E-Tandem begeistert Betagte und Menschen mit Beeinträchtigung

  20.08.2021 Saanen

Der Seniorenrat Saanenland und der Frauenverein Saanen schenken Freude. Sie hatten die Idee und die Finanzen für die Anschaffung eines E-Tandems für Betagte und Menschen mit Beeinträchtigung. Die Alpenruhe übernimmt die Koordination.

BLANCA BURRI
Seit wenigen Monaten kurvt ein E-Tandem mit drei Rädern durch das Saanenland. Ein freiwilliger Begleiter radelt den Fahrgast mit wenig Energieaufwand durch die Natur und die Dörfer der Region. Die Passagiere haben den Fahrtwind im Haar und weil sie vorne sitzen, das Gefühl, sie radelten selbst. «Die Freude ist ehrlich und kommt aus tiefstem Herzen», benennt Christian Steudler, Präsident des Seniorenrates Saanenland, die Reaktion aller, die er bisher transportiert hat. «Viele lieben es, mitten ins Dorfleben einzutauchen, gerade auch, wenn an einem Grossanlass wie am Tennisturnier viel los ist und sie Teil des bunten Treibens werden.» Ganz unauffällig ist das graue Tandem mit der orangen Beschriftung nicht. «Wir werden oft angesprochen, das gefällt den meisten Fahrgästen», meint Steudler, dessen ganze Familie ein wenig veloverrückt ist. Die Familie seiner Tochter hat bereits zweimal einen Etappenstopp für die Tour de Suisse im Saanenland organisiert.

Wenn zwei dieselbe Idee haben
Doch beginnen wir die Geschichte von vorne, bei der Idee: «Es gibt viele fahrradbegeisterte Senioren und Menschen mit Unterstützungsbedarf, die selbst nicht mehr fahren können», zeigt Christian Steudler auf. Also verfolgte er die Idee, den Menschen eine Zweiradabwechslung zu bieten, ohne dass sie selbst in die Pedale treten müssen. Vor dem Kauf des E-Tandems gab es im Saanenland zwar zwei dreirädrige Tandems, doch beide Exemplare nur mit Velosattel, was unsichere Passagiere oder solche im Rollstuhl ausschliesst. Kurzerhand ging der Seniorenrat auf die Suche nach einem geeigneten E-Tandem, das für Rollstuhlfahrer geeignet ist. Er fand das holländische Modell Van Raam OPair und erschrak über die hohen Kosten von über 9000 Franken.

Der Frauenverein verfolgte seit Längerem eine ähnliche Idee: Analog zum Dualschlitten für Skifahrer mit Handicap im Winter wollte der Frauenverein ein Transportgerät für den Sommer anschaffen. «Als wir von der Idee des Seniorenrats hörten, wurden wir sofort hellhörig», sagt Frauenvereinspräsidentin Andrea Maurer. Frauenverein und Seniorenrat wurden schnell einig. An der Generalversammlung des Frauenvereins stimmten die Mitglieder der Investition zu.

Freiwilligenarbeit von allen – auch vom lokalen Gewerbe
Der sportbegeisterte Steudler holte den lokalen Fahrradspezialisten Fredy’s Bikewält als Berater an Bord. Sie organisierten das E-Tandem OPair über den Importeur in Wabern bei Bern und rüsteten es nach ihren Bedürfnissen um, «ohne dass wir für die Arbeiten von Fredy’s Bikewält je eine Rechnung erhalten hätten», zeigt sich Steudler erkenntlich. Körbchen für Helm und Leuchtweste wurde montiert und die Sitzschale eingestellt.

Bisher drei Fahrer – weitere wünschenswert
«Wir entschieden uns für ein Modell, bei dem die Passagiere ohne Rollstuhl transportiert werden», gibt Steudler Einblick. Vorne sitzt also der Passagier in einer rollstuhlähnlichen Fixation. Hinten radelt der Fahrer und transportiert den Gast sicher von A nach B. Damit das gut klappt, braucht es eine Fahrerausbildung, denn die Handhabung ist nicht ohne. Wegen den zwei nebeneinanderliegenden Vorderrädern lenkt man das Rad wie ein Auto. «Ich bin jahrelang Motorrad gefahren und war es gewohnt, mich in die Kurven zu legen. Dass das beim E-Tandem nicht geht, hat mich irritiert», sagte Toni Reichenbach vom Seniorenrat, der das E-Tandem einmal ausprobiert hat.

Die Fahrerausbildung wird intern organisiert. Bisher haben sie Monika Rudin, Hanspeter Grundisch und Christian Steudler gemacht – weitere freiwillige Fahrer sind wünschenswert. Sie stellen ihre Dienste kostenlos zur Verfügung. Bisher haben sie vor allem Bewohner vom Pflegeheim Maison Claudine Pereira und von der Stiftung Alpenruhe befördert. «Wir freuen uns natürlich auf Anfragen von Senioren und Menschen mit Beeinträchtigung, die zu Hause wohnen», sagt Monika Rudin, «ich kann mit ihnen einkaufen oder einfach zum Plausch ausfahren.» Christian Steudler betont, dass die Leistung gratis ist und von allen in Form von Freiwilligenarbeit geleistet wird.

Koordination bei der Alpenruhe
Das E-Tandem ist in der Alpenruhe stationiert. «Es ist ein Geschenk, dass wir das E-Tandem für unsere Klienten gebrauchen können», sagt Markus Kindler, Leiter der Alpenruhe. Teil der Abmachung ist es, dass auch die Mitarbeiter der Alpenruhe die Klienten ausfahren. «Am Dienstagnachmittag treiben wir Sport, da kommt das E-Bike oft zum Einsatz.» Deshalb sei es für die Leitung der Alpenruhe selbstverständlich, dass sie die Reservationen verwalten.

Ansprechpersonen für Buchungen und Fahrerausbildung:
Markus Kindler, Tel. 033 748 72 11 und Christian Steudler, Tel. 033 744 18 82


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