Remo Casagranda in der Galerie «Mon jardin secret» in Château-d’Oex

  07.01.2022 Region

Der seit langen Jahren in Saanen lebende Remo Casagranda reiht sich in eine lange Ahnenreihe von Volkskünstlern im Saanenland und dem Pays-d’Enhaut ein. Zu nennen sind hier Scherenschnittkünstler wie Johann Jakob Hauswirth (1809–1871), Louis David Saugy (1871–1953) oder die Holzbildschnitzer Perreten.

Bereits vor der Pandemie hatte Remo Casagranda begonnen, Vögel aller Art, Bären mit Jungtieren, Mäuse, Käfer, Schweine, Hunde und Katzen zu formen. Während der Pandemie fuhr er damit fort: Es sei seine beste Medizin, um die schlechten Ideen zu vertreiben, die uns in dieser nicht einfachen Zeit auflauern! Die Freude am Gestalten hat seinem Leben eine neue Dimension verliehen und wurde sogar zur Leidenschaft.

Das Material, mit dem Remo Casagranda zumeist arbeitet, ist die weisse schamottierte Tonerde, die sich von der üblichen Tonerde durch eine etwas rauere Griffigkeit unterscheidet. Doch auch sie wird im Ofen gebrannt und mit Farbglasur überzogen. Die Kunst, die aus dem Volk kommt, eben die Volkskunst, ist heute im Begriff der «populären Kulturen» eingebettet. Es ist eine Kunst, deren Schaffung einem inneren Bedürfnis entspricht, ohne dass aber der Volkskünstler eine akademische Beeinflussung erfahren würde. Genau dies kommt in den Werken von Remo Casagranda zum Tragen. «Ich muss immer etwas tun», sagt er zu seiner Motivation. Entstanden aus diesem inneren Drang ist eine Vielfalt von Kreaturen: Vögel insbesondere, wobei er sich dabei vor allem an die einheimische Fauna hält. Doch finden wir auch bei ihm sogar einen Wellensittich. Es ist dieses Hineinnehmen des Humoristischen, welches den Werken von Remo Casagranda einen besonderen Charme verleiht. Die Katze lauert den Mäusen auf, die gerade in einem Mäusechor ihr Bestes von sich geben. Der Agastarenvogel, ein «Ägerst» blickt den Betrachter eindringlich an, vier Vögel, von denen wir die Gattung nicht eindeutig ausmachen können, sind um ein Futterschälchen versammelt. Für die jetzige Weihnachtszeit hat Remo Casagranda sogar eine Krippe geschaffen, in seiner Art, mit einem besonderen Christkindlein in der Krippe.

Insbesondere in den 20er-Jahren des 20. Jahrhunderts war die Frage nach dem Wesen der Volkskunst gestellt worden. Fragen wir heute danach, so hilft uns dies zum besseren Verständnis der Werke von Remo Casagranda. Es ist das Hineinversenken in eine Aufgabe, das Formen eines Materials, das mit einer solchen Innigkeit geschieht, dass die Welt rundherum vergessen wird. Dieses Hineinversenken, diese totale Hingabe, führt zu Werken, die einen besonderen Ausdruck, eine besondere Ausstrahlung besitzen. Wir lassen uns von ihnen verführen und vergessen die Frage nach der Hochkunst. Niedere Kunst, hohe Kunst sind in gewissen Momenten Kategorien, die ihre Wichtigkeit verlieren. So auch im Fall von Remo Casagranda. (Siehe Inserat)

BARBARA VON ORELLI

Verkaufsausstellung jeweils am Montag, Donnerstag, Freitag und Samstag von 10 bis 18 Uhr; Galerie «Mon jardin secret», Grand Rue 76, Château-d’Oex.


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