Sachschaden von «locker 10’000 Franken»

  02.11.2021 Gstaad, Gesellschaft, Politik, Volkswirtschaft, Saanenland

Mutwillige Sachbeschädigungen wie Schmierereien und Zerstörungen an den Erlebniswegen und aufgeschlitzte Trampoline auf Spielplätzen: Nehmen Vandalenakte im Saanenland tendenziell zu?

KEREM S. MAURER
Es gibt Leute – beispielsweise bei Gstaad Saanenland Tourismus (GST) –, die mit grossem Engagement Infrastrukturen und Orte schaffen, wo sich Kinder mit Spielgeräten beschäftigen können, die sie zuhause nicht haben. Und es gibt Leute, die genau diese Infrastrukturen beschädigen, ohne sich womöglich bewusst zu sein, wie viel Schaden sie damit anrichten oder wen sie letztlich mit ihren Aktionen treffen. Vandalismusdelikte im Saanenland verursachen jährliche Sachschäden von mehreren Tausend Franken.

Spielplätze und Grillstellen oft betroffen
In jüngster Zeit gerieten Saanis Erlebniswege zwischen Saanenmöser und Schönried sowie zwischen Saanen und Gstaad ins Visier von Vandalen. Wie Michel Zysset, Leiter Infrastrukturen und Projekte beim GST, bekannt gibt, wurden entlang der besagten Wege Infotafeln entweder mit Schmierereien verunziert oder durch Steinwürfe beschädigt. «Als die ersten mutwilligen Beschädigungen erfolgten, waren die Wege noch nicht einmal fertiggestellt», zeigt sich Zysset betroffen. Doch nicht nur die Erlebniswege wurden in Mitleidenschaft gezogen, sondern auch Spielplätze und Grillstellen. Laut Zysset wurde ein Trampolin auf einem Spielplatz in Saanenmöser schon dreimal aufgeschlitzt. Und da hört für den GST- Projektleiter der Spass auf. «Bei einem zerschnittenen Trampolin ist die Sicherheit für die Nächsten, die es benutzen, nicht mehr gewährleistet», betont er. Dies könne zu schweren Unfällen führen. Spielplätze und Grillstellen seien exponierte Orte, die besonders oft unter Vandalenakten zu leiden hätten, weiss Zysset.

Grüne Plastikkuh auf der Eisbahn
In den letzten beiden Pandemiejahren hätten sich die Vorfälle gehäuft, bei denen Infrastrukturen des GST Ziel sinnloser Attacken geworden seien, erklärt Zysset. Eine Tendenz, die Andreas Zoppas, Fachleiter Sicherheit bei der Gemeinde Saanen, nicht grundsätzlich bestätigen kann. Zoppas weiss zwar von ausgerissenen Blumen und umgekippten Blumentöpfen auf der Promenade in Gstaad, von einem kleinen Holzhäuschen (beim Maison Lorenz Bach) für Kinder, das über Nacht die Strassenseite gewechselt hatte oder von einer grünen Plastikkuh, die plötzlich mitten auf der Eisbahn stand. «Solche Vorfälle sind ärgerlich», sagt Zoppas, doch er will nicht dramatisieren: «Das sind keine aussergewöhnlichen Vorkommnisse, solche Vorfälle hat es leider immer wieder gegeben». Ab und zu komme es zu einer Häufung von Vorfällen und dann gebe es wiederum Zeiten, in welchen es keine Sachbeschädigungen gebe. Aber eine generelle Zunahme von solchen Begebenheiten in den letzten Jahren könne er nicht feststellen. Doch auch er weiss von den eingangs erwähnten Beschädigungen entlang der Erlebniswege und bedauert diese sehr.

Keine Zunahme laut Kapo
Die Kantonspolizei (Kapo) Bern verweist auf die jährlich erscheinende Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS), in der Zahlen zu Straftaten kommuniziert werden. Die Kapo kann keine generelle Zunahme von Sachbeschädigungen im Saanenland (beschränkt auf die Gemeinde Saanen), feststellen. Dazu Kapo-Mediensprecherin Lena Zurbuchen auf Anfrage: «In den letzten Jahren gab es jährlich rund ein Dutzend Meldungen im Zusammenhang mit Vandalismus. Für das laufende Jahr ist aktuell keine signifikante Zunahme zu erwarten.» Allerdings habe man im ganzen Kanton Bern in den Jahren 2019 und 2020 eine Zunahme von Vandalendelikten festgestellt im Gegensatz zu den beiden Jahren davor, in denen entsprechende Delikte rückläufig waren. «Für dieses Jahr lässt sich momentan für den ganzen Kanton Bern – verglichen mit dem Vorjahr – tendenziell ein leichter Rückgang im Bereich der Vandalismusdelikte feststellen», hält Lena Zurbuchen fest, betont aber, dass statistisch belegte Aussagen erst mit der PKS im nächsten Jahr gemacht werden könnten. Zurbuchen weist darauf hin, dass es sich bei Sachbeschädigungen grundsätzlich um Antragsdelikte handle, die nur dann strafrechtlich verfolgt würden, wenn ein Strafantrag gestellt, beziehungsweise eine Anzeige eingereicht werde. Entsprechende Anzeigen könnten online via «Suisse ePolice» gemacht werden.

Langeweile oder Charakterschwäche?
Für Michel Zysset ist klar, dass Vandalismusdelikte angezeigt werden müssen. Wobei es ihm allerdings nicht darum geht, die Schuldigen an den Pranger zu stellen, sondern vielmehr darum, die Polizei auf die standortmässigen Schwerpunkte aufmerksam zu machen, damit diese vermehrt «ein Auge darauf» habe. Kapo-Sprecherin Lena Zurbuchen bestätigt, dass man diesbezüglich in regem Austausch mit den Gemeinden stehe und allfällige Schwerpunkte prüfe, was spezifische Massnahmen wie Patrouillenschwerpunkte an neuralgischen Orten zur Folge haben könne.

Zu den Gründen, warum Menschen zu mutwilliger Sachbeschädigung tendieren, kann Zysset nur spekulieren. «Möglich, dass es am fehlenden Nachtlebenangebot für die Jungen liegt», sagt er und mutmasst, dass die Täterinnen und Täter vielleicht aus Langeweile auf solch dumme Ideen kämen. Er betont aber in diesem Zusammenhang, dass es positive Initiativen seitens der Gemeinde betreffend Nachtleben gebe. Zysset vermutet, dass sich die Vandalen keine Gedanken darüber machen, was sie mit ihren Taten anrichten. «Die Initiativen für die Familien im Rahmen des Saanilands sollen dazu beitragen, den Standort Saanenland für Familien attraktiver zu machen. Somit sind die Delikte indirekt kontraproduktiv für die Täter selbst», ist er überzeugt. Er geht davon aus, dass die Vandalen keine Ahnung haben, welchen Aufwand sie für jene, welche die Sprayereien wieder entfernen müssen, provozieren. Ganz zu schweigen von den Kosten, die durch Vandalismus im Saanenland entstehen. Diese schätzt Zysset auf «locker 10’000 Franken jährlich».


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