«Ich habe mich jeden Frühling sehr dafür eingesetzt, dass ich die gleichen Leute auf die Baustelle bekam»

  22.10.2021 Interview

Roland Trachsel, jener Polier, der das abhandengekommene Kalb zu Ueli Zeller zurückbrachte, war seit 2010 auf der Baustelle zwischen Saanenmöser und Zweisimmen im Einsatz.

JENNY STERCHI

Roland Trachsel, Sie sind in Belp daheim. Sind Sie in den letzten elf Jahren während der Bauzeit gependelt oder hatten Sie eine Unterbringung vor Ort?
Ich bin jeden Tag gefahren. Für mich waren die Fahrten jeweils nicht problematisch. Am Morgen war ich gespannt, was mich auf der Baustelle erwartete und am Abend genoss ich den Weg zurück, denn ich konnte schon auf der Heimfahrt meinen Arbeitstag hinter mir lassen und kam daheim ziemlich entspannt an.

Gab es keinen Moment, in dem Sie genug von der Fahrerei hatten?
Im Frühling erschienen mir die ersten paar Fahrten jeweils extrem lang. Aber nach einer Gewöhnungsphase habe ich den Pendelrhythmus immer wieder gefunden.

Was haben Sie jeweils im Winter gemacht?
Ich habe jeden Sommer ziemlich viel Überzeit gemacht, so hatte ich die meiste Zeit der Wintermonate frei. Und dann gab es immer mal wieder kleine Einsätze, nicht so weit weg von daheim.

Es war auffällig, dass die Bauarbeiterequipe über die gesamte Bauzeit mehr oder weniger identisch blieb. Ist das immer so bei so grossen Projekten?
Gut beobachtet. Tatsächlich hatte ich im Grossen und Ganzen immer die gleichen Arbeiter in meinem Team. Das ist allerdings nicht die Regel. Ich habe mich jeden Frühling sehr dafür eingesetzt, dass ich die gleichen Leute auf die Baustelle bekam. Für den Baufortschritt war das sehr gut, denn sie wussten, wie es hier oben läuft.

Das hohe Verkehrsaufkommen auf der Strasse zwischen Saanenmöser und Zweisimmen kann auch gefährlich werden. Wie sind Sie damit umgegangen?
Wir kennen die Arbeit mitten im fliessenden Verkehr. Dennoch kann die Routine durchaus gefährlich werden und jeder muss sich immer wieder disziplinieren, die Absperrungen zu beachten. Ich zum Beispiel habe mich immer am wechselseitigen Lärm orientiert. Wurde es still auf der Fahrbahn, hatte ich eine Ampelphase lang Zeit, um Maschinen oder Material etwas freier zu bewegen. War es ungewöhnlich lange still, war es meist ein Zeichen, dass mit der Ampelanlage etwas nicht stimmte. Das hatten wir in den letzten Jahren aber zum Glück nur sehr selten.

Die Verkehrsteilnehmer haben die Bauleute jeden Sommer offensichtlich wieder erkannt. War das andersrum auch so? Kannten Sie mit der Zeit denen einen oder anderen Lenker?
Ich selber nicht, da ich auf der gesamten Baustelle unterwegs war. Aber meine Arbeitskollegen grüssten tatsächlich mit der Zeit den einen oder anderen Autofahrer, der regelmässig die Baustelle passierte.

Erhielten Sie vielleicht auch mal Rückmeldungen von Verkehrsteilnehmern?
Ja, es kam nicht nur einmal vor, dass jemand mit Kuchen oder sonst einem Znüni für uns in der Baustelle Halt machte. Das hat uns jeweils extrem gefreut.


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote