50 Ukrainische Waisenkinder in Gstaad

  29.04.2022 Gstaad

Seit letztem Wochenende sind in Gstaad 50 Waisenkinder vorübergehend untergebracht. Für ihre Betreuung sorgten sowohl die mitgereisten Betreuerinnen als auch die Stiftung Zugang B. Eine grosse Herausforderung bildet das Recht auf Schulbildung der Mädchen und Buben im volksschulpflichtigen Alter.

KEREM S. MAURER
«Nur zwei Tage bevor die 50 Waisenkinder aus dem Zentrum für soziale und psychologische Rehabilitation in Kramatorsk (Donbassregion, Ostukraine) in Gstaad eintrafen, erfolgte die offizielle Mitteilung des Kantons an die Gemeinde Saanen», erklärt Saanens Verwaltungsdirektor Roman Gimmel. Danach ging alles sehr schnell. Bereits am Samstag erreichten die elternlosen ukrainischen Kinder das Saanenland, wo sie von Gemeinderätin Petra Schläppi und der Frau des ukrainischen Botschafters empfangen wurden. Laut Gundekar Giebel, Leiter Kommunikation bei der Gesundheits-, Sozial und Integrationsdirektion (GSI) des Kantons Bern, kamen die Kinder «aufgrund der Initiative einer Privatperson nach Gstaad».

Anschlusslösung möglichst in der gleichen Region
Von den 50 Kindern sind 21 im Alter zwischen drei und sieben Jahren, 25 zwischen acht und zwölf und 4 zwischen dreizehn und sechzehn. Mit ihnen reisten sieben Betreuungspersonen an, die selber noch sieben eigene Kinder mitbrachten. Für die insgesamt 64 Personen schaffte die Gemeinde Saanen zusammen mit der Stiftung Zugang B, die sich um die Betreuung der Waisenkinder vor Ort kümmert, im Rahmen einer Zwischenlösung die nötige Infrastruktur. Eine Zwischenlösung deshalb, weil die entsprechende Lokalität ab Mitte Dezember anderweitig genutzt wird. Was geschieht danach mit den Kindern und ihren Betreuerinnen? «In der Zeit bis dahin müssen wir schauen, was für eine Anschlusslösung es gibt – wenn es eine solche dann noch braucht», sagt Lukas Zürcher, Co-Geschäftsführer der Stiftung Zugang B, auf Anfrage. Es komme darauf an, wie sich die Situation in der Ukraine entwickle. Dazu noch einmal Gundekar Giebel: «Eine alternative Unterkunft sollte möglichst in der gleichen Region sein. Wir freuen uns über entsprechende Hinweise.»

Herausforderung Schulpflicht
Die Frage nach der Anschlusslösung in Sachen Unterkunft ist nicht die einzige Herausforderung, die sich im Zusammenhang mit den Waisenkindern stellt. Einer kurzfristigeren Lösung bedarf es aus schulischer Sicht. Alle in der Schweiz wohnhaften Kinder im Volksschulalter haben nicht nur das Recht auf Schulbildung, sondern unterliegen auch der Schulpflicht. «Glücklicherweise dauern die Frühlingsferien noch bis 9. Mai. Das verschafft uns etwas Luft», sagt Roman Gimmel. Wie könnten diese Lösungen denn aussehen? Lukas Zürcher nennt zwei mögliche Szenarien: Einerseits bestehe die Möglichkeit, sogenannte Willkommensklassen zu bilden, in denen die ukrainischen Kinder unter sich bleiben und in ihrer Sprache unterrichtet werden. Da stellt sich die Frage, woher man die entsprechenden Lehrpersonen nimmt. Eine andere Möglichkeit wäre, die ukrainischen Kinder auf die bestehenden Volksschulklassen zu verteilen. In diesem Fall müssten die Ukrainer:innen aber schnellstmöglich Deutsch lernen. Dazu Roman Gimmel: «Wir sind derzeit mit Schulinspektorat, Schulleitung, Fachstelle Bildung und Soziales und Zugang B dran, eine geeignete Lösung zu finden. Ob wir das bis zum 9. Mai schaffen, ist allerdings unklar.»

Wie kann man helfen?
Offenbar ist der Wunsch in der Bevölkerung, den aufgenommenen Waisenkindern im Saanenland zu helfen, gross. Die Gemeinde Saanen und die Stiftung B danken in einer gemeinsamen Mitteilung der Bevölkerung für die zahlreichen Anfragen und Hilfsangebote. Die Bevölkerung wird gebeten, momentan auf Sachspenden wie Kleider, Spielsachen und Nahrungsmittel zu verzichten und stattdessen professionelle Hilfsorganisationen zu unterstützen. «Der spezifische Unterstützungsbedarf für die geflüchteten Kinder in Gstaad wird der lokalen Bevölkerung mitgeteilt, sobald er erhoben werden konnte», heisst es dazu in der entsprechenden Mitteilung.


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