Chalet Naegeli ist wieder kultureller Treffpunkt

  21.12.2021 Gstaad

Im ehemaligen Fotoatelier von Jacques Naegeli an der Promenade befinden sich neu die Galerie Studio Naegeli – und eine Künstlerresidenz. Der fotografische Nachlass wird weiter aufgearbeitet.

BLANCA BURRI
Die Berner Kunstszene traf sich am vergangenen Freitagabend in der Promenade von Gstaad. Dort öffnete die neue Galerie Studio Naegeli seine Türen und empfing die zahlreichen Gäste in den renovierten Räumen. Gastgeber waren Anna Högl-Fatyanova und ihr Ehemann Christian Högl. Er ist der Urenkel von Jacques Naegeli (1885 bis 1971), Fotograf und Dokumentalist von Gstaad, dem das Haus gehört hatte. Sein unentbehrliches Fotoarchiv befindet sich ebenfalls im Haus. Ein Teil wurde bereits 2014 im Naegeli-Buch veröffentlicht. «Den weiteren fotografischen Nachlass werden wir mit der Schweizerischen Nationalbibliothek aufarbeiten», versprach Christian Högl.

Galerie für zeitgenössische Kunst
Aus dem ehemaligen Geschäfts- und Banklokal ist eine Galerie für zeitgenössische Kunst entstanden, die einem Whiteroom gleicht. Die weiss gestrichenen Wände und Böden lassen viel Spielraum für eigene Gedanken und Überlegungen zu. Sie kontrastieren mit der rohen Decke, die Einblick ins Innenleben es alten Chalets gibt.

Mit der Ausstellung «Loop» des Kölner Künstlers und Musikers Wolfgang Voigt feierte das Studio Naegeli seine Eröffnung. Der quirlige Künstler war selbst anwesend und stellte seine Bilder sogar im ehemaligen Tresor im Untergeschoss mit dicker Sicherheitstür aus. Sympathisch trat er mit dem Publikum in Kontakt. Er erklärte, wie er in seinen Werken die physische und virtuelle Welt verbindet und damit Irritationen und Widersprüche provoziert. Sein musikalisches wie bildnerisches Schaffen zeichnet sich durch den variierenden Verlauf der Repetition aus: auf bearbeiteten Fotografien, Malereien und Videos. Er vergleicht seine Werke gerne mit Pop-Artist Andy Warhol: «Ich interessiere mich wie Warhol für Repetition, Minimalisierung, Leichtigkeit und Entertainement.» Bei seinen Bühnenshows kombiniert Voigt seine elektrische Musik mit übergrossen Bildprojektionen in Endlosschlaufe und erzeugt damit einen psychedelischen Effekt aufs Publikum.

Bern, Köln, Russland, Gstaad
Das Ehepaar Högl pendelt zwischen verschiedenen Ländern und Städten. Christian Högl betreibt in Bern gemeinsam mit dem unabhängigen Buchverlag Edition Taberna Kritika die Galerie Dreiviertel. Christian Högl ist ursprünglich Schreiner, arbeitet aber heute neben der Kunst in der IT. Für ihn ist die Eröffnung der Kunstgalerie in Gstaad ein besonderer Schritt. «Was würde mein Urgrossvater denken, wenn er wüsste, dass aus seinem Fotoatelier ein kultureller Treffpunkt wird?» Denn künftig soll im Chalet Naegeli vermehrt Kunst entstehen. Hierfür wird internationalen Künstlern eine kleine Wohnung zur Verfügung gestellt werden, wo sie arbeiten und leben können. Damit möchte das Ehepaar Högl an die Tradition des Urgrossvaters anknüpfen, der im Chalet seine Fotografien entwickelt hatte. Dass die Wiedereröffnung gerade aufs 50. Todesjahr von Jacques Naegeli fällt, berührt den Urenkel.

Kunst und Kommerz
Aus dem Studio Naegeli soll ein lebendiger Platz werden, wie dem Enthusiasmus und Ideenreichtum der Kuratorin Anna Högl-Fatyanova zu entnehmen ist. Neben Ausstellungen sollen auch Talks und weitere Veranstaltungen stattfinden. «Unser Fokus liegt auf der bildenden Kunst», sagt sie. Das Interesse falle aber auch auf Schnittstellen zwischen Kunst und Architektur, Kunst und Wissenschaft sowie Kunst und Design. Deshalb gibt es eine Zusammenarbeit mit dem Schweizer Unternehmen Röthlisberger, das unabhängig von der Firma Röthlisberger in Saanen in der vierten Generation geführt wird. Die innovativen Möbel der Schreinerei werden im Studio Naegeli ausgestellt und können dort erworben werden. Das Kleidergeschäft Blue Bank in der rechten Haushälfte bleibt weiterhin bestehen.


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