Auch in Zukunft ambulante Kaiserschnitte im Spital Zweisimmen

  31.12.2021 Zweisimmen

Das Spital Zweisimmen kann weiterhin ambulante Kaiserschnitte durchführen. Das hat der Kanton Bern auf Basis einer Projektevaluation der Berner Fachhochschule entschieden. Seit zwei Jahren ermöglicht ein Pilotprojekt der Maternité Alpine und des Spitals Simmental-Thun-Saanenland AG den schwangeren Frauen der Bergregion, einen ambulanten Kaiserschnitt im Spital Zweisimmen durchführen zu lassen – trotz fehlender geburtshilflicher Abteilung. Dieses Angebot ist schweizweit einzigartig.

Im April 2015 wurde die geburtshilfliche Abteilung des Spitals Zweisimmen geschlossen. Damit stand den schwangeren Frauen aus der Region Simmental-Saanenland keine geburtshilfliche Grundversorgung in unmittelbarer Nähe mehr zur Verfügung. Sie mussten hierfür den Weg ins Spital nach Thun oder Frutigen auf sich nehmen, was im Sommer eine 45-minütige Autofahrt bedeutet und im Winter bei schwierigen Wetterverhältnissen ein Hindernis darstellen kann. Dies wiederum kann mit Stress und psychischer Belastung verknüpft sein und unter anderem ungeplante ausserklinische Geburten zur Folge haben. Umgekehrt ist bekannt, dass eine regional eingebettete Geburtshilfe den Familien die benötigte Sicherheit und Geborgenheit vermittelt und sich positiv auf den Verlauf der Geburten und des Wochenbetts auswirkt.

Innovatives Angebot für Frauen mit geplanter Sectio
Mit der Gründung des Geburtshauses Maternité Alpine im Jahr 2017 konnte die Versorgungslücke für schwangere Frauen aus der Region teilweise geschlossen werden. So konnten seither 289 Frauen mit unkomplizierten Schwangerschaften im Geburtshaus vor Ort gebären, weitere 160 Frauen verbrachten dort das Wochenbett. Aufgrund der Nähe des Geburtshauses zum Spital Zweisimmen initiierten die Genossenschaft Maternité Alpine sowie die ortsansässige Gynäkologin Nadine Kleinebekel die Idee, auch ein Angebot für Frauen mit einem geplanten Kaiserschnitt zu schaffen. Daraufhin wurden gemeinsam mit der Spital STS AG die Rahmenbedingungen ausgearbeitet. Im Jahr 2019 schliesslich bewilligte der Kanton Bern für zwei Jahre ein Pilotprojekt für die Durchführung geplanter ambulanter Kaiserschnitte im Spital Zweisimmen. Dabei werden die Frauen sechs bis acht Stunden nach der Operation in die 800 Meter entfernte Maternité Alpine verlegt und verbringen dort das Wochenbett. Bis anhin haben 19 Frauen von diesem Angebot Gebrauch gemacht.

Evaluation der Berner Fachhochschule zeigt klaren Nutzen für Familien
Für die Evaluation dieses in der Schweiz einzigartigen Projekts hat die Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion des Kantons Bern die Forschungsabteilung Geburtshilfe der Berner Fachhochschule beauftragt. Die Forschenden untersuchten die Sicherheit dieses Versorgungsmodells und die Zufriedenheit der Gebärenden, prüften die Qualitätssicherung und analysierten die gesundheitsökonomischen Aspekte. «Die Evaluation hat gezeigt, dass alle leistungserbringenden Institutionen hinter dem Modell stehen und dieses unter der Auflage der Sicherheit von Mutter und Kind anbieten können», begründet Pierre Alain Schnegg, Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektor des Kantons Bern, den Entscheid, das Projekt weiterzuführen. Das Modell zeige auch die vorbildliche Zusammenarbeit zwischen ambulanter und stationärer Versorgung zugunsten der gebärenden Frauen und ihren Familien auf. Als nächster Schritt muss für die geregelte Implementierung des Angebots ein modifiziertes Rahmenkonzept erarbeitet werden, welches auf den Erfahrungen aus dem Pilotprojekt basiert. Der Kanton hat das Mandat zur Begleitung der Erarbeitung wiederum der Berner Fachhochschule übertragen.

Gute Erfahrungen aus der Pilotphase
Anne Speiser, die Präsidentin der Genossenschaft Maternité Alpine, zeigt sich sehr erfreut über die zugesagte Implementierung des Angebots.

«Wir haben in der Pilotphase nur gute Erfahrungen gemacht. Die meisten Frauen, die das Angebot wahrnehmen, werden sowieso schon während der Schwangerschaft von Frau Dr. Kleinebekel betreut», erklärt sie auf Anfrage. Sie könnten mit der Hilfe ihrer Gynäkologin in Thun – dort ist sie Belegärztin – oder eben in Zweisimmen entbinden. «Für Zweisimmen spricht natürlich die geringe Distanz.» Die hiesigen Gebärenden blieben direkt in der Region, was die Besuche von den Familienangehörigen sehr erleichtere. Und auch ohne eine eigene geburtshilfliche Abteilung sei das Spital Zweisimmen bestens ausgerüstet, um einen ambulanten Kaiserschnitt durchführen zu können: Von Blutkonserven etwa über das Anästhesieteam bis hin zur Anwesenheit einer Neonatologin seien alle Kriterien erfüllt.

«Ohne unsere Partner wäre es nicht möglich gewesen, dieses Pilotprojekt so auszuführen. Insbesondere Dr. Kleinebekel, dem Anästhesieteam des Spitals Zweisimmen und nicht zuletzt Regierungsrat Pierre Alain Schnegg gebührt spezieller Dank. Durch dieses Pilotprojekt haben wir eine Vorreiterrolle eingenommen. Vielleicht möchten jetzt auch andere Berggebiete oder ländliche Gebiete etwas Ähnliches ausprobieren.», hofft Präsidentin Speiser.

PD/SONJA WOLF


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