Antworten werfen neue Fragen auf

  21.12.2021 Saanenland

«Was ist mit den Einsprachen passiert?» Das fragen sich viele Liegenschaftsbesitzer:innen im Saanenland. FDP-Grossrat Hans Schär hat dem Regierungsrat entsprechende Fragen gestellt. Mit den Antworten ist er nur bedingt zufrieden.

ANITA MOSER
Nach der Eröffnung der neuen Amtlichen Werte hagelte es Einsprachen, allein aus den drei Gemeinden Gsteig, Lauenen und Saanen gingen beim Kanton knapp 4000 Einsprachen ein, was Grossrat Hans Schär aus Schönried veranlasste, dem Regierungsrat im Rahmen einer sogenannten Anfrage drei Fragen zu stellen. Vor wenigen Tagen hat der Regierungsrat Antworten geliefert. Antworten, die weitere Fragen aufwerfen.
Frage 1: Wie viele Einsprachen oder wie viel Prozent der Einsprachen (nach Besichtigung, Augenschein vor Ort, persönlichen Gesprächen usw.) waren seit März 2021 Gegenstand einer Bewertung oder Verfügung?
Antwort des Regierungsrates: Von insgesamt 3914 Einsprachen (Gsteig, Lauenen, Saanen) wurden 826 Einsprachen (21 Prozent) erledigt.
Frage 2: Wurden Differenzierungen betreffend Mietwertkategorien, Verkehrslage, Nutzungsbeschränkungen usw. wie bei anderen Gemeinden berücksichtigt?
Antwort des Regierungsrates: Ja, alle Gemeinden wurden in diesen Punkten gemäss den kantonalen Schatzungsnormen bewertet.
Frage 3: Wird nach wie vor an der Neubewertung der Wohnungen in Bauernhäusern festgehalten, und wann ist damit zu rechnen, die Eröffnung der noch nicht bewerteten Liegenschaften zu erhalten?

Antwort des Regierungsrates: Die Allgemeine Neubewertung 2020 (AN20) betrifft nur die nichtlandwirtschaftlichen Teile (bspw. Wohnungen zusätzlich zur landwirtschaftlich bewerteten Betriebsleiterwohnung). Die landwirtschaftlichen Gebäudeteile werden ebenfalls separat nach der seit 1. April 2018 gültigen «Anleitung für die Schätzung des landwirtschaftlichen Ertragswertes» des Bundes neu bewertet. Aktuell (Stand 30. November 2021) wurden bereits für 89,5 Prozent aller Grundstücke (landwirtschaftliche und nichtlandwirtschaftliche) im Saanenland (Gsteig, Lauenen und Saanen) die neuen Amtlichen Werte verfügt. Die übrigen weisen Besonderheiten auf und werden nach deren Prüfung fortlaufend eröffnet.

Nur bedingt zufrieden
Hans Schär, Schönrieder Grossrat und als Baurechtnehmer selbst betroffen, ist nur bedingt zufrieden mit den Antworten. «Sie werfen eine Reihe weiterer Fragen auf.» Zum Beispiel, was es «erledigt» genau bedeute. Oder ob es durch die Schatzungskommission jeweils einen Augenschein vor Ort gegeben habe.

Hans Schärs Fazit fällt ernüchternd aus. Über 3000 Einsprachen seien noch immer hängig, «vermutlich nicht die einfachsten». Das habe auch Folgen für andere Bereiche. «Zum Beispiel kommt es dadurch zu Verzögerungen bei den Veranlagungen der Steuererklärungen.»

Eigenheiten und Besonderheiten zu wenig berücksichtigt
Da für die nicht betriebsnotwendigen Wohnungen in Bauernhäusern nach wie vor Neubewertungen vorgesehen seien, hoffe er, dass diese massvoll und korrekt ausfallen. Und dass jene, die bereits verfügt wurden, fair behandelt wurden.

Kritik übt Schär an den Schatzungsnormen. Wenn die kantonalen Schatzungsnormen in allen Gemeinden, zum Beispiel in Bern und Saanen, gleich angewendet worden seien, sollte auch in Saanen eine Differenzierung der Mietwertkategorie möglich sein, ist er überzeugt. In den Schatzungsnormen seien aber die Eigenheiten und Besonderheiten des Saanenlandes zu wenig berücksichtigt worden. «Wäre die Differenzierung wirklich berücksichtigt worden, müsste der Amtliche Wert tiefer ausgefallen sein, wenn auch nur wenig.»

«Und dass nach bald zwei Jahren immer noch rund zehn Prozent der Liegenschaften im Saanenland keine Neubewertung erhalten haben, beweist doch, dass die Schatzungsnormen nicht überall im Kanton anwendbar sind.»

Ob die kantonale Steuerverwaltung für die amtliche Neubewertung durch eine individuelle Schatzung vor Ort schneller zum Ziel kommen würde, sei sicher prüfenswert, so Schär.

Wie weiter?
Erledigt sei für ihn die Sache noch nicht, aber über weitere Schritte sei er sich noch nicht schlüssig, erklärt der Schönrieder. Zu viele Fragen seien noch offen, zu viele Einsprachen noch hängig. Aber man könne davon ausgehen, dass die ganze Situation viele Unzufriedene hinterlasse. Nicht alle könnten oder wollten sich ein zeitraubendes und teures Verfahren – womöglich mit Anwalt – leisten. «Einige werden wohl die Faust im Sack machen und die Kröte schlucken, andere das Verfahren weiterziehen», vermutet Hans Schär. Und wenn diese sich zusammentun und sich gemeinsam wehren? «Das wäre vielleicht eine Möglichkeit», meint Hans Schär. «Ich werde am Ball bleiben und auch mit den lokalen politischen Behörden das Gespräch suchen.»


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