärt Astrologin Christina Sigrist, die schon für Radio BEO oder für Thun Aktuell in die Sterne blickte, auf Anfrage. Das geschieht am Frühlingsanfang um den 20. März herum – plus/minus ein oder zwei Tage. Dann beginnt die Sonne ihre Reise durch die zwölf Sternzeichen und jedem astrologischen Jahr wird ein sogenannter Jahresherrscher zugeordnet. Der Hundertjährige Kalender, der laut Sigrist «eher auf Überlieferung als auf astrologischer Berechnung» beruht, stützt sich dabei auf die chaldäische Reihenfolge der alten Planeten, die in immer derselben Anordnung wiederkehrend aufeinanderfolgen: Sonne, Venus, Merkur, Mond, Saturn, Jupiter und Mars. Heuer ist ein Saturnjahr, im letzten Jahr hatten wir demnach ein Mondjahr, während im kommenden Jahr Jupiter tonangebend sein wird.

Die Deutschen habens erfunden
Der Hundertjährige Kalender hat jedoch nicht, wie es sein Name vermuten lässt, das Wetter über einen Zeitraum von hundert Jahren dokumentiert. Bei diesem Kalender handelt es sich um eine Zusammenstellung von Wetterbeobachtungen, die ein deutscher Abt namens Mauritius Knauer im 17. Jahrhundert aufgeschrieben hat. Seine Aufzeichnungen sollten ihm helfen, das Wetter in der deutschen Region Franken vorherzusagen, um die klösterliche Landwirtschaft zu optimieren. Der Abt ging davon aus, dass die oben genannten Himmelskörper jeweils ein Jahr lang, beginnend im Frühling bis zum Winterende, das Wetter entscheidend beeinflussen. Nach seiner These genügte es daher, das Wetter über einen Zeitraum von sieben Jahren zu beobachten, um präzise Vorhersagen machen zu können. Knauers Kalendarium wurde erstmals im Jahr 1700 von einem Arzt veröffentlicht, der laut einem Online-Lexlikon die lateinischen Passagen einfach wegliess und behauptete, der Kalender sei einhundert Jahre alt. Bis heute erscheint der Hundertjährige Kalender in verschiedenen Verlagen.

Und was bedeutet das jetzt für uns?
Für den Frühling prophezeite der Hundertjährige Trockenheit, kalte Temperaturen im Mai, und dass die Blumen sich später zeigen als in anderen Jahren. Die typische Feuchtigkeit eines Saturnjahres wird aber eher dem Sommer zugeschrieben. Typischerweise soll es im August deutlich mehr regnen als in anderen Jahren, Dauerregen sei möglich. Kalt, nass und «gruusig» soll auch der Herbst mit kühlen Tagen im September sein. Etwas milder könne es im November werden, bevor es vor Weihnachten Schnee gibt. Man darf sich laut dem Kalender des deutschen Abts auf einen strengen Winter einstellen.

Aus moderner meteorologischer Sicht sind die Vorhersagen des Hundertjährigen nicht haltbar. Übereinstimmungen – und fallen diese noch so treffend aus – werden dem Zufall zugeschrieben. Darin dürfte wohl ein gewisser Trost liegen.


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