Der Wolf ist im Saanenland angekommen

  03.09.2021 Saanenland, Volkswirtschaft, Tourismus, Saanenland, Natur, Saanen

Seit Dezember 2020 ist der Wolf im Saanenland ansässig, das zeigen Daten von der Stiftung für Raubtierökologie und Wildtiermanagement, Kora, und vom Geoportal der Wirtschafts-, Energie- und Umweltdirektion des Kantons Bern.

BLANCA BURRI
Im vergangenen Dezember wurde M159, das im Saanenland bestätigte Wolfmännchen, in Lauenen (Inneri Tüffi) erstmals gesichtet. Seither zeigt sich der Wolf in regelmässigen Abständen. Vorläufiger Höhepunkt ist die Wolfssichtung im Gebiet Gärsteren in Saanen. In Dorfnähe beobachteten Bewohner, wie er eine Hirschkuh jagte. Inzwischen gibt es einen ersten bestätigten Riss im Stübleni zwischen Lauenen und Lenk. Das alles ist auf dem Geoportal des Kantons Bern zu sehen, wo die Wolfssichtungen und die Ereignisse eingetragen sind.

Nicht mehr auf Durchwanderung
Dass Wölfe im Saanenland gesichtet werden, ist keine Neuheit. Seit Jahren durchqueren es Jungwölfe auf der Suche nach einem geeigneten Revier. Neu ist, dass ein Tier sich im Grossraum Saanenland wohlfühlt und es als sein Revier betrachtet. «Wenn ein Jungwolf ein Jahr lang im selben Gebiet bleibt, verlässt er es in der Regel nicht mehr», bestätigt Wolfsexperte Ralph Manz von der Kora. Zwar lebt M159 nachgewiesenermassen erst acht Monate lang im Gebiet zwischen Saanenmöser, Etivaz, Gsteig und Lenk, doch die Erfahrungen zeigten, dass sich der Wolf ansiedle. Es mache keinen Unterschied, ob dereinst ein Paarungspartner auftauche oder nicht. «Interessant wird sein, ob der Wolf im Winter im Gebiet bleibt oder wieder abwandert», so Manz. Mit grosser Wahrscheinlichkeit handle es sich um einen abwandernden Jungwolf. Sie verlassen das Familienrudel im Alter von 10 bis 22 Monaten, sobald der neue Wurf im Zeitraum zwischen April und Mai auf die Welt kommt. Ralph Manz: «Aus welchem Rudel M159 stammt, ist unbekannt.»

Jungwölfe sind zutraulicher als erwachsene
In den vergangenen dreissig Jahren hat sich der Wolf in den Alpen von Italien her kommend wieder angesiedelt. In Ostdeutschland haben sich Wölfe aus Polen niedergelassen und Rudel gebildet. In der gesamten Zeitspanne sei es in Mitteleuropa nie zu gefährlichen Situationen für Menschen gekommen, sagt der Wolfsexperte. Der Wolf habe sich längst an den Menschen gewöhnt. Er zeige sich vor allem von der Abend- bis zur Morgendämmerung. Trotzdem hebt Ralph Manz den Zeigefinger: «Wölfe sind grosse, wehrhafte Tiere wie Steinböcke, Hirsche und Wildschweine.» Man müsse sie respektieren und ihnen ausweichen, wenn man ihnen begegne.

Zudem steht auf der Website von Kora, dass jüngere Wölfe neugieriger seien als erwachsene Tiere. So erklärt sich auch die Wolfssichtung am Rand oder inmitten der Dörfer Saanen und Feutersoey (2. Mai und 6. Juli 2021). Begünstigt werden Wolfssichtungen in Dorfnähe, wenn die Beutetiere im Winter ins Tal wechseln. «Der Wolf jagt eben dort, wo sich das Beutetier aufhält.» Deshalb könne es vorkommen, dass man vom Küchenfenster aus eine Jagd beobachten könne. Ralph Manz betont jedoch: «Der Mensch ist kein Beutetier des Wolfes, deshalb besteht für ihn keine Gefahr.»

Speiseplan des Wolfes
Der Wolf ist in seiner Nahrungswahl extrem anpassungsfähig. Seine natürliche Nahrung besteht in unseren Regionen aus mittelgrossen, wild lebenden Schalentieren wie Reh- und Rotwild. Wölfe fressen aber auch Aas, Beeren, Früchte und Kleinsäuger – und eben auch (unbeaufsichtigte) Nutztiere, wie das Beispiel in Lauenen zeigt. Hundeführer sollten ihre Tiere bei Wanderungen jedoch in der Nähe behalten, damit diese im Falle eines Wolfkontaktes keinen Schaden nehmen. Da der Wolf einen Hund als Eindringling in seinem Revier sehen oder für ein Beutetier halten könnte, empfiehlt Ralph Manz sogar, ihn an die Leine zu nehmen. «Da Hunde gelegentlich Wildtiere jagen und töten, empfiehlt sich die Leinenpflicht sowieso», ergänzt er.

Geoportal: https://tinyurl.com/39a53t9z


RICHTIGES VERHALTEN, WENN SIE EINEM WOLF BEGEGNEN

– Bleiben Sie ruhig stehen.
– Gehen Sie langsam rückwärts und vergrössern Sie so die Distanz zum Tier.
– Machen Sie laut auf sich aufmerksam.
– Falls der Wolf Ihnen wider Erwarten folgt, schreien Sie ihn an, machen Sie sich gross und werfen Sie notfalls mit einem Gegenstand nach ihm.
– Hunde sind an der Leine zu führen. Sie können als Eindringlinge oder Beutetiere angesehen werden.
– Füttern Sie Wölfe niemals! Auch nicht für ein Foto!
– Melden Sie Wolfshinweise wie Sichtungen, Fotos, Spuren, Risse, wenn möglich mit Foto.

Meldungen: Kora, Tel. 031 951 70 40, [email protected] Quelle: www.club-arc-alpin.eu und www.kora.ch


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