Preiserhöhung wegen teurem Strom?

  10.12.2021 Wirtschaft

Der Strompreis für Grossunternehmen ist sechs Mal höher als normal. Direkte Auswirkungen sind im kommenden Jahr absehbar: Die Skitickets werden voraussichtlich teurer.

BLANCA BURRI
Die Gründe für die hohen Strompreise auf dem tagesaktuellen Markt sind vielfältig, ist von der Medienstelle der BKW zu erfahren. Die Nachfrage ist hoch und das Angebot klein. Im Norden wehte der Wind weniger stark als gewöhnlich: Die Windradrotoren standen still, statt Strom zu produzieren. Auch die Solarenergie konnte wegen des regnerischen Sommers nicht ausgeschöpft werden. Der Ausstieg aus der Atomenergie trägt nicht zu mehr Strom bei. Die Produktionskapazität von Gas und Öl wurde nicht hochgefahren. «Nicht zuletzt haben die gestiegenen CO2-Abgaben dazu geführt, dass die Produktion von Strom verteuert wurde», zeigt die BKW die Konsequenzen auf. Da sich die Wirtschaft nach dem Corona-Jahr 2020 wieder erholt habe, sei zudem die Nachfrage nach Energie gestiegen.

Sportzentrum wenig betroffen
Viele Grossunternehmen kaufen ihren Strom mehrere Jahre im Voraus ein und fixieren Menge und Preise vertraglich. «Wir haben den Strom für die kommenden zwei Jahre eingekauft», erklärt Ruedi Kunz vom Sportzentrum Gstaad. Er sei ein wenig teurer als in der Vergangenheit, jedoch nicht dramatisch. «Wir erwarten, dass sich unsere Energiekosten in einem ähnlichen Rahmen bewegen wie in den Vorjahren», sagt er und begründet dies mit betrieblichen und technische Optimierungen, die zu einem geringeren Stromverbrauch führen sollen.

Bergbahnen stark betroffen
Anders sieht es bei den Bergbahnen aus. Die Bergbahnen Destination Gstaad AG (BDG) rechnet diesen Winter mit rund einer Million Franken mehr Stromkosten. Zwar kaufte das Transportunternehmen rund einen Drittel des jährlichen Strombedarfs bis 2024 vorgängig zu Preisen von 6,5 bis 8,3 Rappen pro Kilowattstunde ein, dennoch müssen die restlichen zwei Drittel auf dem Spotmarkt oder zum Normaltarif beschafft werden. «Wir können nur den Strom für den Bahnbetrieb als Grossverbraucher strukturiert im Voraus beschaffen», erklärt BDG-Finanzchef Sandro Karlen. Das sind rund vier Millionen Kilowattstunden. Für den alltäglichen Gebrauch in den Büros, Gastronomiebetrieben, Werkstätten etc. bezieht das Unternehmen zweieinhalb Millionen Kilowattstunden zum Normaltarif des jeweiligen Elektrizitätswerks als Kleinverbraucher. Ungefähr fünf Millionen Kilowattstunden benötigt die Beschneiung. Diese Elektrizität muss auf dem Spotmarkt bezogen werden, dies weil die Spitzenlasten extrem volatil sind. Daher war ein Einkauf über das Termingeschäft im Voraus bisher nicht lukrativ bzw. gar nicht möglich. Deshalb ist das Bahnunternehmen mit der Strategie, Strom auf dem Spotmarkt einzukaufen, sehr gut gefahren.

Voraussichtlich eine Million Franken Mehrkosten
Die gesamten Energiekosten pendelten sich mit durchschnittlich 7 Rappen pro Kilowattstunde (exklusive Netznutzungskosten und Abgaben) bei rund zwei Millionen Franken jährlich ein. Seit diesem Oktober sind die Spotpreise jedoch so stark in die Höhe geschossen, dass sie momentan je nach Tageszeit zwischen 18 und 45 Rappen pro Kilowattstunde liegen. Das ist rund drei- bis achtmal höher als gewöhnlich. Deshalb rechnet Sandro Karlen in diesem Geschäftsjahr mit Mehrkosten von rund einer Million Franken.

Strombedarf der Beschneiung volatil
Könnte das Unternehmen den ganzen Bedarf im Voraus beziehen? Matthias In-Albon verneint. Der Strombedarf der technische Beschneiung sei sehr volatil. «Es wird in kurzen Intervallen bei kalten Temperaturen sehr viel Strom benötigt», führt er aus. «Das Lastenprofil unserer Beschneiung ist für eine vorgängige Beschaffung für den Stromlieferanten sehr unattraktiv.» Die Beschneiung sei zudem schlecht planbar. «Da wir nicht wissen, wann es genug Wasser hat und wann die Temperaturen kalt genug für die Beschneiung sind, ist es schwer möglich, den Strom vorgängig genau zu beziffern.» Denn der bestellte Strom müsse dann in einem bestimmten Intervall auch bezogen werden. Als Beispiel nennt In-Albon den diesjährigen November. «Zwar war es manchmal genügend kalt, aber es war zu trocken. Deshalb führte die Saane zu wenig Wasser.» Zur Erklärung: Das Wasser aus der Saane wird vorzugsweise bei tiefen Strompreisen in den Speichersee auf den Hornberg gepumpt. Der Wasserstand war so tief, dass die Pumpen aber nur im Teilbetrieb oder nicht liefen.

«Eine Speicherseefüllung reicht gerade mal für zwei Tage Schneeerzeugung», zeigt der Bergbahnenchef auf. Überhaupt sei der Speichersee viel zu klein. «Es braucht auf dem Hornberg dringend einen grösseren Speichersee, als Puffer und auch als Abkühlbecken», betont er. Dieser ist im Masterplan Horneggli in der dazugehörigen Überbauungsordnung vorgesehen.

Beschneiung trotz Naturschnee nötig
Bei den aktuell herrlichen Schneeverhältnissen braucht es keine technische Beschneiung, könnte man meinen. Auch hier klärt der CEO auf: «Der Naturschnee reicht für eine gute Piste längst nicht aus.» Das Präparieren von steilen Hängen sei nicht einzig mit Naturschnee möglich. Deshalb produziert die BDG im Moment so viel Kunstschnee wie nötig. Mittels einer Schneehöhesoftware werden Schneemengen pro Pistenabschnitt genau gemessen. Daher wisse man genau, wo es noch wie viel Schnee brauche. Sind die Kunstpisten einmal präpariert, halten sie in der Regel die ganze Saison lang. Nur an Problemstellen wird nachbeschneit.

Preiserhöhung auf Winter 2022/2023
Wegen der hohen Stromkosten bleibt dem Unternehmen also nichts anderes übrig, als in den sauren Apfel zu beissen und die hohen Strompreise zu bezahlen. Das hat auch Auswirkungen auf die Skitickets des Winters 2022/2023: «Bleiben die Stromkosten auf diesem hohen Niveau, rechnen wir mit einer Preiserhöhung. Die Tageskarten könnten im kommenden Winter rund zwei Franken und die einheimischen Saisonkarten rund 50 Franken teurer werden», prognostiziert Sandro Karlen.

Schwierige Prognosen
Ob die Strompreise dauerhaft teuerer bleiben, sei schwierig abzuschätzen, sagt die BKW: «Eine Prognose ist schwierig.» Der Markt rechne damit, dass sich die Preise etwa ab dem zweiten Quartal 2022 wieder normalisieren werden. Das Niveau dürfte aber anhaltend höher bleiben als die Tiefstwerte im Frühjahr 2020. Und für die Privatkunden? «Bei der BKW sind die Auswirkungen gering», beruhigt der Grosskonzern. Die Tarife würden sich weitgehend nach den Gestehungskosten der Wasserkraftwerke richten.


SPOTMARK T

Der Spotmarkt dient als Handelsplatz für kurzfristig lieferbaren Strom innerhalb von ein bis zwei Tagen, während auf dem Terminmarkt längerfristige Lieferverträge mit einer Vorlaufzeit von bis zu sechs Jahren geschlossen werden.

 


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