RANDNOTIZ

  19.11.2021 Leserbeitrag

Von Rösti und Sonderbund

SONJA WOLF
«Die Rösti besteht hauptsächlich aus Kartoffeln.» Nicht etwa aus Karotten. Wie jetzt?? Das hätte ich nach zehn Jahren Leben (und Essen) in der Schweiz jetzt fast nicht geglaubt …! Aber Spass beiseite. Nach der Hauptzutat der Rösti wird im Einbürgerungstest für Ausländer tatsächlich gefragt. Es gibt auch andere sehr offensichtliche Fragen darin, die ich mit einem Schmunzeln zur Kenntnis nehme, mich aber ernsthaft frage: Wer kann in diesem schönen Land zehn Jahre lang leben – so viel ist Voraussetzung für die «ordentliche Einbürgerung» – und noch nicht erfahren haben, welche die vier Landessprachen sind? Oder dass wir keine gemeinsame Grenze mit Belgien haben? Amüsant fand ich auch die Frage, ob ich weiss, welche Kantone in unmittelbarer Nähe von meiner Wohngemeinde Château-d’Oex liegen. Das war eines meiner ersten Aha-Erlebnisse in der Schweiz, dass ich ins benachbarte Bulle fuhr und zu meinem Bedauern feststellen musste, dass dort die Geschäfte an jenem Tag geschlossen waren, weil sie dort kantonal andere Feiertage haben. Oder dass meine Familie in der Waadt frei hat, während ich in Gstaad schaffen gehe …

Doch genug geschmunzelt über die leichten Fragen. Die meisten anderen fallen dann doch eher in die Kategorie «anspruchsvoll» oder sind sogar sehr, sehr schwer. Und ich bin froh, dass mir eine didaktisch tipptopp aufbereitete Testvorbereitung online zur Verfügung gestellt wird. Darin werden die vier Themenbereiche Geografie, Geschichte, Politik und Soziales zuerst erklärt und im Anschluss daran darf man sich sogar auf die 40 Original-Testfragen zu jedem der Bereiche stürzen. Immer gleichermassen aufgeteilt in 16 gesamtschweizerische Fragen, 16 Waadt-spezifische Fragen und acht, die auf Château-d’Oex bezogen sind. Zugegebenermassen wusste ich über den Sonderbundskrieg tatsächlich noch gar nichts und auch das genaue Jahr des UNO-Beitritts der Schweiz war mir nicht geläufig. Und Ihnen?

Nein ehrlich: Ich lerne gerne für den Test. Das ist wirklich das Mindeste, was ich in diesem wunderbaren Land tun kann, das nach Stationen in Deutschland und Griechenland inzwischen zu meiner emotionalen Heimat geworden ist. Wo ich meine Kinder grossgezogen habe, eine erfüllende Arbeit ausüben darf und tolle Freunde gefunden habe (jetzt bin ich fast ein wenig gerührt!). Und wo ich nach Bestehen des Tests auch zu Wahlen und Abstimmungen gehen darf. Und mein Französisch und Schweizerdeutsch weiterverbessern werde! Apropos: Frage in der Rubrik «Soziales» in der Waadt-Version: Was ist «Schwyzerdütsch»? a) Eine kulinarische Spezialität, b) ein Berg, c) ein schweizerdeutscher Dialekt oder d) ein Sport? – Mol, das bring i häre, gloub i ;) ! [email protected]

 


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