Liegenschaftsbesitzer müssen noch mehr Steuern bezahlen

  28.12.2021 Kanton

Das Bundesgericht hat die Beschwerde gegen die Regelung des Kantons Bern zur Festsetzung der amtlichen Werte von nichtlandwirtschaftlichen Grundstücken gutgeheissen. Die fragliche Bestimmung, die als Ziel für die amtlichen Werte einen Medianwert im Bereich von 70 Prozent der Verkehrswerte anstrebt, verstosse gegen das Steuerharmonisierungsgesetz und könne auch nicht bundesrechtskonform umgesetzt werden, begründet das Bundesgericht und hebt die fragliche Bestimmung auf.

Der Grosse Rat des Kantons Bern verabschiedete 2017 das Dekret über die allgemeine Neubewertung der nichtlandwirtschaftlichen Grundstücke und Wasserkräfte (Dekret). Darin wurde festgelegt, dass für die Festsetzung der amtlichen Werte als Zielwert ein Median im Bereich von 70 Prozent der Verkehrswerte anzustreben sei (Median, auch Zentralwert genannt: eine Hälfte der Werte liegt darunter, die andere darüber). Das Bundesgericht hiess 2019 eine Beschwerde gegen die fragliche Bestimmung gut. Es begründete dies im Wesentlichen damit, dass ein Dekret des Grossen Rates einer klaren Ermächtigung seitens des Gesetzgebers bedürfe; deren Fehlen stelle einen Verstoss gegen das Prinzip der Gewaltenteilung dar. In der Folge verabschiedete der Grosse Rat 2020 eine entsprechende Grundlage im kantonalen Steuergesetz. Zudem fügte er den bereits bisher im Steuergesetz enthaltenen Bewertungskriterien das Kriterium der «Berücksichtigung der Belastung durch die Liegenschaftssteuer» hinzu. Im Dekret wurde sodann wiederum der Absatz eingefügt, dass für die Festsetzung der amtlichen Werte ein Ziel-Medianwert im Bereich von 70 Prozent der Verkehrswerte anzustreben sei.

Das Bundesgericht hiess die dagegen erhobene Beschwerde einer Privatperson an seiner öffentlichen Beratung vom vergangenen Dienstag gut und hebt die fragliche Bestimmung des Dekrets auf.

Mit der Anpassung des Berner Steuergesetzes habe der Grosse Rat nunmehr eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Festsetzung eines Ziel-Medianwerts per Dekret geschaffen. Die angefochtene Regelung, wonach als Zielwert für die amtlichen Werte ein Median im Bereich von 70 Prozent der Verkehrswerte angestrebt wird, verstosse indessen gegen Bundesrecht und könne auch nicht bundesrechtskonform umgesetzt werden. Gemäss dem Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (Steuerharmonisierungsgesetz) und aufgrund des Rechtsgleichheitsgebots sei es unzulässig, eine deutlich unter dem Marktwert liegende amtliche Bewertung von unbeweglichem Vermögen anzustreben.

Das Bundesgericht habe es in der Vergangenheit als bundesrechtswidrig erachtet, wenn der Steuerwert auf 70 Prozent des Verkehrswerts festgelegt werde. Selbst unter Berücksichtigung des den Kantonen zustehenden Spielraums garantiere auch ein Medianwert von 70 Prozent der Verkehrswerte keine bundesrechtskonforme Bewertung. Daran ändere der Umstand nichts, dass nach dem Willen des bernischen Gesetzgebers bei der Festsetzung des amtlichen Werts die Liegenschaftssteuer einbezogen werden soll. Die Erhebung der Liegenschaftssteuer durch die Gemeinden sei im Kanton Bern fakultativ. Sodann stelle die Mitberücksichtigung der Liegenschaftssteuer beim amtlichen Wert mit Blick auf das Steuerharmonisierungsgesetz ein sachfremdes Kriterium dar. «Die Kantone sind nicht frei, diesbezüglich zusätzliche Vorgaben zu machen», schreibt das Bundesgericht. Die Liegenschaftssteuer könne im Kanton Bern steuerlich bereits bei den Unterhaltskosten abgezogen werden, wodurch sich die Einkommenssteuer reduziere.

Weiteres Vorgehen noch offen
Im Moment sei das weitere Vorgehen noch offen, schreibt die Medienstelle der Finanzdirektion auf Anfrage. «Zur Klärung muss die schriftliche Begründung des Bundesgerichtsurteils abgewartet und analysiert werden.»

Keinen wesentlichen Einfluss auf die Situation im Saanenland
Auch wenn die Liegenschaftssteuer nun möglicherweise noch etwas höher ausfalle, habe der Bundesgerichtsentscheid nur einen kleinen Einfluss auf die Situation im Saanenland respektive auf seine Interventionen beim Regierungsrat, betont Grossrat Hans Schär. «Eine generelle Erhöhung mit Faktor 2,5 bis 3 ist weder korrekt noch massvoll.» Der Schönrieder setzt sich mit Nachdruck für eine differenzierte Neubewertung der Liegenschaften ein (wir haben berichtet). «Die Schatzungsnormen werden durch den Gerichtsentscheid nicht tangiert.» In den Schatzungsnormen seien die Eigenheiten und Besonderheiten des Saanenlands zu wenig berücksichtigt, so Schär.

PD/ANITA MOSER


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